Frustrierender Liebes-Kauf
Paradies: Liebe
Cannes. Der Österreicher Ulrich Seidl, der mit irritierenden und provokanten Schein-Dokumentationen wie „Import Export" (2007), „Jesus, Du weißt" (2003) oder „Tierische Liebe" (1995) bekannt wurde, präsentiert mit „Paradies: Liebe" im Wettbewerb der 65. Filmfestspiele von Cannes den ersten Teil einer Trilogie über Frauen einer Familie, die unterschiedliche Urlaube machen. In "Paradies: Glaube" ist es eine Missionarin und in "Hope" ein Teenager im Diät-Camp. Die "Liebe" suchen in Kenia vier frustrierte, einsame Frauen bei jungen, schwarzen Männern, die mit fadenscheinigen Geschichten Geld für Liebes-Spiel erhalten. Das ist in den besten Momenten eine verspätete Huldigung zu Gerhard Polts Geburtstag, wenn die Damen Erfahrungen austauschen: „Die Neger sehen alle gleich aus, aber an der Größe kannst du sie unterscheiden." Die sexuelle Implikation dieses demaskierten Rassismus ist volle Absicht und auch im Bild wird der Film derart deutlich. Die an Originalschauplätzen mit Schauspielern und Laien ohne vorgegebenen Text improvisierten Szenen erschöpfen sich allerdings in Wiederholung. Vielleicht hätte Seidl seine über 80 Stunden Material doch lieber zu einem Film komprimiert und auf die Trilogie verzichtet. Cannes-Starter Laurent Cantet hatte das Thema der umkehrten Geschlechter-Ausbeutung schon 2005 mit „In den Süden" und Charlotte Rampling wesentlich dichter behandelt. (ghj)