29.5.20

Lotti oder der etwas andere Heimatfilm


BRD 2020 Regie: Hans-Günther Bücking, mit Marion Mitterhammer, Joyce Schenke, Jessika Weiß, Thomas Rohmer 90 Min.

Die kleine, sehr mäßig inszenierte Provinzgeschichte erinnert stark an den brasilianischen Film „Tieta" aus dem Jahr 1996: Lotti (Marion Mitterhammer) kehrt nach zehn Jahren ihre altes Dorf Bleicherode in der thüringischen Provinz zurück, wo sie ihre Tochter zurückgelassen hat. Der Empfang bringt offene Feindseligkeit und schmierige Begehrlichkeit der Männer, denn Lotti hat zwischendurch Pornos gedreht.

Das ist nicht nur unoriginell, sondern auch nur mäßig gespielt, meist sogar auf Laientheater-Niveau. Die satirisch gedachte Promenade der simpel bösartigen Dorfbewohner ist schlechtes Boulevard-Theater. Gegen das Biedere wird einfallslos Grobschlächtiges gesetzt.

Allerdings führt „Lotti" eifrig Lokalitäten vor, das Dorf-Marketing wird sich freuen. Denn alles ist einst als Lokalprojekt „Bleicherode der Film" lanciert worden und tut sich mit einem bundesweiten Start aufgrund von coronösem Filmmangel keinen Gefallen. Der Komiker Bruno Jonas mit kurzen Gastauftritten auch nicht.

25.5.20

Mina und die Traumzauberer


Dänemark (Drømmebyggerne) 2020 Regie: Kim Hagen Jensen 80 Minuten.

Die Angst der Großen (Verleiher) vor dem Virus nutzt der großartige Kinderfilm „Mina und die Traumzauberer", um nach der Wiedereröffnung der erste echte Grund zu sein, wieder ins Kino zu gehen: Ab dem 4. Juni 2020 soll er in NRW, Hessen, Schleswig-Holstein und Sachsen zu sehen sein.

Mina lebt glücklich mit Vater und ihrem Hamster Viggo Mortensen in einem traumhaften Landhaus. Nur die Mutter, die sich für eine Karriere als Sängerin entschied, wird vermisst. Doch dann zieht Helena, die neue Verlobte des Vaters, mit ihrer Tochter Jenny, einer dummen Instagram-Göre, ein. Die macht einen Aufstand wegen des niedlichen Hamsters schnappt sich Mina Bett und ekelt auch sonst nur rum. Als aber Mina eines Nachts die Kulissen hinter ihren Träumen durchbricht (siehe „Truman Show") und entdeckt, dass sie die Träume der anderen beeinflussen kann, nimmt sie das Duell auf dieser Ebene auf. Was aber gefährlich wird. Nicht nur für Minas persönlichen Traumzauberer, der zu sehr von ihr begeistert ist...

Die dänische Animation „Mina und die Traumzauberer" trumpft mit der genialen Idee auf, die wahre Traumfabrik für unseren Schlaf zu zeigen. Hinter den Kulissen werkeln kleine blaue Männlein mit Robototronic und Mini-Helferlein an der Umsetzung festgelegter Traum-Szenarien. Selbstverständlich führt es zu einem wilden Chaos, als Mina diese Drehbücher umschreibt. Aber Traum-Regisseur hat sie besonders liebgewonnen und hilft ihr, die Träume der anderen zu beeinflussen. So mag der Vater plötzlich auch im wachen Zustand Sardellen, die er in einem Traum aus Versehen statt der Geburtstagstorte erhalten hatte.

„Mina" begeistert auf den ersten Blick mit sehr lebendigen Figuren in frischer Animation. Da gibt es fantastische Träume auf einem fliegenden Schachbrett, idyllische, aber auch erschreckende Welten. Doch auch die psychologische Figurenzeichnung rund um die Probleme einer Patchwork-Familie ist sehr gelungen: Die gutherzige, fröhliche Mina ist nicht nur mit einer schwierigen Stiefschwester, sondern auch noch mit Social Media konfrontiert. Das ist im Ansatz so toll und wichtig wie Pixars „Alles steht Kopf" (Inside out). Und die Animation kann sich auch sehen lassen.

18.5.20

Snowpiercer (Netflix, ab dem 25. Mai wöchentlich neue Episoden)


An den großartigen, gleichnamigen Kino-Film von Bong Joon Ho (Oscar-Sieger „Parasite", „Okja", „Mother") aus 2013 hängt sich nun die Netflix-Serie „Snowpiercer": Seit sieben Jahren rast ein 1000 und 1 Wagon langer Zug über eine tiefgefrorene Erde. Draußen herrschen extreme Minustemperaturen, drinnen eine elitäre Clique über den Rest in 2. und 3. Klasse. Im „Anhang" (tail) des Zuges darbt ohne natürliches Licht das nicht eingeladene Proletariat. Die einzigen überlebenden Menschen bilden eine brutale getrennte Gesellschaft aus Reichen und Hungernden.

Während man auf die große Revolution (des Kinofilms) wartet, gibt die erste Episode „Mord im Orientexpress". Die Hauptfigur Andre Layton (Daveed Diggs) wird dafür aus den Slums des rasenden Zuges in die erste Klasse gezwungen, weil er früher Kommissar war. Im Auftrag des Erfinders und Zug-„Führers" Wilford lässt die Hospitality-Chefin Melanie Cavill (Jennifer Connelly) einen grausamen Mord untersuchen. „Snowpiercer" nimmt erst in Folge 2 richtig Fahrt auf und macht die Brutalität der Klassen-Gesellschaft spürbar. 

Das ist nur dosiert Science Fiction, auch wenn die Dimensionen und die Funktionen der einzelnen Abteile als Aquarium, Nachtclub oder Gewächshaus immer wieder beeindrucken. Die für Bong Joon Ho typische Gesellschafts-Parabel „Snowpiercer" fesselt vor allem durch ambivalente Figuren: Der kluge Revolutionär Layton erinnert sich am Ende der ersten fünf Episoden (die es für die Presse gab) an Kannibalismus im Zug. Jennifer Connelly gibt mit der nur scheinbar devoten Gäste-Betreuerin Melanie großartig das eigentliche Zentrum der Geschichte. Sie hat alle Fäden in der Hand und versucht, das Perpetuum Mobile des um die Erde rasenden Zuges trotz wachsender Lawinen und anderer Einschläge aufrecht zu erhalten. Derweil wandert die Idee von Demokratie und Mitbestimmung vom Ende des Zuges in die Spitze.

Die Umsetzung der durch den ewigen Winter rasende Parabel in die Serie wirkt gelungen. Spannende Veränderungen beim Personal und in der Geschichte machen „Snowpiercer" wieder und anhaltend interessant. Auch wenn die Serie bei zwei, drei eindrucksvollen und immer wieder brutalen Momenten ansonsten kleiner wirkt. Was vielleicht auch daran liegt, dass die Presse-Sichtung nicht auf großen 4k-Monitoren möglich ist.

14.5.20

Man from Beirut


BRD 2019 Regie: Christoph Gampl, mit Kida Khodr Ramadan, Blerim Destani, James Biberi, Susanne Wuest, Dunja Ramadan, 80 Min.

Kida Khodr Ramadan, im Libanon geborener deutscher Schauspieler, ist auf sein erfolgreiches Gangster-Image festgelegt: Wie „4 Blocks" spielt auch „Man from Beirut" im Gangstertum, das arabisch spricht. Der kleine Thriller mit Kunstambitionen um einen Killer und ein Kind ist am 20. Mai der erste Kinostart nach langer Corona-Krise - in den Autokinos.

Hauptdarsteller und Produzent Kida Khodr Ramadan spielt den blinden Auftrags-Killer Momo. Bei einem bezahlten Mord, der eher durch Unwahrscheinlichkeit als durch Coolness fasziniert, lässt Momo, verkleidet als Pizzabote, ein kleines Mädchen leben. Deshalb jagen die Auftraggeber nun ihn und seinen Fahrer beziehungsweise „Blindenhund". Es gibt zwar ein paar Morde, aber keine Action. Während eine kalte Killerin aus Österreich hinter ihm her ist, rührt die Fürsorge des Blinden um das kleine Mädchen.

Im schwarz-weißen, fast quadratischen Academy-Format (4:3) sieht dieser moderne „film noir" nach Kunst aus. Dazu im arabischen Off Gedanken übers Sterben und Sehnsucht nach dem Libanon. Da ist viel Streben nach Coolness zu ahnen, aber manchmal fehlt einfach nur die Farbe. Wenn der Regisseur Christoph Gampl erzählt, dass ihn dabei Takeshi Kitanos Film „Zatoichi" (2003) über einen blinden Samurai-Kämpfer inspiriert hat, wird es im Vergleich zum Meisterwerk für den „Man from Beirut" ganz schwarz. Nein, diese Off-Texte, das Gangster-Milieu, die Welt, in der Männer Umhängebeutel („shoulder bag") tragen, in der ein fahrender Kleiderschrank namens G-Klasse toll und ein moderner Prius lächerlich, das ist mit auch arg flachen Dialogen Material für B-Movie und Autokino. „Man from Beirut" startet ab dem 20. Mai 2020 in ausgewählten Auto- und Open-Air-Kinos 

20. Mai, 21:45 Uhr / Drive-In Autokino Köln-Porz
22. Mai, 22:15 Uhr / Drive-In Autokino Essen
22. Mai, 22:00 Uhr / Drive-In Autokino Kornwestheim bei Stuttgart
22. Mai, 21:45 Uhr / Drive-In Autokino Gravenbruch bei Frankfurt
28. Mai, Uhrzeit tba / Autokino Wuppertal

13.5.20

Bent


GB 1997 (Bent) Regie Sean Mathias, FSK ab 16

Ein moderner Klassiker, ein bewegendes Meisterwerk: Clive Owen, Ian McKellen und Mick Jagger spielen in dem tief berührenden Drama, das jetzt in digital restaurierter Fassung online im „Salzgeber Club" auf der Plattform Vimeo zu sehen ist.

Der britische „Bent" war einer der beeindruckendsten Filme von Cannes 1997. Wie Francesco Rosis „La Tregua" ein „KZ-Film", der allerdings mit vollkommen neuen Eindrücken faszinieren und anrühren konnte: Aus einem wilden und freizügigen Berliner Nachtleben (Mick Jagger gibt sich als Transvestit Greta die Ehre) treibt die Zerschlagung der SA das schwule Leben in den Untergrund deutscher Wälder. Nach der Gefangennahme durch SS-Männer, meint Max (Clive Owen), nur durch Verleugnung seines Freundes überleben zu können. Mit weiteren Erniedrigungen erkauft sich der gebrochene Max den Judenstern - anstelle des "Rosa Winkels" für Schwule. Im unmenschlichen Wahnsinn des KZs (wirkungsvoll inszeniert in einem verfallenen Zementwerk) findet Max über die schwierige Liebe zum Mithäftling Horst (Lothaire Bluteau) zu einer aufrechten Haltung. In seiner Verfilmung von Martin Shermans bahnbrechendem Theaterstück erzählt Regisseur Sean Mathias eindrücklich von den Grauen der Homosexuellen-Verfolgung durch die Nazis.

https://vimeo.com/salzgeber/vod_pages

12.5.20

The Hunt (digital ab 14.5.)


USA 2020 Regie: Craig Zobel, mit Betty Gilpin, Hilary Swank, Ike Barinholtz 90 Min.

Der Skandal-Film „The Hunt", bei dem sich Trump vor seiner Karriere als Gesundheitsspezialist an der Filmkritik versuchte, läuft jetzt direkt auf den digitalen Plattformen. Es ist ein einfach konstruiertes Massaker, bei der eine Gruppe US-AmerikanerInnen nach Betäubung mitten in einer brutalen Menschenjagd aufwacht. Betty Gilpin („Flow") schlägt sich hier nicht als „Scream Queen", sondern in Rambo-Manier durch. Ihre Unterschichten-Crystal denk und schießt schneller als die anderen. Bis sie im Finale in der Küche (sic!) auf die andere starke Frau Athena (Hilary Swank) trifft.

Das hinlänglich routiniert inszenierte Gemetzel macht sich mal einen Spaß daraus, „Die Tribute von Panem" gleich zu Anfang zu parodieren. Dann fallen vor allem die deutlich gesetzten sozialen Verschiebungen auf, die sogar Trump bewegten, dieses Filmchen im letzten Herbst zu verdammen. Tatsächlich wurde der Start dann ausgesetzt, dem neuen Termin kam Corona in die Quere - manchmal ist das Leben so hinterhältig wie dieser Film selbst. Das kann man Satire nennen, oder auch Splatter.

Auf jeden Fall irritiert es, dass die liberalen Eliten die Menschenjagd veranstalten. Und die fluchenden „Rednecks" (= AfD, Hinterwäldler und sonstige Idioten) sind die Gejagten. So ist man bei Champagner und Kaviar politisch so korrekt, dass mindestens ein Schwarzer auf die Abschussliste muss. Allerdings kann bei ihnen auch schon ein Kommentar in den Sozialen Medien das Todesurteil sein...

„The Hunt" hübscht seine äußerst simple Grundkonstruktion mit etwas bedeutungsheischender Soziologie auf. Dass dabei waffenverliebte Rassisten von waffenverliebten Schein-Toleranten ermordet werden, ist wenig schlüssig. Hauptdarstellerin Betty Gilpin fällt mit seltsamen Gesichtsausdrücken und eindrucksvoller Kampftechnik auf, legt aber etwas zu viel Grimasse in die Mimik. Wie großartig hätte Jennifer Jason Leigh diese Rolle mit ordinärer Texaner-Schnauze ausgefüllt, doch im jugendverliebten Hollywood ist sie zu alt für eine „Scream Queen".

6.5.20

Berlin, Berlin / Netflix


Über vier Staffeln war das Leben der liebenswert chaotischen Großstadtheldin Lolle (Felicitas Woll) in „Berlin, Berlin" vor 15 Jahren ein Kult-Erfolg. Jetzt sollte es ein Wiedersehen im Kino geben, doch Produzent Constantin gab den Film an Netflix weiter. Nach vielen kleinen Rückblenden platzt der verrückte Liebhaber Sven (Jan Sosniok) in Lolles (Felicitas Woll) Hochzeit mit ihrem guten Kumpel Hart (Matthias Klimsa). Ihr Gefühls-Chaos bringt sie als kaum reifere Chefin einer Filmfirma vor den Richter (Detlev Buck), zu Sozialstunden an einer desolaten Schule und in den Harz. Das kunterbunte Leben der Serien-Lolle entsprechend, rumpelt die Handlung durch die Gegend: Auf dem Weg sorgen Crack-Labor, Braunbär, Tantra-Ritual und überraschend prominente Gäste für sinnfrei aneinandergehängte Episoden, mal kindisch, mal albern. „Berlin, Berlin" ist als Film eher Wiedersehens-Party mit Sketch-Parade als was Eigenständiges. Aber das wird den damaligen Fans gut gefallen.

4.5.20

The Eddy / Netflix


Oscar-Sieger Damien Chazelle („La La Land", „Whiplash") machte eine Serie und was für eine! „The Eddy" rund um einen Pariser Jazzclub ist auch ein Musical, aber nicht so verzuckert oder überkandidelt wie „La La Land". Schon die erste Szene - mit Steadycam im Jazzclub wie bei Spike Lee - zeigt tolles Kino und beste Musik. Der einst berühmte New Yorker Jazz-Pianist Elliot Udo (André Holland aus „Moonlight") versucht nach einem tragischen Ereignis zusammen mit seinem Freund Farid (Tahar Rahim aus „A Prophet"), den kleinen Club „The Eddy" über Wasser zu halten. Elliots schwieriges Verhältnis zur polnischen Sängerin Maja (Joanna Kulig aus „Ida") wird nicht erleichtert, als auch noch seine aufmüpfige Tochter Julie (Amandla Stenberg) auftaucht.

Es passiert eine ganze Menge, ohne dass „The Eddy" überladen erscheint - leicht und schwungvoll inszeniert wie ein guter Song, bewegt sich die Handlung (oft mit Handkamera) durch Paris, grandiose Szenen werden beiläufig eingestreut und immer wieder gibt es Jazz. Wie in der Folge „Amira" bei einer furchtbaren und einer grandiosen Begräbnisfeier. Jede der acht sagenhaft besetzten Folgen trägt einen Namen und dreht sich um die betreffende Person. Dabei ist Chazelles geniale Serie auch noch spannend: Früh wird eine der Hauptfiguren ermordet, eine böse Drohung zieht sich durch alle Folgen. Nach seinen ersten gefeierten Kinofilmen begeistert Chazelle nun mit einer ganz anderen und wunderbaren Art zu erzählen. „The Eddy" lässt anstelle von viel Gequatsche mitfühlen und -erleben.

2.5.20

Königin


Dänemark, Schweden 2019 (Dronningen) Regie: May el-Toukhy, mit Trine Dyrholm, Gustav Lindh, Magnus Krepper 127 Min.

Nach gefühlten Monaten von ach so Tollem und vielem Mäßigen bei Netflix und Co. zeigt dieser geplante Kinofilm, was wir alles an richtig guten Filmen verpasst haben könnten: Die dänische „Königin" sollte ab dem 9. April deutsche Kinos kontrollieren - da kam Corona dazwischen. Nun gibt es einen voreiligen digitalen Start ohne Kinos: Die grandiose Nummer von Trine Dyrholm als eiskalte Familien-Mutter und Liebhaberin ist ab 05. Mai digital erhältlich.

Die erfolgreiche Rechtsanwältin Anne (Trine Dyrholm) lebt ein gutes Leben mit ihrem Mann Peter (Magnus Krepper) und ihren Zwillingen in einer edel designten, sicher nicht ganz günstigen Villa. Anne ist vermeintlich liebevoll und kompetent, kümmert sich bei der Arbeit um Gewaltopfer. Doch schon im Alltag zeigt sich bei Streitereien ein Monster, das alles kontrollieren muss. Als Peter beschließt, seinen lange vernachlässigten 16-jährigen Sohn Gustav (Gustav Lindh) bei sich aufzunehmen, startet die vom bürgerlichen Erfolg gelangweilte Anne eine Affäre mit dem labilen Jugendlichen in schwieriger Situation. Der täuscht zwar anfangs mal einen Einbruch im Haus vor, doch erst was Anne hinlegt, ist wirklich heftig.

Derartige menschliche Abgründe in dänischem Wohlstands-Design sind nicht überraschend, doch immer wieder beeindruckend. Und nach Wochen mit Netflix-Diät ist Dänemarks Oscar-Beitrag von 2020 noch mal ein Augen- und Emotions-Öffner. Regisseurin May el-Toukhy zeigt immer wieder auffallenden Stil im Bild, doch die Präsenz von Trine Dyrholm als kaltes Monster macht „Königin" außerordentlich gut. Ihre Anne kann keine Fehler eingestehen und hat selbst kein Mitgefühl für eine junge Klientin, die sie zur Aussage gegen ihren Vergewaltiger überredet. Dabei ist die Anwältin keineswegs eine Bovary, die ausbrechen muss. Eher ungeliebt und aus Langeweile beginnt sie eine unverantwortliche Affäre. Und als die rauskommt, geht sie in den Gegenangriff. „Königin" packt ohne überzogenes Drama mit vielen kleinen spannenden Momenten und atemberaubend amoralischen Wendungen.

Upload / Amazon Prime


Upload nicht komplett

Ewige Quarantäne - das muss die Hölle sein! Doch ein digitales Jenseits wird in der Zukunft des Jahres 2033 von den üblichen großen Medienkonzernen - Apple, Facebook, Instagram - als Luxus verkauft. Ausgerechnet den jungen App-Entwickler Nathan Brown (Robbie Amell), der behauptet ein bezahlbares Jenseits für alle zu wollen, rafft es nach einem Unfall mit seinem selbstfahrenden Auto dahin. Nun „lebt" er im verschnarchten Luxus-Resort „Lakeview" der Firma Horizen. Ein Nachleben finanziert und kontrolliert von seiner oberflächlichen Freundin Ingrid (Allegra Edwards), mit der er nur für den Sex zusammen war. Sie hat die Hand am Löschknopf, und auch Extras aus der Minibar sind in diesem schalen Paradies nicht umsonst.

Aber Nathan verliebt sich schnell in seinen Kundenservice-„Engel" Nora (Andy Allo), die in der realen, sozial extrem ungerechten Welt zum Prekariat gehört. Zwar wurde Nathan beim „Upload" der Kopf brutal weg-gescannt, doch der Austausch zwischen Lebenden und dem virtuellen Jenseits ist recht intensiv: Von futuristischen „Handys" bis zu Gummianzügen für virtuellen Sex.

Die Grundidee von „Upload" und seinem Schöpfer Greg Daniels („The Office", „Parks and Recreation") hat was, die Ausführung kann man mitten im Download der zehn Folgen getrost abbrechen. Der Mix aus bemüht kritischer Science Fiction-Satire, Romanze, Krimi und Komödie überzeugt auf keinem Feld. Das Material hätte für einen Film gereicht, mit mehr Mitteln, wäre vielleicht auch ein Upgrade für den Hauptdarsteller drin gewesen. Das deprimierende Ende schreit in völliger Selbstüberschätzung tatsächlich nach einer Fortsetzung.