18.7.23

Barbie

USA 2023, Regie: Greta Gerwig, mit Margot Robbie & Ryan Gosling, America Ferrera, Kate McKinnon, Michael Cera, Ariana Greenblatt, Issa Rae, Rhea Perlman und Will Ferrell, 115 Min., FSK: ab 6

Barbie wird Greta

Das unübersehbar beworbene Mattel-Marketing für das Produkt Barbie-Puppe erweist sich erfreulicherweise als geniale Mogelpackung von Regisseurin Greta Gerwig („Little Women", „Lady Bird") und Autor Noah Baumbach („Marriage Story", „Der Tintenfisch und der Wal"): Anfangen mit einem herrlichen „2001"-Zitat, bei dem die Erscheinung Barbie die triste Kindersteinzeit nur mit Baby-Puppen beendet. Die heile Barbie-Welt im Barbie-Haus mit den Barbie-Klamotten dauert drei Szenen und zwei Songs, bevor Barbie (Margot Robbie) düstere Gedanken, Selbstzweifel, Zellulitis und - als Höhepunkt des Schreckens – flache Füße bekommt. Um diese Makel auszumerzen, muss sie von Barbie-Land in die Reale Welt reisen und die Barbie-Mutter finden, die gerade mit ihr spielt. Was bei Disney ein kitschiges und mit Harmonie zugekleistertes Märchen geworden wäre, ist bei der großen Greta Gerwig eine zeitweise ziemlich verrückte Bespiegelung von Feminismus und Matriarchat, von Geschlechterrollen und der Produktionsgeschichte von Barbie – samt gecancelter Modelle wie schwangerer Barbie und der mit wachsenden Brüsten. Da gibt es schrägste Tanznummern, D-Day am Malibu-Beach mit Tennis-Schlägern und Frisbee-Scheiben sowie unzählige Details, die ebenso clever wie bescheuert sind. Mattel nimmt sich mit den Firmenregeln und Will Ferrell als Chef selbst auf den Arm. Ken (Ryan Gosling) bleibt trotz einiger Tränchen eine Witzfigur am Rande, nachdem sein Versuch scheitert, das Patriarchat im Barbie-Land einzuführen. Wessen Familie bereits mit dem pinken Virus infiziert ist, muss nun ganz stark sein: Kleine Kinder können mit dieser Satire so gut wie nichts anfangen. Höchstens Wörter aufschnappen, die später schwieriger Erklärungen bedürfen.

Running against the Wind

(Äthiopien, Deutschland 2019) Regie: Jan Philipp Weyl, mit Ashenafi Nigusu, Mikiyas Wolde, Joseph Reta Belay, 120 Min., FSK: ab 12

Abdi und Solomon wachsen in einem abgelegenen Dorf Äthiopiens auf. Als die Zwölfjährigen auf einen weißen Entwicklungshelfer treffen, finden sie ihren Traum: Abdi will ein berühmter Läufer werden - wie das Idol des Landes Haile Gebrselassie. Solomon klaut eine Kamera und haut nach Addis Abeba ab. Als junger Mann kommt auch Abdi (Ashenafi Nigusu) in die große Stadt und findet den alten Freund wieder. Solomon (Mikias Wolde) wird zwar noch „Photo" genannt, arbeitet aber als Müllsammler, um seine kleine Familie im Slum zu ernähren. Sein Fotoapparat hat mittlerweile einen Riss in der Linse. Zudem wird er immer wieder von der Gang des Kriminellen Blondie bedrängt. Auch als er durch Vermittlung zum Fotografen für die äthiopische Laufnationalmannschaft wird.

„Running against the Wind" war Äthiopiens Oscar-Beitrag 2020 in der Kategorie „Bester Internationaler Film" und folgt dem Traum vieler junger Menschen in diesem Land, durch Sport aufzusteigen. Aber das bildstarke Drama ist nicht nur Sportfilm oder Geschichte vom Aufstieg eines Benachteiligten, es geht vor allem um Freundschaft und die Kraft des authentischen Blicks. Solomon wird mit seinen ehrlichen Fotos über die Menschen im Slum Erfolg haben. Regisseur und Koautor Jan Philipp Weyl spielt sich in seinem Debütfilm selbst als weißer Fotograf und Mentor, der lange in Äthiopien lebt. Weyl selbst war drei Jahre im Land. Das Ergebnis ist eine klassische Geschichte, die immer wieder eindrucksvoll nur mit Bildern (Kamera: Mateusz Smolka) erzählt wird. Das beginnt mit dem Weg eines Jungen durch faszinierende Landschaften und setzt sich fort in den kraftvollen Porträts ausdrucksstarker Gesichter. Auch die guten Darsteller der Kinder- und jugendlichen Figuren machen „Running against the Wind" (Gegen den Wind rennen) sehenswert. Gedreht wurde an Originalschauplätzen sowie mit einem Gastauftritt von Olympia-Legende Haile Gebrselassie.