BRD, Russland 2012 Regie: Ralf Huettner mit Joachim Król, Vladimir Burlakov, Yulya Men, Armin Rohde, Katja Riemann 105 Min.
Der Weg ist das Ziel und Joachim Król immer gerne der komische Kauz in fremder Umgebung. Neben diesen allgemeingültigen Gesetzmäßigkeiten erfreut und erweitert der sehenswerte Film von Ralf Huettner mit Weisheiten und sibirischer Weite.
Es ist ein weiter Weg vom Joggen am Rhein zu sibirischer See(le)n-Idylle im Haus der schamanischen Großmutter. Doch die albernen Heldengeschichten, die der Transport-Bürokrat Matthias Bleuel (Joachim Król) auf seinen altmodischen Disc-Man hört, sind hier nicht nur eine kleine Flucht. Zuerst will der frisch Geschiedene, der immer noch bei der Ex Ilka (Katja Riemann) unterm Pantoffel steht, nicht für seinen Bekleidungs-Laden nach Sibirien reisen. Zu Recht, strandet er doch ohne Sprachkenntnisse schon am Transfer-Flughafen. Am Ziel erklärt der junge Übersetzer Artjom (Vladimir Burlakov), hier lande sonst nur Weltraumschrott...
Der beste Kunde erweist sich als kleines Bestellbüro in einem Bazar, in dem Tauschhandel blüht und Bleuel überhaupt nichts versteht. Zur Begrüßung gibt es einen jungen, militanten Putin-Fan und einen alten Weltkriegs-Geschädigten. Artjoms blumige Übersetzung bügelt kulturelle Unterschiede aus, doch der steife Deutsche mit deutlicher Behinderung im menschlichen Umgang, wird irgendwann selbst die gutherzigsten Russen brüskieren. Bleuel ist Lost ohne Translation und will nur wieder weg, bis er beim Gesang der Oberton-Künstlerin Sajana (Yulya Men) sein blaues Wunder erlebt. Nun stürzt sich der bislang immer kontrollierte Angsthase in die Fremde, reist auf abenteuerlichen Wegen der Sängerin in ihre Heimat hinterher, wo das kleine Volk der Schoren lebt. Während Bleuels Frisur längst verwuselt und sein Anzug derangiert ist, braucht es noch eine alte Schamanin, um ihm zu sagen, dass die Stäbe von seinem Gefängnis bereits meterweit auseinander stehen.
Gerne wird „Ausgerechnet Sibirien" als erster Film von „Frau Ex-Außenjoschka" Minu Barati, die als Autorin und Produzentin firmierte, verspottet. Doch die hochwertig besetzte, komödiantische Reise in ferne Regionen und zu sich selbst, fängt nur an wie ein typischer Kròl-Film. Der Sonderling aus „Wir können auch anders" oder „Zugvögel… Einmal nach Inari" führt uns in eindrucksvolle Regionen und erweitert mit vielen detailierten Beobachtungen den Horizont auf dem Globus und im Seelenleben. Das geschieht auf manchmal holperigen dramaturgischen Wegen und auch die Metaphern der Libelle und der Raumfahrt werden zu sehr bemüht. Doch wenn das Gewöhnliche im langweiligen Pedanten (und dieser Filmformel) auf das Außergewöhnliche dieser Gegend und des schorischen Volkes trifft, gibt sich nicht nur Bleuel geschlagen. „Ausgerechnet Sibirien" fährt in der Ferne die Komödie zurück und macht den Weg frei für andere Erfahrungen. Ob die romantische Geschichte zwischen Bleuel und Sajana funktionieren wird, bleibt dabei zweitrangig. Der Film ist die Reise wert...