Dupa Dealuri (Hinter den Bergen) / Christian Mungiu (Rumänien)
Nach einer realen Geschichte erzählt Christian Mungiu im Wettbewerb wieder von zwei Freundinnen in einer extremen Situation. War es im Cannes-Sieger von 2007 "Vier Monate, drei Wochen und zwei Tage" eine in Rumänien verbotene Abtreibung, spielt sich nun ein unausgesprochenes Beziehungsdrama in einem ärmlichen Kloster ab und führt zum Mord durch Exorzismus. Das klingt nach Hans-Christian Schmids „Requiem" mit Sandra Hüller und auch der Gegensatz zwischen moderner Welt und abergläubischen Traditionen ist ähnlich: Als Alina in den kargen Hütten des kleinen Ordens ankommt, ist ihr Geschenk deplatziert wie sie selbst: Für die elektrische Kerze gibt es hier keinen Strom. Die junge Frau kommt verstört aus Deutschland zurück und will Voichita abholen. Sie waren zusammen im Waisenhaus des nächsten Örtchens und wohl auch mal ein Paar. Nun ist Voichita religiös geworden, redet von Sünde und Beichte, distanziert sich und arbeitet heimlich gegen den Abreiseplan. Die Zugfahrt verpassen sie, weil Alina einen Anfall bekommt, schreit und um sich schlägt. Das Krankenhaus vermutet Schizophrenie, schickt die Frau aber zur Erholung wieder zum Kloster, das nicht mehr als ein Bauernhof mit einer noch nicht geweihten Kirche ist. Dort tut die verzweifelte Arina alles, um mit Voichita zusammen sein zu können, will sogar in den Orden eintreten. Während Voichita sich feige hinter der Religion versteckt und sich nie klar äußert. Der Liebeswahn wird vom lange Zeit bedächtigen Obersten als teuflische Besessenheit interpretiert und mit tödlichen Folgen ausgetrieben. Die anderen Frauen jammern dazu oder schauen ängstlich aus dem Häubchen hervor. Dieses Frauenbild ist auch das eigentlich Verstörende an dem Film, der einige Andeutungen sehr offen lässt. (Was ist mit dem deutschen Herrn Pfaff, der von den Mädchen im Waisenhaus Fotos macht und ihnen eine Kamera schenkt?) In diesem Ausschnitt der rumänischen Gesellschaft warten sie verzweifelt auf einen fremdbestimmten Platz im Kloster, ganz wie im Mittelalter. Der Orden erweist sich aber nur minimal als caritative Institution, ist vor allem um den eigenen Erfolg als Glaubens-Unternehmung besorgt. Mungiu inszenierte dies mit guten Darstellern und einer sehr wirkungsvollen Tonspur, aber dehnt die sehr übersichtliche Geschichte auf über zweieinhalb öfters lange Stunden aus. Dazu ein recht absurdes Ende und fertig ist doch eine Unzufriedenheit im Wettbewerb.