28.10.09

Michael Jackson's This is it


USA 2009 (Michael Jackson's This is it) Regie: Kenny Ortega mit Michael Jackson, 111 Min.

Was nach dem Tod von Michael Jackson am 25. Juni 2009 passierte, war eine schlechte Show. Dass jetzt in Rekordzeit aus angeblich 100 Stunden Material ein Film zusammengezimmert und hektisch in die Kinos gebracht wird, machte besonders misstrauisch. Der Presse wurde das Ergebnis vorenthalten, nach zwei Wochen geht der Film wieder raus aus den Kinos und die Gerüchte verstummen nicht, dass vor Weihnachten schon eine DVD auf den Markt soll. Das hört sich alles sehr nach einem schnellen Dollar an. Doch „This is it“ ist nicht die befürchtete Rühr-Schüssel mit aufgewärmten Resten, sondern ein solider Konzertfilm, der sich ganz auf einen professionellen Künstler mit relativ wenig Klamauk konzentriert.

Der große Hype um eine neue Konzerttournee von Michael Jackson musste jeden erstaunen, der nicht ganz vom Fan-Virus befallen war. Da war ein Künstler, der wahrscheinlich mehr Drogen genommen hat, als ein erfolgreiches Tour de France-Team. Dazu sah er nach einigen Operationen schlimmer aus, als der hässlichste Zombie aus seinem Horror-Video „Thriller“(Regie: John Landis). Und keineswegs zuletzt stand der Verdacht, dass er ein Päderast ist, immer noch im Raum. Von April bis Juni 2009 probte er für seine Tournee, die im Sommer in London beginnen sollte. Dann ließen Jacksons Tod und die Begräbnis-Hysterie alles vergessen.

„This is it“ zeigt nun vor allem Aufnahmen der Proben und es ist wohltuend, Michael Jackson bei dieser Arbeit zu sehen. Zwar ist seine durchgedrehte Spielzeugwelt auch hier in Form eines riesigen Roboters zu erkennen, aber die Dokumentation verschont uns mit albernem Gehabe oder Babies aus dem Fenster schmeißen. Musikalisch ist die Auswahl der Songs ein Best Of und viele Lieder werden komplett durchgespielt. Stimmlich ist das alles manchmal roh. Man erlaubte sich, nicht alles nachzumixen und von Unsicherheiten zu bereinigen. Wobei es mit auffällig viel Gitarre in Richtung Rock abgeht.

Jacko sieht ohne Hut manchmal noch wie ein großer Junge aus und bewegt sich auch mit 50 Jahren noch wie ein Teenager. Echtes Sentiment kommt bei der Erinnerung an die Zeit der Jackson Five auf, aus der die beste Musik von Michael stammt. Erstaunlich auch die ungeschönten Einblicke in das Wesen des irgendwie auch bescheidenen Stars: Bei jedem Einwand entschuldigt er sich fast. Auch bei den Proben gab es immer Publikum, immer auch Applaus. Michael braucht die Liebe vor allem selbst. Auch wenn sie von seinen eigenen begeisterten Tänzern kommt, die schon in der ersten Minute des Films heulten.

Das überraschende Gelingen des Films ist einem anderen Künstler zu verdanken, der sich selbst oft ins Bild rückt: Kenny Ortega („High School Musical“), ein Fernseh-Regisseur, realisierte „This is it“ und war vorher auch Regisseur der Bühnenshow. Zwischendurch sieht man ebenso seine exzellenten, als Hintergrund gedachten Videos: Michael mit Rita Hayworth in „Gilda“, dann verfolgt von Humphrey Bogart, Edward G. Robinson und Mr. Smith aus „Matrix“ als Intro zu „Smooth Criminal“. Neues Material gibt es auch für „Thriller“ in 3D.

So gelang Ortega erstaunlicherweise ein unverstellter Michael Jackson. Auch die üblichen Klischees und Routinen solcher Konzertfilme halten sich sehr in Grenzen. Da aber keine deutliche Dramaturgie vorhanden ist, werden die fast zwei Stunden etwas lang. Wobei das befürchtete tränenreiche Ende entfällt. Ungeklärt bleibt die Frage, ob Jackos dauerndes Quietschen („iiiieeh“) nur von den engen Hosen kommt, oder ob noch weitere Probleme vorlagen.

Günter Wallraff: Schwarz auf Weiß


BRD 2009 (Günter Wallraff: Schwarz auf Weiß) Regie: Susanne Jäger, Pagonis Pagonakis mit Günter Wallraff, 82 Min.

Seit einer Woche ist der Dokumentarfilm des Enthüllungsjournalisten Günter Wallraff nun in den deutschen Kinos enthüllt. Zeit genug, um nicht nur den Film, sondern auch die Reaktionen darauf zu betrachten. Günter Wallraff genießt wegen seiner unbestrittenen Verdienste Bestandsschutz, aber mit diesem Film tut er sich und seinem Anliegen keinen Gefallen. Zu naiv geht er vor, zu leicht lassen sich die grob provozierten Fälle von Rassismus argumentativ aushebeln.

Günter Wallraff hat als verkleideter Undercover-Journalist die Bild-Zeitung entlarvt, als Ali die Arbeitswelten „Ganz unten“ bloßgelegt und auch Einblicke in die brutalen Verhältnisse in Call-Centern gewährt. Seine mutige und engagierte Methode gegen soziale Missstände in Deutschland basiert auf der Erfahrung von Unrecht an der eigenen Haut. Um nun Rassismus gegen Schwarze zu erfahren, lässt sich Wallraff das Gesicht und die Hände schwarz anmalen, setzt sich eine Afrolook-Perücke auf und dunkle Kontaktlinsen ein. Dann reist er durch Deutschland, geht dahin, wo Rassismus, Dumpfheit und Brutalität vermutlich gehäuft anzutreffen sind. Zu den Epizentren des deutschen Wesens: Fußballplatz, Schäferhund-Verein, Kneipe und Campingplatz. Die mit versteckter Kamera aufgenommenen Reaktionen sind wie erwartet und doch erschreckend: „Geh nach Afrika. Hier war jemand zu lange auf der Sonnenbank. Deutschland ist ein weißes Land.“ Solche Sätze fallen immer wieder, die Blicke des Gegenübers - auch bei vielen braven Bürgern - sind vielsagend.

Naiv wie Michael Moore macht sich Wallraff als Somalier Kwami Ogonno, der im Goethe-Institut fünf Jahre Deutsch gelernt hat, an den Feind. Er arbeitet bei der Uhrhändlerin, welche die Golduhr krampfhaft nicht loslassen will, mit einem schwarz-weißen Vorher-Nachher-Vergleich auf dem Niveau von billigen TV-Sendungen. Zudem widerspricht er sich selbst: Wenn er mal nicht mit unzeitgemäßer Frisur und altmodischem Hemd auftritt, wenn er nicht mehr linkisch mit seiner immer präsenten Einkaufstasche herumschlackert und stattdessen einen Anzug anzieht, begegnen ihm Juweliere mit ausgesprochener Höflichkeit. Wallraff entlarvt hier auch etwas, aber es ist nicht Rassismus.

So macht es Wallraff Kritikern leicht, die sich im Relativieren bemüßigen: Ein Bayer würde auch Probleme haben, wenn er die Kölsche Geselligkeit in einer Kneipe stört. Der Aufklärer erzeugt immer wieder Situationen, die mit jeder Hautfarbe Ablehnung provozieren: Wer bei einem Bezirksamt für eine Gartenlaube vorstellig wird und zuerst von Partys und Grillen redet, wird höchstwahrscheinlich immer schräg angeschaut. Der alltägliche Rassismus, den die Kameras einfangen, kommt hier allerdings sicher hinzu. Beim Fußballspiel von Dynamo Dresden gegen Energie Cottbus wird man wahrscheinlich auch zusammengeschlagen, wenn man ein Wort mit mehr als drei Silben ausspricht oder nicht völlig dumpf durch die Gegend gröhlt. Und nicht nur bei diesem Fußballspiel.

Auch wenn die Situation meist klar ist - bei den Hundefreunden steigt der Jahresbeitrag plötzlich von 65 Euro auf 200 Euro - ist die Naivität dieses Verfahrens oft nicht hilfreich und man fragt sich, weshalb nicht ein dunkelhäutiger Journalist ohne die Maskerade echte Erfahrungen aufnimmt. Dann wäre der Film wohl nicht so prominent, wie der von Wallraff, der multimedial an den Start geht: Der Journalist berichtet über seine Erfahrungen auch im Buch und in Zeitungsartikeln. Als Ergebnis des Films bleibt auf jeden Fall ein geschärfter Blick auf Lonsdale-Träger, Glatzen und Biedermänner.

27.10.09

Zuhause ist der Zauber los


USA, BRD 2009 (Imagine That) Regie: Karey Kirkpatrick mit Eddie Murphy, Thomas Haden Church, Yara Shahidi 107 Min.

Eddie Murphy? Verkaufen, sofort verkaufen! Alle Aktien an dieser ehemaligen Goldgrube schnell loswerden! Es ist fast schon tragisch, dass der Komiker keine anständigen Rollen findet. Aber - war er früher mehr als nur quirlig und überdreht? Nun gibt Eddie Murphy in der Abteilung Familien-Unterhaltung den erfolgreichen Investment-Banker Evan Danielson. Ansonsten ist er ein schlechter Vater und lausiger Ex. Während Evan mit dem albernen Möchtegern-Indianer Johnny Whitefeather (Thomas Haden Church) um eine Beförderung kämpft, muss er gleichzeitig eine ganze Woche auf seine Tochter Olivia Danielson (Yara Shahidi) aufpassen. Wie immer führt das Kind im Büro zu vorhersehbaren Katastrophen, aber auch zu unerklärlichen Vorhersagen auf einige Aktienkurse. Evan begibt sich gezwungenermaßen mit Olivia in deren Fantasie-Welt, um neue „Insider“-Informationen zu erhalten. Da dies nur aus Eigennutz passiert, wird der hartherzige Banker im schematischen Finale über seinen Schatten springen müssen.

Ganz überhaupt nicht zauberhaft präsentiert „Zuhause ist der Zauber los“ eine konstruierte Situation, in welcher der Ernährer auch noch Alimente und den Luxus der Ex bezahlen muss, während alles getan wird, ihn arbeitslos zu machen. Weil er das verhindern will, gilt er als hartherzig und muss alle möglichen Vaterschaftsbeweise vorlegen. Die Familiengeschichte enthält wenig Realistisches und nur ein Minimum an Magie, um etwas Gefühl aus dem kalt konstruierten Produkt heraus zu pressen. Dabei entfernt sie sich nie wirklich aus der Logik des überzogenen Karrierestrebens und der Gier. Interessant nur „Wall Street“-Senior Martin Sheen als einzige Instanz der Vernunft im Affenzirkus und wie ganzen Börsen-Spekulation und die -„Informationen“, mit denen man unsere Gehirne auf allen Kanälen weichspült, als Hokuspokus oder Firlefanz bloßgestellt werden.

26.10.09

Sunshine Barry und die Discowürmer


Dänemark, BRD 2008 (Disco Ormene) Regie: Thomas Borch Nielsen 79 Min.

Mit der ureigenen Stimme eines Bernhard Grzimek werden die possierlichen kleinen Kerlchen beschrieben, die da in der Erde wühlen. Doch über eine rasante Achterbahnfahrt macht Ben klar, dass er mehr vom Leben will, als nur Erde zu durchwühlen. Ben fristet eine Ausbildung in der Kompostierbranche, nur damit die diktatorische Mama nicht wieder ihr Asthma-Spray zücken muss. Dort muss er im Büro Tag für Tag Blätter abheften, echte Blatter, so grüne. Doch als die Platte (so flach mit Rille und aus Vinyl) „Saturday Night Fever“ ist seine Hände .... äh ... als der Wurm „Saturday Night Fever“ auflegt, ist seine Ruhe hin. Mit Afro-Perücke gibt Ben den Travolta Barry und kann sein Hinterteil nicht mehr kontrollieren, Füße zum Zucken hat er ja nicht. Von nun an hat er nur noch ein Ziel, eine Band aufmachen und den großen Insekten-Rock-Wettbewerb gewinnen.

Doch die niedliche, im Stil simple Animation „Sunshine Barry und die Discowürmer“ wühlt nicht nur mit bekannter Erfolgsstory des Under-Wurm auf, das dänische Filmchen erzählt auch etwas von Diskriminierung: Dem gemeinen Wurm ist nichts erlaubt. Demütig nimmt er seinen Platz ganz unten in der Gesellschaft ein und glaubt selbst, er kann nichts. Deshalb ist Ben so ein mutiger Revolutionär. Allein, dass ein Wurm anfängt, Gitarre zu spielen, ist schon ein Akt des Aufstandes - und sieht ziemlich albern aus. Das alles macht wider Erwarten viel Spaß. Da singt eine dicke Kakerlake „Feelings“ mit einer Stimme wie Roberto Blanco. Hella von Sinnen spricht die Abteilungsleiterin, die ihren Haarknoten löst, um wie von Sinnen loszurocken. Mit von der Band-Partie ist ein Metallrocker im Stile von Iggy Pop, der furchtbare Angst vor YMCA hat.

Das würmische Disco-Inferno erfreut die Älteren mit Klassikern wie Gloria Gaynors „I will survive“ oder Baccaras „Yes Sir. I can boogie“. Nur schade, dass es allesamt entschärfte Versionen sind. Das funkt höchstens so wie in Casting Shows. Ansonsten gelang „Sunshine Barry und die Discowürmer“ sehr nett mit kleinen - wie sonst? - liebevollen Details und originellen Einfallen.

Theo Angelopoulos zu seinem Historien-Opus „Dust of Time“

Die Geschichte ist nicht vergessen

Thessaloniki. „Dust of Time“, diese Liebes-Geschichte in den Stürmen der Historie, ist schon eine Zeit in der Welt. Aber in Deutschland kommt sie perfekt getimt zum Jahrestag des Mauerfalls ins Kino. Denn Liebe einer Frau (Irène Jacob) zu zwei Männern (Bruno Ganz, Michel Piccoli) reicht von Stalins Tod, dem Watergate-Skandal und dem Vietnamkrieg bis zum Fall der Berliner Mauer, umspannt die Erde mit den Stationen in Sibirien, Nordkasachstan, Italien, Deutschland und Amerika. Als Kinder dieser geschundenen Generation agieren Willem Dafoe und Christiane Paul.

Bei der Premiere des Films in Thessaloniki gab der bekannteste griechische Regisseur Theo Angelopoulos mehr oder wenig bereitwillig Auskunft zum zweiten Teil seiner Trilogie zum 20. Jahrhundert. Hinter seiner „persönlichen Interpretation der Geschichte“ steckt die Frage, ob wir Subjekte oder Objekte der Geschichte sind. Sein Blick geht zurück in die Zeit, als „wir glaubten, wir könnten etwas bewegen; als wir mit erhobenen Häuptern auftraten“. Angelopoulos wurde 1935 in Athen geboren, studierte Jura und Literatur in Paris, bevor er in Sechzigern begann, Filme zu drehen. Zu seinen größten Erfolgen des Kulturmenschen, der mit komplexen, extrem langen Einstellungen berühmt wurde, zählt „Landschaft im Nebel“. Eine von vielen filmischen Grenzüberschreitungen, für die ihn die orthodoxe griechische Kirche auch schon mal exkommunizierte.

Wie er über die heutige Zeit denkt, braucht man Theo Angelopoulos eigentlich nicht zu fragen: Griesgrämig und äußerst widerwillig stellt er sich den Fragen, die er in Alt-Griechisch ebenso wie in Französisch oder Englisch beantworten könnte. Irgendwann ist ihm das Niveau der Veranstaltung zu flach, er dreht den Spieß um: „Ich werde jetzt die Fragen stellen. Maria, was sahst du im Film?“

Sein Motto lautet einfach: „Alles bedeutet etwas. Wenn wir unsere Geschichte nicht richtig lesen, können wir auch die Gegenwart nicht verstehen.“ Aber die Trilogie von Angelopoulos ist nicht nur eine Geschichts-Stunde, denn „die Geschichte einer Liebe kann stärker sein, als die große Zeit-Geschichte! Sie beeinflusst etwas in uns, was unbesiegbar ist, was mit dem Leben selbst verbunden ist, mit dem innersten Geheimnis, und das kann nicht besiegt werden.“ Aber es gibt noch einen Grund, weshalb Angelopoulos immer wieder zurück blickt: „Es gibt ein Auslöschen der Vergangenheit für die Gegenwart in heutigem Kino. Ein Trend, den ich nicht bedienen kann.“

Basiert die Frustration eines der größten Regisseure unserer Zeit vielleicht aus mangelnder Anerkennung? Hier gibt sich Angelopoulos entspannt: „Während meiner vierzig Jahre beim Film hatte ich die Chance, zu tun was ich wollte. Es war eine lange Reise, aber immer habe ich einen Hafen erreicht und dann habe ich den nächsten Hafen erreicht. Ich habe kein zuhause außer der Reise. Wenn ich nicht reise, bin ich ein Gefangener.“ Die Nähe zu Homer und Odysseus stellt der Regisseur nicht zufällig her, etwas Poesie gibt es als Zugabe, bevor er wieder prosaisch endet: „Während der Reise träume ich, alles entsteht in der Reise. Mein idealer Platz ist neben jemanden, der fährt, ich fahre selbst nicht, aber sehe mit offenem Fenster die Landschaft. Wenn die Reise in einem guten Film endet, habe ich gewonnen. Auf jeden Fall habe ich eine gute Reise gehabt.“

Bei jemanden, der selbst die Militärdiktatur in Griechenland erlebt hat, muss man fragen, wie viel von ihm in seinen Geschichten steckt: „Ich habe mich nicht umgebracht (wie die Figur von Bruno Ganz), aber alle Figuren im Film sind Gesichter des Regisseurs selber. Was eine Geschichte interessant macht, ist Teil aller Gesichter zu sein: Selbstmord ist ein Teil, Flucht ein anderer.“

„Dust of Time“ war auch für die Produzenten mit Aufnahmen überall in der Welt der schwierigste Angelopoulos. Aber für „Theo ist es kein Problem Geld zu finden. Er ist überall auf der Welt geliebt, es ist wie der Wille Gottes.“ Der letzte Teil der Trilogie wird wieder ganz anders werden, zurück zu Minimalem: „Mein nächster Film wird in Schwarzweiß gedreht. Ich werde sicher Laiendarsteller verwenden. Es gibt Momente, in denen man zurück in die Zeit geht.“

Die Standesbeamtin


Schweiz 2009 (Die Standesbeamtin) Regie: Micha Lewinsky mit Marie Leuenberger, Dominique Jann, Oriana Schrage 94 Min.

„Das ganze Land sieht aus wie eine Werbung für Kinderschokolade“, so lästert die zynische deutsche Schauspielerin Tinka Panzer (Oriana Schrage). Und der deutsche Kritiker kann nur hinzufügen, auch diese schweizer-romantische Komödie kommt niedlich und als Werbung für heile Welt daher. Aber auch sehr sympathisch!

Die Standesbeamtin Rahel Hubli (Marie Leuenberger) radelt tapfer durch das idyllische Schweizer Örtchen und durch ihre Eheprobleme. Bis sie - den Arm voller Ehe-Ratgeber - ihre Jugendliebe Ben Hofer (Dominique Jann) trifft. Der ehemals erfolgreiche Sänger wird nun zusammen mit der deutschen Schauspielerin Tinka Panzer (Oriana Schrage) als Traumpaar Nr. 15, „gleich vor der Sienna Miller“, gelistet. Und Rahel soll die beiden nicht nur vermählen, sondern auch noch die Hochzeit ausrichten. Dabei bricht klassischerweise die Liebe zwischen Rahel und Ben aus. Doch bis es zum Happy End kommt, sind ein paar Schwierigkeiten zu überwinden - nur ein paar, denn „Die Standesbeamtin“ ist ein sehr netter, aber vor allem auch kleiner (Fernseh-) Film, der in der Schweiz zum Publikumsliebling wurde.

Die Standesbeamtin tritt als kleine, stille und frustrierte Maus auf. Ihr Mann ist ein Versager, nur gut darin, sie hängen zu lassen. Er weicht dem Streit aus, um mit einer anderen ins Bett zu gehen. Überhaupt ist auffällig, wie alltäglich und mit wie wenig Glamour der Film auskommt. Eine eher unbekannte deutsche Darstellerin soll den zickigen Star geben. (Ist ‚Panzer’ wirklich ein origineller Nachnahme, um eine Deutsche zu charakterisieren?) Die Probleme und die Lösungen bleiben brav bürgerlich. So haben die Darsteller Raum, um in ihrer Heimatsprache  voll sympathisch zu punkten. (Die Dialoge werden deutsch synchronisiert.) Marie Leuenberger, der Schweizer Shooting Star auf den deutschen Bühnen in München, Stuttgart und Hamburg, überzeugt. Auch wenn ihr burschikoser Typ mit der echt knolligen Nase keineswegs prädestiniert ist für eine romantische Hauptrolle. Aber in dieser lebensnahen Einfachheit liegt vielleicht auch der Charme des leichtgewichtigen Films.

21.10.09

Orphan - Das Waisenkind


USA, Kanada, BRD, Großbritannien 2009 (ORPHAN) Regie: Jaume Collet-Serra mit Vera Farmiga, Peter Sarsgaard, Isabelle Fuhrman, CCH Pounder 122 Min. FSK ab 16

Mit einer furchtbaren Geburt in den ersten fünf Minuten macht „Orphan“ klar, dass dies kein netter Film, sondern einer der harten Horror-Sorte ist. Weil Kate (Vera Farmiga) und John (Peter Sarsgaard) ihr drittes Kind verloren haben, adoptieren sie das Waisenkind Esther (Isabelle Fuhrman). Das seltsame Mädchen ist überzeugend verführerisch, ein kleines, seltsam bekleidetes Püppchen mit erstaunlichen Talenten. Aber sie stammt aus Russland und ist ansonsten auch zu perfekt, um wahr zu sein. Dabei wirkt Esthers altmodische Kleidung ebenso fremd wie ihr Dialekt. Der eifersüchtige Sohn schöpft zuerst verdacht, die taubstumme kleine Schwester muss zusehen, wie Esther brutal mordet.
„Orphan“ versteht keinen Spaß. Selbst nicht, wenn die kleine Teufelin redet und flucht wie ein russischer Mobster. „Das Omen“ aus den 80ern bringt sich nachhaltig in Erinnerung, der gefrorene See kommt auch wieder zum Einsatz. Der abschreckende Horror wechselt zwischen psychologisch fundiertem, gut gespieltem sowie sorgfältig inszeniertem Familienfilm und den üblichen Mechanismen und Klischees des extremen Hollywood-Horrors. Der katalanische Regisseur Jaume Collet-Serra durfte bereits das Horrorfilm-Remake „House of Wax“ und den horrenden Fußballfilm „Goal! II“ inszenieren. Auch wenn der Film in seiner Verschlagenheit seiner Hauptfigur ähnelt, er ist wenigstens von Anfang an ehrlich und zeigt, wie ungemein brutal und blutig er sein wird. Fraglich ist vor allem, weshalb solche Filme nicht mehr ohne das Übermaß an Morden und Schlachten auskommen.

20.10.09

500 Days of Summer


USA 2009 (500 Days Of Summer) Regie: Marc Webb mit Joseph Gordon-Levitt, Zooey Deschanel, Geoffrey Arend 95 Min.

Warnung: Dieser Liebes-Sommer hat kein Happy-End! Wenn man als junger Mensch sentimentaler britischer Popmusik ausgesetzt wurde, kann das melodramatische Folgen für das restliche Liebesleben haben. „To die by your side...“ - die Vorstellung eines gemeinsamen Todes durch Zerquetschen am Ausgeh-Abend, verursacht durch einen Zehn-Tonner oder einen Doppeldecker-Bus, beim Smiths-Song „There Is a Light That Never Goes Out“ etwa. Wer solche Texte zum Kompass seines Beziehungs(un)glücks macht, hat große Chancen, dass sich die eigene Gefühlslage dauerhaft der selbstquälenden Melancholie dieser Lieder angleicht. Wie bei unserem jungen, tragischen Liebeshelden Tom Hansen (Joseph Gordon-Levitt).

Der Postkarten-Texter, dem Krawatten und andere Konventionen absolut nicht stehen, findet die ideale Projektionsfläche für seine Liebessehnsüchte in der neuen Sekretärin Summer Finn (Zooey Deschanel). Doch, wenn ein weiterer Song von „The Smiths“ als Matchmaker im Aufzug dient, ist dies kein gutes Omen. Noch dazu beschreibt der sonor humorige Erzähler des Films Summer mit den Worten: „Color my life with the chaos of trouble“, auf Deutsch: „Schwierig!!!“ Aber zuerst ist die immer mit dem Blau der Blume der Romantik akzentuierte Summer ein verrücktes, spontanes, unberechenbares Mädchen, das auf dem gleichen düsteren Romantiktrip steht. Und zusammen mit Tom, dem jungen Werther aus L.A., erlebt sie innige und vor allem spaßige Zweisamkeit. Vom Probeliegen der Ikea-Muster-Schlafzimmer (endlich wird mal da gedreht, wo sich so viele Familieträume günstig verwirklichen) bis zur Erwachsenenabteilung der Videothek. Tom und seine Summer verstehen sich wunderbar. Sie will keine Beziehung: Wen interessiert es, ich bin glücklich, du bist glücklich! Aber die üblichen Beziehungs-Definition und Klischee-Fragen nach den vergangenen Liebhabern vertreiben das Unkonventionelle, Einzigartige dieser ... Beziehung, die dann auch bald zu Ende ist. Nun folgt das herrlich bitter-süße Jammertal, beim einsamen Kinobesuch begleitet von Bergmann-Filmen und anderem Trübsinnigen mit Untertiteln. Wie gesagt, diese Liebesgeschichte hat kein Happy End. Das kann einen glücklich machen, speziell wenn man als junger Mensch sentimentaler britischer Popmusik ausgesetzt wurde.

Diese „500 Days of Summer“ ergeben ein leichtes Liebes-Leid, ein Meadley mit den 10 besten Liedern zum Stichwort „Troubles“, Schwierigkeiten. In seinem Kinodebüt begeistert Regisseur Marc Webb direkt mit tollen Jungstars, perfekten Stimmungen und großartigen Szenen, wie dem Endorphin-Werbeclip nach Toms erster gemeinsamer Nacht mit Summer. Gruppentanzeinlage auf offener Fußgängerzone mit zufälliger Blaskapelle und animiertem Vogel sind der euphorische Gegenpol zu tieftraurigen Zitaten aus der „Reifeprüfung“. Es ist nett, wie sich das Liebesglück auf die Kreativität der Glückwunschkarten-Schreiberei auswirkt - am Summer-Tag 167. Und die Abwesenheit von Summer auf die Beileidskarten irgendwo bei Tag 300. Nicht allein, dass Webb die Chronologie der Ereignisse munter aufbricht, macht diese Summer-Tage besonders. Sie haben mit Tom, der davon träumt, Architekt zu sein, einen ästhetisch gebildeten Menschen zur Hauptfigur und gut sichtbar auch ein paar von ihnen hinter der Kamera. Zwischen klassisch und frech bewegen sich Bilder, Zitate, Stil und die Popmusik im Film. Auch wenn dieser romantische Trip für die Jungs an dunklen Summer-Tagen die extrem schmerzliche Traurigkeit des Abschieds aus „Eternal sunshine of the spotless mind“ spüren lässt - nach dem Regen wird die Sonne wieder scheinen, nach dem Sommer kann der Herbst auch schön sein.

Die Päpstin


BRD, Großbritannien, Italien, Spanien 2009 (Pope Joan) Regie: Sönke Wortmann mit Johanna Wokalek, David Wenham, John Goodman, Iain Glen, Lotte Flack 148 Min. FSK ab 12

Ein typisches Beziehungsdrama von heute: Sie und er haben sich gern, er hat einen festen Job, ist öfters von zuhause weg. Sie ist klug, lernt viel und macht mächtig Karriere bis Kinder nur noch in ihrem sehnsüchtigen Seitenblick auftauchen. Immer wenn er sie entführen will, gibt es den nächsten Karriereschritt. Bis sie am Ende Päpstin ist.

So ganz typisch vielleicht doch nicht für das Europa des neunten Jahrhunderts, diese Geschichte der Johanna aus Ingelheim am Rhein, damals eine matschige Lichtung mit ein paar Holzhütten. Eine Geschichte der Emanzipation und eine der frühen Aufklärung. Gleichzeitig ist Sönke Wortmanns neuester Film wieder ein Beispiel für populäre und schwache Literaturverfilmungen aus dem (Geister-) Haus Constantin. „Fräulein Smilla“ riecht dort ebenso abgestanden wie „Das Parfüm“...

Nun erwischte es also die seltsamerweise vor allem in Deutschland erfolgreiche Buchvorlage der Donna W. Cross. Nomen est omen - dafür dass die amerikanische Autorin die Geschichte eines weiblichen Papstes wieder derart ins Gespräch brachte, sehnen sich bestimmt einige Kirchenleute die Kreuzigung als Strafe wieder herbei. Damit sind allerdings die aktuellen Bezüge abgehakt, wie man sich sowieso dauernd fragt, was dieser Film soll - außer Kasse machen.

Johanna wächst als Tochter eines Dorfpriesters auf, derbeim Schlagen, Schlachten und Bekehren von Sachsen immer in Stimmung kommt seine Frau - eine bekehrte Heidin vom Stamme der Sachsen - zu vergewaltigen. Obwohl der Vater selbst den dummen Sohn Johannes lieber zur Klosterschule schicken würde, als die hochintelligente Tochter, sorgt das Schicksal mit Fiebertod und Raubüberfall für das Undenkbare in dieser Zeit: Johanna kann sich an der Domschule in Dorstadt weiter bilden, der Ritter Gerold (David Wenham) wird ihr Beschützer und später auch Liebhaber. Nach einem brutalen Überfall der Normanen entschließt sich die erwachsene Johanna (Johanna Wokalek) als Mann in das Kloster von Fulda einzutreten. Von nun an lernt sie - ja, auch weiter - aber vor allem das unabhängige Leben als Mann schätzen. So landet sie schließlich in Rom, wird Leibarzt und Vertrauter des Papstes (John Goodman) und durch ungeschickte Intrigen anderer zum Papst. Nun sind Spitze der Karriereleiter und endlich auch das Finale des viel zu langen Films erreicht. Eine letzte Finte des Schicksals, nachher noch einen Trinken gehen und drüber reden, ob es wirklich mal eine Päpstin gegeben haben könne.

Für auch diese Verschwörungstheorie gibt es einige Anhänger, aber soll man dafür zweieinhalb lange Stunden seines Lebens im Kino rumsitzen? Sönke Wortmann filmt den Roman routiniert ab, kann aber nur ganz selten mitreißen. Die „Inthronisierung“ von Johanna ist großes Kino, beim Rest ist man versucht, anzuführen, dass der Film immer auch als TV-Zweiteiler geplant war. Volker Schlöndorff, der den Stoff zuerst verfilmen sollte, wetterte heftig gegen solche „Hybrid-Filme“.

Johanna Wokalek darf mit internationalen Stars wie John Goodman spielen, wirkt aber stärker, wenn sie deutsch und nicht englisch spricht. Die Ausstattung ist bei der großen Geschichte, die sich von grauen, bescheidensten Verhältnissen zum damaligen Mittelpunkt der Welt, nach Rom, entwickelt, selbst dort nicht beeindruckend. „Die Päpstin“ ist nie großes Kino, sondern erfolgreiches Umsetzen eines erfolgreichen Trivialstoffes. Im Buch wird alles sofort erzählt (was der Film zu wenig in eigene Sprache umsetzt) und hier wird alles sofort gezeigt: Die Verschlagenen haben schiefe Augen und abstehende Ohren, die Gutmütigen ein warmes, rundes Gesicht. Nur bei Johanna gibt es Entwicklung und innere Konflikte, der Rest ist flach wie … eine Literaturverfilmung aus dem Hause Constantin. Auch das ein Markenzeichen.

Von Terroristin zu Päpstin - Johanna Wokalek am Set der „Päpstin“


Der Dreh zu „Die Päpstin“ (Kinostart am kommenden Donnerstag) war ein Riesending, die teuerste deutsche Produktion des Jahres 2008, Schlöndorff sprang als Regisseur ab, US-Star John Goodman wurde per Gerichtsklage wieder zum Drehen bewegt und trotzdem zeigte sich die Atmosphäre am Set ausgesprochen entspannt. Im Herbst 2008 war die Bestsellerverfilmung „Die Päpstin“ so gut wie Kasten, das Team hatte sogar ein paar Tage Vorsprung auf den Drehplan. Dank Regisseur Sönke Wortmann, der für seine Professionalität enorm geschätzt wird und der für Eichingers „Constantin Film“ schon in den Neunzigern "Das Superweib" und "Der Campus" drehte. Nach dem Flop „Der Himmel von Hollywood“ (nach Leon de Winter) dreht Wortmann nun erneut international mit vielen Stars: Johanna Wokalek spielt die Titelrolle der Johanna, die Papst wird. John Goodman den Vorgänger Papst Sergius und David Wenham den heimlichen Geliebten Johannas, Ritter Gerold. Anatole Taubmann sieht man als Widersacher Anastasius.

„Die Päpstin“ erzählt nach dem gleichnamigen Roman der Autorin Donna Woolfolk, wie sich im 9. Jahrhundert ein hochbegabtes Mädchen als Mann ausgibt. Der Weg der Johanna von Ingelheim beginnt in Deutschland und führt bis nach Rom, wo sie zum Leibarzt und Berater des Papstes aufsteigt und schließlich selbst auf den Heiligen Stuhl gewählt wird. Regisseur Sönke Wortmann adaptierte den Roman gemeinsam mit Drehbuchautor Heinrich Hadding.

Die Geschichte spielt in der karolingischen Zeit: Als Karl der Große 814 stirbt, wird Johanna in Ingelheim (wo man auch Karls Geburt unsicher verortet) geboren. Der Nachwuchs des freilebigen Karl hetze im europäischen Nachfolgestreit die Soldaten aufeinander, das Papsttum wird dazu umkämpft und umworben. Da sich die katholische Kirche mit dem Thema eines weiblichen Papstes noch immer nicht anfreunden kann, gab es leicht verständlich keine Genehmigungen für karolingische Sakralbauten wie den Aachener Dom. Die Dreharbeiten der deutsch-italienisch-spanischen Koproduktion fanden in Sachsen-Anhalt, Marokko und für die dörflichen Szenen aus Johannas Jugend in der Eifel statt. Produktionsdesigner Bernd Lepel, der schon bei „Der Name der Rose“ dabei war, erzählt, man wollte ein Rom im Niedergang zeigen, kein glänzendes, wie man es in italienischen Filmstudios vorfindet. Deshalb fand man ein schäbiges Rom, in dem die Päpstin mit Wasserleitungen für bessere Hygiene sorgen wird, in Ouarzazate, im marokkanischen Hollywood. Der Ort war vielen im Team wohlbekannt, die Constantin drehte im Jahr zuvor hier die Palästinenser-Lager für den „Baader-Meinhof-Komplex“.

So war Ouarzazate auch Johanna Wokalek vertraut. Wobei man sich, wenn man die vielfach ausgezeichnete Bühnen- und Leinwand-Darstellerin in einer Pause zwischen den Aufnahmen trifft, nicht sicher sein kann, ob sie wirklich bewusst da war. Den Hype um „Baader-Meinhof-Komplex“ im fernen Deutschland hatte sie nicht mitbekommen, Fragen zur aktuellen Rolle beantwortet sie nicht wie andere PR-Profis mit plakatfähigen Phrasen, findet dafür manchmal auch keine Antwort. Zur eigenen Religion will sie beispielsweise nichts sagen. Wobei man sich nicht weismachen lassen sollte, dass die Legende einer Frau als Papst wirklich ein Aufreger wäre: Liv Ullmann spielte diese Rolle bereits in den Siebzigern. Aber wenn man die Johanna Wokalek in dieser Rolle der Päpstin Johanna erlebt hat, kann man zumindest den Roman nicht mehr lesen, ohne ihr Gesicht und ihren Blick zu sehen.

Die Abwesenheit von John Goodman hat andere Gründe. Ein paar Stunden nachdem er als Papst gestorben ist, keucht und stöhnt der schwergewichtige US-Star auch beim Interview. Der Clown in ihm erzählt, er hätte noch nie so eine gute Rolle gehabt: Er würde den ganzen Tag im Bett rumliegen, essen und Wein trinken. Der Mensch, dem man die alten Abhängigkeiten vom Alkohol deutlich ansieht, erzählt später von der Suche nach einer eigenen Spiritualität, von seiner Sinnsuche, um aus der Falle des Wohlstands und Überfluss raus zu kommen.

Ganz entsprechend der Rollenbesetzung findet man „Ritter“ David Wenham am drehfreien Tag beim Pool. Den langhaarigen Australier braucht man nicht zu fragen, ob er als edler Ritter und liebender Retter Johannas mit den Reitszene zurechtkam - als Faramir war er schon beim „Herrn der Ringe“ dabei und auch in Buz Luhrmans „Australia“ zeigte er sich sattelfest. Der Vielleicht-mal-Star Anatole Taubmann fliegt derweil zwischendurch mal zur Premiere „seines“ Bondfilms „Ein Quantum Trost“, in dem er ein paar mal an der Seite des Bösewichts zu sehen ist.

Ein gutes internationales Star-Paket also, das Bestseller-Fans überzeugen soll. Das Religiöse ist Nebensache. Sönke Wortmann sieht die Geschichte als ein ganz modernes Dilemma einer Frau zwischen Familie und Beruf. Nur der Kameramann Tom Fährmann („Das Wunder von Bern“, „Das Superweib“, „Der Sandmann“), der die Bilder des Films mit Wortmann entwickelte, hat einen besonderen Zugang: Als Katholik erzogen und trotz einer späteren Entfernung von der Kirche, empfiehlt er der Marketing-Abteilung der Katholiken, mit diesem Film Werbung zu machen.

13.10.09

Creature Comforts - 1. Staffel DVD


Aardman Animations

Die Klassiker des Knetfilms darf in keiner DVD-Sammlung fehlen: Für den umwerfend komischen Zoo-Bericht "Creature Comforts" führte Regisseur Nick Park Interviews über ganz alltägliche Dinge mit echten Engländern, Einwanderern und anderen schrägen Vögeln, um daraufhin die Aufnahmen mit umwerfend komischen Knetgummi-Tieren zu verfilmen. „Creature Comforts“ von Nick Park aus dem Jahr 1991 gewann einen Oscar, aber auch die anderen Folgen der ersten Staffel sind Seh-Vergnügen, das man sich immer wieder gönnen kann. Da geht es um Arbeitsbedingungen oder die eigenen Urlaubsvorlieben, die Möglichkeit außerirdischen Lebens, Erlebnisse beim Arzt oder die stets heftig umstrittene Frage, ob Katzen oder Hunde die besseren Hausgenossen sind. Am Strand balancieren Robben nur zum Scherz mit einem Ball, eine Krake ist dreiarmig Eis und ein gestrandeter Wal beklagt die unpassenden Gezeiten.
Selbstverständlich gibt es alle Folgen auch im Original, denn die Macher haben sich ziemlich viel Mühe gegeben, die Lippen synchron zu kneten. Als Bonus gibt es den Oscar-Sieger „Creature Comforts“ und einen ebenfalls sehr komischen Blick in das Aardman-Studio. Man fragt sich, wer hier eigentlich witziger ist: Die animierten Tiere oder die Briten, die mit so viel Leidenschaft aus Knetgummi Filme machen.

Frontline - Zwischen den Fronten DVD


Großbritannien, Irland 1998

Regie: Roger Michell

Belfast im Jahre 1972: Während die Bewohner eines frisch bezogenen Reihenhauses mit Freunden am Abend "Danny Boy" anstimmen, tummeln sich in den Blumenbeeten getarnte britische Besatzungssoldaten. Das Viertel mit dem Namen Titanic Town (hier waren die Werften der Titanic) ist (Bürger-) Kriegsgebiet. Was Mutter Bernie McPhelimy (Julie Walters) nicht davon abhält, den nächtlichen Kämpfern sofort ihre Meinung zu sagen. Es ist der Beginn einer erstaunlichen politischen Karriere: Die resolute Bernie tritt mit Schürze und Lockenwicklern gegen das scheinbar Unabänderliche der großen Politik an. Die kämpferische Mutter will ein sicheres Leben für ihre Kinder, fordert, dass am Tag nicht geschossen wird, und gerät damit zur Volksheldin, die mit Parteien und Untergrundorganisationen konferiert. Die Rebellion des gesunden Menschenverstandes einer einfachen Hausfrau geht so weit, dass Bernie die IRA öffentlich herausfordert.

Als Wechsel zwischen komödiantischen Blicken auf Bernies Naivität und dem Schrecken von brutalen Anschlägen erzählt Roger Michell ("The Buddha of Suburbia", "Jane Austens Verführung", "Notting Hill", "Changing Lanes") seinen gut inszenierten Film mit dem Originaltitel „Titanic Town“, der es unverdient nie ins Kino schaffte.

Vinyan DVD


Belgien, Frankreich 2008

Regie: Fabrice Du Welz

Wenn eine Seele durch einen grausamen Tod keine Ruhe findet, wird sie, so sagt man in Thailand, zum Vinyan, zum bösen Geist. Eindringliche Begegnungen mit diesem Bösen liefert die belgisch-französische Produktion „Vinyan“. Star des Seelen-Horrors ist Emmanuelle Beart. Auf der Suche nach ihrem Sohn, der seit dem Tsunami verschwunden ist, gerät ein Ehepaar in immer dunklere Regionen des burmesischen Dschungels und menschlicher Seelen. Das auch durchaus informative Drama über Kinderhandel in Südost-Asien des Belgiers Fabrice du Welz gerät zum Angst einflössenden Horror, der unheimliche Bilder für die Rache miss- und gehandelter Kinder findet. Mit enormer Bildkraft sorgt der Belgier Du Welz schon im Vorspann für kaum erträgliche Spannung.
Zum Entspannen gibt es dann reichlich Bonus-Material: 53 Minuten Making of, die Einleitung vom Regisseur sowie Interviews mit Fabrice Du Welz und Kameramann Benoit Debie.

Das weiße Band


BRD, Österreich, Frankreich, Italien 2009 (Das weiße Band) Regie: Michael Haneke mit Christian Friedel, Burghart Klaußner, Ulrich Tukur, Susanne Lothar 144 Min. FSK ab 12

Im nüchternen Schwarz-Weiß öffnet sich ein Dorf den Blicken. Am Vorabend des Ersten Weltkriegs gehen die Kinder brav zur Schule, die kleinen Bauern leisten ihren Frondienst beim Großgrundbesitzer und der neue, junge Lehrer (Christian Friedel) ist eine unwichtige Figur unter Dorfgeistlichen und Alteingesessenen. Eine Reihe von Unglücken erschüttert die Ordnung im Dorf: Zuerst stürzt der Doktor schwer mit seinem Pferd, dann verunglückt eine Arbeiterin sogar tödlich. Der kleine Sohn vom Baron wird brutal misshandelt, ein mongoloider Junge fast umgebracht.

Durch diese unerklärlichen Vorkommnisse gewinnen die persönlichen Geschichten im Dorf eine besondere Bedeutung. Da ist der Pastor (Burghart Klaußner), der geringste Eigenwilligkeiten seiner Kinder brutal bestraft. Dabei wäre die seelische Grausamkeit und Kälte in seinem protestantischen Haus schon eine Dauerstrafe. Und der Inzest beim Doktor, dazu sein enormes Maß an seelischer Grausamkeit gegenüber der Amme und Geliebten (eine Paraderolle für Susanne Lothar). Dieser Doktor ist allerdings auch der Einzige, der die Dinge klar ausspricht: „Eine gute Portion von Selbsthass“ gehöre wohl unlöslich zu diesen Menschen. Die Ehe des Baron (Ulrich Tukur) ist eine Katastrophe, Frau Baronin bleibt regelmäßig mit Liebhabern in Italien statt auf dem platten Land zu versauern. Infolge der Spannungen wird auch das neue Dienstmädchen versetzt, ein Hindernis für die junge Liebe zwischen Lehrer und der Frau aus dem Nachbarort. Doch diese Beziehung bleibt fast die einzige menschliche Wärmequelle in der Gemeinschaft. Derweil stolzieren die Kinder deutlich zu sicher und eigenwillig durch das Dorf...

Trotz der klaren Inszenierung, der nüchternen Schilderung durch die Erzählerstimme eines alten Mannes gewinnt man durch „Das weiße Band“ ein Gefühl für das Leben in so einem Dorf, für die Verhältnisse, die Bedingungen, die Wohnungen. Die Herrschaft des Barons über ein ganzes Dorf von nur anscheinend freien Kleinbauern, die alle finanziell von ihm abhängig sind. Der neue Film von Michael Haneke („Bennys Video“, „Funny Games“, „Cache“) ist ein beklemmendes, in tieferen Schichten fast horrendes Sittenbild des protestantischen Norddeutschlands. Haneke meinte in Cannes, wo sein Film die Goldene Palme gewann, „wenn ein Prinzip oder ein Ideal verabsolutiert wird, ist das die Wurzel von Terrorismus“. Da liegt die Binse nahe, dass die Töchter protestantischer Priester gerne bei der RAF landen, aber für den österreichischen Regisseur ist dies „kein deutsches Problem, sondern eine allgemeine Situation.“ „Das weiße Band“ sollte nicht nur ein Film über den Faschismus sein, „ich wollte einen Film machen, bei dem man versteckt, kein Ideal darf verabsolutiert werden.“

Away We Go


USA, Großbritannien 2009 (Away We Go) Regie: Sam Mendes mit John Krasinski, Maya Rudolph, Maggie Gyllenhaal 98 Min. FSK ab 12

Beim Roadmovie kommen die Reisenden im Idealfall am Ende bei sich selber an. Die äußere Bewegung ist Katalysator oder Bebilderung der inneren Entwicklung. Burt (John Krasinski) und Verona (Maya Rudolph) lieben sich über alles, aber haben noch nicht rausgefunden, was sie anfangen wollen mit sich und dem Leben. Das Ende des Films verstrahlt Klarheit und Glück. Burt und Verona hätten vielleicht direkt ans Ziel fahren können. Aber dann hätten wir einen wunderschönen, überraschend jungen Film von Sam Mendes („American Beauty“, „Zeiten des Aufruhrs“) verpasst.

Eltern können sehr seltsam sein, vor allem in diesem Film, in dem die Menschen meist seltsam sind: Burts Eltern ziehen einfach mal eben für ein paar Jahre nach Europa. Es kümmert sie überhaupt nicht, dass Burt und Verona bald ein Kind erwarten und extra nach Colorado in die Nähe der Eltern gezogen sind. Verloren in einer zugigen Bude, wo nur die Stromausfälle im Überfluss vorhanden sind, fragt sich das junge Paar, ob es jetzt zu den Verlierern gehört. Zur Beantwortung nicht nur dieser Frage ziehen Burt und Verona los: Zu Freunden, Bekannten und Verwandten auf dem amerikanischen Kontinent. Um zu sehen, wo und vor allem wie man leben will.

In Phoenix, Arizona, besuchen sie Menschen, die schon damals in Chicago nicht ihre Freunde waren. Eine ordinäre Rabenmutter ist ebenso skurril wie der dicke Junge, der Anlagen zum Kindermörder äußert. Das esoterische Nest der alten Freundin Ellen (grandios böse: Maggie Gyllenhaal) erweist sich als beweihräucherte Diktatur der Sanftheit. Die tolle, singende, vielfarbige Patchwork-Familie in Montreal hat Hitler aus dem „Sound of Music“-Video geschnitten. Adoptierte Kinder und Jazzclub am Abend wirken ideal, die Hymne auf das Familienleben wird mit viel kanadischem Ahornsirup versinnbildlicht. Aber auch hier versteckt sich eine tiefe Trauer, auch hier hat das Leben böse zugeschlagen.

Veronas kleine Schwester und Burts mit einer Tochter sitzen gelassener Bruder sind weitere Stationen des Weges. Sicherheiten gibt es nirgendwo. Auf die ängstliche Zukunftsfrage „Was sollen wir machen?“ gibt es nur eine Antwort: „Wir machen es einfach!“

Beziehung wird hier nicht idealisiert, ist aber dadurch umso echter schön. Eigenwillig ist vor allem der brustfixierte Burt, der problemlos ein blau kariertes Hemd zu grau karierten Bermudas trägt. Dazu passen unkonventionelle Liebeserklärungen, schöne Momente und verrückte Ideen, wie der Orangenbaum vor Veronas Elternhaus, der keine Früchte trägt, bis die Mutter ihn mit Weintrauben, Birnen und Ananas behängt. Eines der Bilder, die das Herz lächeln lassen, aber die auch noch eine Menge Weisheit enthalten. Denn Burt und Verona verlieren bei ihrer Suche aus den Augen, welchen Reichtum sie in sich haben.

Sam Mendes legte nach dem grausamen Ehe-Ende „Zeiten des Aufruhrs“ mit Kate Winslet und Leonardo DiCaprio nun einen verspielten Auftakt mit unbekannten Darstellern hin. Das sollte nicht darüber hinweg täuschen, dass „Away we go“ in jeder Hinsicht vom Besten ist: Songs und Soundtrack von Alexi Murdoch begleiten die Handlung kongenial. Die Bilder der Indi-Kamerafrau Ellen Kuras begleiten den leisen Humor der Figuren. Das echte und Autoren-Paar Dave Eggers und Vendela Vida tauchen zwar erstmals bei einem großen Kinofilm auf, haben aber eine Menge vom Leben zu erzählen.

My Big Fat Greek Summer


USA 2009 (My Life In Ruins) Regie: Donald Petrie mit Nia Vardalos, Richard Dreyfuss, Alexis Georgoulis 91 Min.

Kulturelle Rundreisen können die Hölle sein, selbst wenn es in himmlische Gefilde geht. Eine verkrampfte, frustrierte Reiseleiterin gehört da ebenso dazu wie ein heruntergekommenes Hotel mit angeschlossener Baustelle. Eine ganze Busladung voller Klischees macht sich auf Rundreise durch Griechenland, um Reiseleiterin Georgia aufzulockern und ihr die Liebe zu finden. Nia Vardalos in der Hauptrolle kennen wir noch gut von „My big fat greek wedding“, dem Komödienhit aus ihrer eigenen Feder. Nun finden wir sie wieder in einem Reisebüro, diesmal in Athen.

Die ersten Minuten des Films sind ein Lamento über das schreckliche Griechenland und die furchtbaren Griechen, die immer nur wie „Alexis Sorbos“ tanzen, wenn wieder was nicht funktioniert. Am schlimmsten sind aber die Touristen, denen Georgia die Schönheit der Antike vermitteln will. Weil ihr Kollege seine Klientel lieber zum Strand, zum amerikanischen Imbiss und zum Nippes-Shopping führt, bekommt er die besten Noten und den Bus mit Klimaanlage. Doch vor allem dank der Hilfe des verwitweten Clowns Irv (Richard Dreyfuss) entspannt sich Georgia und entdeckt, dass hinter dem bärtigen Busfahrer ein wahrer Adonis steckt. Aus dem Haufen von touristischen Witznummern wird eine Gemeinschaft, die ihre Lebensreise intensiv genießt.

Nia Vardalos hat noch immer ihren natürlichen Charme aus „My big fat greek wedding“. Auch wenn dieser Film nur in Deutsch ähnlich heißt und mit dem Vorgänger nichts zu tun hat, wird der leichte Spaß die gleichen Zuschauer erfreuen. Richard Dreyfuss’ Irv sorgt als alleinreisender Liebesgott, der seine große Liebe, mit der er sich täglich stritt, schmerzlich vermisst, für das warme Gefühl. Etwas Weisheit aus Delphi, Witz, ein Flirt und fertig ist die unbedarfte Komödie für den sympathischen Kinoerfolg.

Regisseur Donald Petrie ist ein sehr unauffälliger Handwerker in seinem Fach. Er fing als Pizzabäcker an, hatte bei seiner „Mystic Pizza“ noch Julia Roberts als Zutat, aber sonst gibt er seinen Komödien selten Eigenes hinzu.

12.10.09

Hangtime


BRD 2009 (Hangtime) Regie: Wolfgang Groos mit Max Kidd, Misel Maticevic, Ralph Kretschmar 94 Min. FSK ab 12

Vinz (Max Kidd) - tragische Figur! So titelt die Zeitung mit Bild und großen Lettern. Die Wahrheit wäre: Vinz ist Topscorer der 2. Basketball-Liga und hat auch sein Abi richtig gut gemeistert. Doch sowohl sein Freund als auch der ältere Bruder Georg (Misel Maticevic) meinen: „Du muss raus hier! Sonst bist du ein Opfer.“ Denn Vinz lebt nach eigener Aussage in „Manhattan im Ruhrgebiet“. Die Hochhäuser in Hagen haben die billigste Miete, dementsprechend sehen die Nachbarn aus.

Die miese Gegend bietet authentischen Hintergrund für den gelungenen Film von Wolfgang Groos („Freunde für Immer“, „Rennschwein Rudi Rüssel“), ebenso wie die Spielszenen auf Hinterhöfen oder in der Basketballhalle. Letztere erhielten durch die Spieler des Bundesligisten Phoenix Hagen professionellen Schliff.

Vinz ist vor allem eine sympathische Figur und sehr erwachsen. Sein angespannter Bruder macht ihm mächtig Druck. Kein Wunder, gab der doch die eigene Karriere auf, als vor zehn Jahren die Eltern starben und begann, in einer Druckerei anstatt auf dem Court zu arbeiten. Die jungen Profi-Hoffnung Vinz bedient allerdings nicht das übliche Jugendlichen-Klischee. Er weiß was er will, hängt das nur nicht an die große Glocke. Der Blonde mit dem ernsten Gesicht und dem netten Lächeln ist auf eigene Art cool. Er braucht nicht wie andere Basketballer affig auf amerikanisch zu machen. Im Internet-Shop lernt er die neugierige Kati (Debütantin Mirjam Weichselbraun, eine junge Meg Ryan) kennen, eine Kluge, Schöne, die jedoch vergeben ist. Zur guten, zentralen Geschichte gibt es mit den Freunden von Vinz noch zwei witzige Sidekicks. Besonders der Möchtegern Rapper Ali (Max Fröhlich), der sich als OG Frodo und mit anderem Blödsinn zum Clown macht, sorgt für Auflockerung.

Der flotte, witzige und vor allem glaubhaft authentische Film punktet mit gutem Casting (Sabine Schwedhelm von Filmcast), klasse Dialogen und krassen Sprüchen (Drehbuch: Christian Zübert und Heinrich Hadding). Vor allem Ali überrascht immer mal wieder mit einem „Geisterblitz“ und ist generell eine unterhaltsame „Gefahr für die Gemeinheit“. „Hangtime“ hat richtig gute Bilder, ein paar flott geschnittene Sequenzen geben dem Spiel und dem Film gute Dynamik. Dabei ist er nur in ein paar Szenen ein Sportfilm. Mehr als um Äußerlichkeiten wie Klamotten oder Werbung geht es um die Geschichte der beiden Brüder. Vor allem wirkt „Hangtime“ echt, nicht aufgesetzt. Der von der Filmstiftung NRW geförderte Film zieht Atmosphäre und Gewinn aus seiner ungewöhnlichen Verortung in Hagen.

G-Force


USA 2009 (G-Force) Regie: Hoyt Yeatman mit Bill Nighy, Zach Galifianakis, Kelli Garner ,Will Arnett 88 Min. FSK ab 6

Mäuschen Impossible

Was passiert, wenn man Walt Disney mit Jerry Bruckheimer kreuzt? Also ausgesprochene Familienunterhaltung mit heftigstem, oft gnadenlosem Action-Overkill im Stile von „Armageddon“, „Bad Boys“, „Con Air“ oder „The Rock“? Meerschweinchen-Action, die nur zeitweise rockt, ist das Ergebnis dieser seltsamen Hollywood-Mischung.

Mäuschen Impossible - aber für die bestens ausgerüsteten Meerschweine von der FBI-Unterabteilung G-Force ist der Auftrag ein Spaziergang: Vorbei an den Dobermännern im Garten, rein in die Villa des Industriellen Saber (Bill Nighy), den Computer gehackt und die Daten der Weltverschwörung auf einen PDA im Hamster-Format gezogen. Hilfreich ist dabei die fliegende Kamera der Fliege Mouche. Tom Cruise wäre neidisch - aber auch happy, weil er ab jetzt nicht mehr der kleinste Action-Held der Welt ist.

Doch die Deppen vom FBI schließen die Abteilung G-Force trotzdem, die Hamster landen auf der Straße und - noch schlimmer - in einer Tierhandlung. Nun schlagen sich die vier Helden - sorry, Juarez: Die Heldin Juarez mit ihren drei Begleitern auf getrennten Wegen zu ihrem menschlichen Ausbilder Ben zurück. Als Bomben ticken zahllose Computerchips in harmlosen Haushaltsartikeln, die plötzlich zu Killermaschinen transformieren und die Menschheit auslöschen wollen.

Die Action rotiert, angetrieben von der Bruckheimer-Produktion, wild wie ein Hamsterrad mit 100 km/h und das ist ausnahmsweise mal gut so. Denn wenn die verkorkste Kindheit oder ein Beziehungsproblem an den Nagern nagt, ist der Film endgültig überfrachtet. So viel Persönlichkeit vertragen selbst Bruce Willis oder Nicolas Cage in ihren großen Action-Rollen nicht. Letzterer spricht im Original übrigens den Maulwurf. Auch Penelope Cruz und Steve Buscemi sind „Voice Talents“ in den USA. In der Synchronisierung kann man Wigald Boning wiedererkennen, dessen Talent allerdings nicht in seiner Stimme liegt.

Bill Nighy spielt in der Mischung aus Trickfilm-Nagern und realen Menschen zwar den üblen Konzern-Chef, der die Weltherrschaft will, aber leider ist er nur so böse wie eine gewöhnliche Heuschrecke. Der eigentliche Über-Schurke bleibt vorerst im Dunklen. Ein Lichtblick ist die 3D-Gestaltung: Hier werden die neuen Möglichkeiten tatsächlich mal genutzt, um dem Bild durchgehend Tiefe zu geben. Vor allem im ersten Einsatz mit holographischen Projektionen überzeugt die neue Technik. Wenig Mätzchen und viel Illusions-Gewinn könnte der 3D-Welle Zukunft geben.

Zum Schluss das Kleingedruckte: Meerschweinchen heißen im Englischen „guinea pigs“, deshalb auch „G“-Force und nicht „M-Truppe“. Mit „guinea pigs“ bezeichnet man aber auch Versuchskaninchen. Und das ist nicht das einzige Übersetzungsproblem: Wenn Hurley in einer bösartigen Mikrowelle gefangen ist, sucht das Menü den richtigen Röstungsgrad. Dabei führt das Stichwort Feigling seltsamerweise zum Menupunkt Hühnchen. Das ist nur klar, wenn man weiß, dass „chicken“ im Englischen Hühnchen und Feigling bedeutet.

7.10.09

Die Noobs - Klein aber gemein


USA, Kanada 2009 (Aliens In The Attic) Regie: John Schultz Ashley Tisdale, Robert Hoffman, Austin Butler 86 Min. FSK ab 6

Der ungeliebte Familienausflug aufs Land wird von der Bruchlandung kleiner Außerirdischer gestört. Die können zwar mittels Superwaffe Menschen wie Marionetten fernsteuern, aber das funktioniert nur bei Erwachsenen. So müssen die vormals zerstrittenen Geschwister, Nichten und Neffen nun gemeinsam gegen die Eindringlinge vorgehen. Dabei erkennt ausgerechnet die Kleinste, dass der kleinste Außerirdische gar nicht vorhat, die Erde zu erobern.
Das klingt nicht nur so, das ist tatsächlich so wie der Abfall aus dem Altpapier einer Alien-Film-Fabrik. Auch die animierten Figürchen sehen aus wie Reste aus einem CGI-Papierkorb. Dabei sind die wirklichen Aliens die amerikanischen Menschen im Film - eigentlich müsste man dauernd über ihr Verhalten staunen, wenn man nicht konstant mit derartigen fremdartigem Kram zugeschüttet würde.
„Die Noobs“ können vielleicht auf dem heimischen, also amerikanischen TV-Markt halbwegs unterhalten. Aus deutscher Sicht bleiben nur die Klischees von Familienproblemen sowie erschreckend uninteressante (und unbekannte) Schauspieler. Erst wenn nicht nur Erwachsene sondern auch riesige Aliens per Playstation-Bedienung in lustigen Kloppereien ferngesteuert werden, also die Alien-Action anfängt, macht das Filmchen mäßig Spaß.

6.10.09

Krzysztof Kieślowski - Frühe Spielfilme DVD


Moralist oder Zyniker? Der polnische Regisseur Krzysztof Kieślowski wurde wegen der Gewaltdarstellung in „Ein kurzer Film über das Töten“ angegriffen und realisierte mit seinem zehnteiligen „Dekalog“ eine der ernsthaftesten Auseinandersetzung mit Moral, Religion und Ethik für unsere Zeit. Die Box mit 4 DVDs enthält eine Auswahl seiner Filme, die im sozialistischen Polen entstanden, bevor er in den Neunzigern mit der internationalen Trilogie „Drei Farben“ ganz große Erfolge in den Programmkinos landete.
Sein „Kino der moralischen Unruhe“ enthält „Die Narbe“ (1976), „Der Filmamateur“ (1979), „Der Zufall möglicherweise“ (1981) und „Ohne Ende“ (1985). Vier Mal Existentialismus pur, vier Mal Polen unter Sozialismus und Kriegsrecht, vier Mal die Frage nach der Verantwortung des Einzelnen in einer absurden Welt, vier Mal die Stars des polnischen Kinos, vier Mal Filmkunst vom Feinsten.

Als Bonus zu diesem Schatz der Filmgeschichte enthält DVD 3 im ROM-Teil PDF-Dokumente.

Ichi - Die blinde Schwertkämpferin DVD


Japan 2008

Rapid Eye Movies

Action, Eastern

Regie: Fumihiko Sori

Zatoichi, der blinde Schwertkämpfer auf Suche nach Gerechtigkeit, ist ein berühmtester Samurai-Charakter der japanischen Film- und TV-Geschichte. Auch Superstar Takeshi Kitano spielte Zatoichi in einem gleichnamigen Film. Regisseur Sori revolutioniert nun den Mythos und besetzt in seinem humorvollen und romantischen Schwertkampf-Drama die Rolle mit einer Frau, dem japanischen Jungstar Haruka Ayase. Die blinde Wandermusikantin Ichi begibt sich auf die Suche nach ihrer Vergangenheit. Schweigsam, stolz und kompromisslos begegnet sie allem, was sich ihr in den Weg stellt. Nur ein traumatisierter Samurai, der nicht kämpfen kann, vermag sich Ichi zu nähern. Die eleganten und starken Bilder werden untermalt von dem eindringlichen Soundtrack der australischen Musikerin Lisa Gerrard (Dead Can Dance).
Als Extra zu dem Leckerbissen edlen japanischen Action-Kinos gibt Making-of zu den Spezialeffekten und zur Musik sowie einige Entfallene Szenen. Die Kauf-DVD erscheint am 30.10.

Die Kinder der Seidenstraße


Australien, VR China, BRD, USA 2008 (The Children Of Huang Shi / Children Of The Silk Road) Regie: Roger Spottiswoode mit Jonathan Rhys Meyers, Radha Mitchell, Chow Yun-Fat, Michelle Yeoh 118 Min. FSK ab 12

Nach zehn Minuten gibt es die erste Massenexekution, nach zehn weiteren einen verheerenden Luftangriff auf einen chinesischen Soldatentransport. Genauso verdattert wie der Journalist George Hogg zwischen den Leichen und Trümmern des japanischen Überfalls auf China sitzt man im Kino und doch hat der Film gerade erst angefangen. Die eigentliche Herausforderung für den in Oxford ausgebildeten Journalisten beginnt in einiger Entfernung von der Front. Doch zurück nach Shanghai, wo 1937 viele Europäer in einem geschützten Bereich leben - trotz der Besetzung großer Teile des Landes durch besonders brutale japanische Soldaten. Der junge Brite George Hogg (Jonathan Rhys Meyers) will in das gerade eroberte und hermetisch abgeschlossene Nanking. Er gibt sich als Mitarbeiter des Roten Kreuzes aus, fotografiert tatsächlich die Gräuel der Japaner, wird festgenommen und kurz vor seiner Hinrichtung von Widerstandskämpfern unter der Führung von Jack Chen (großartig: Chow Yun-Fat) gerettet. Der schickt den verletzten Engländer zu einem Waisenheim abseits der Kriegshandlungen. Aber auch das ist nur ein kleiner weiterer Schritt auf einer eindrucksvollen Lebensreise.

Hogg trifft auf eine Schar verwilderter, verlauster, trotziger Jungens mit denen er nicht reden kann. Nur der besonders abweisende Anführer der Kinder spricht Englisch. Nachdem er seine eigenen Widerstände überwunden hat, hängt der Ausländer sich rein und kann zusammen mit der einsamen und unabhängigen Krankenschwester Lee (Radha Mitchell) das verfallene Waisenhaus zu einer funktionierenden Gemeinschaft wandeln. Es entwickelt sich ein schönes Märchen vom Heilen und Wachsen in Kriegszeiten. Waisenkinder, die Schreckliches erlebt haben, lernen, pflanzen und spielen.

Doch die japanischen Angriffe kommen näher und die Nationale Armee Chinas will die Waisen als Soldaten rekrutieren. Nun bricht George Hogg mit seinen Kindern zu einem gewaltigen Marsch auf. 1000 Kilometer über die alte Seidenstraße, extreme Höhen, durch Sandstürme und Wüsten mit bizarren Felsformationen. Der Film schwelgt in diesen Landschaften, die man so selten im Kino sieht. Am Ziel werden sie von Nomaden begrüßt. Das neue Heim wird eingerichtet, der Dampfgenerator wieder aufgebaut, ebenso der Basketball-Korb. Nun geschieht das mit der Freude und der Stärke eines eigenen Selbstbewusstseins, das den Kindern auf dem langen Weg erwachsen ist.

Auch wenn wie bei „John Rabe“ in dieser Verfilmung einer wahren Geschichte wieder ein Mensch aus dem Westen den eher einfältigen Asiaten den Weg weist, überzeugt Roger Spottiswoode („Under Fire“, 1983) bei seinen „Kindern der Seidenstraße“ mit spannenden und zerrissenen Figuren. George Hogg ist ein Pazifist zwischen den Fronten des Krieges, der versucht, das Morden zu verhindern und auch Gegner zu schonen. Er will bei seinem Zug keine Waffen dabei haben und überzeugt schließlich den Kämpfer und Freund Jack Chen. Die Pflegerin Lee wirkt stark, braucht aber dann doch das Morphium ihrer Patienten, um den eigenen Schmerz zu betäuben. So gelang in Figuren, Bildern und Geschichte ein eindrucksvoller und bewegender Film über jemanden, der sein Glück findet, indem er das eigene Wollen und Begehren aufgibt. Da ist es sicher nicht zufällig, dass George an seiner letzten Station von einer Buddhastatue begrüßt wird. Dass es eher ein rührendes als ein aufrüttelndes Filmmärchen bleibt, zeigt die Reaktion: Trotz der Kriegsgräuel rebelliert man nicht, auch wenn das eigene Land ganz groß im Export von Kriegswaffen ist oder selbst engagiert in der Welt Krieg führt.

5.10.09

Unter Bauern - Retter in der Nacht


BRD, Frankreich 2008 (Unter Bauern - Retter in der Nacht) Regie: Ludi Boeken mit Veronica Ferres, Armin Rohde, Lia Hoensbroech, Martin Horn, Margarita Broich 100 Min. FSK ab 12

Menne Spiegel (Armin Rhode) war einst ein erfolgreicher Pferdehändler in Ahlen und Umgebung. Jetzt im Jahr 1943 soll er mit seiner Familie deportiert werden, sie sind Juden. Spiegel arrangiert für seine Frau Marga (Ferres) und die Tochter Karin (Luisa Mix) ein Versteck bei seinem Kriegskameraden Heinrich Aschoff (Martin Horn) auf dem Land. Menne selbst übernachtet anfangs in der Nähe in Scheunen und im Wald. Die katholischen Bauern gehen ein großes Risiko ein, denn auf die Tat steht die Todesstrafe. Die Tochter der Aschoffs ist Hitler-Fan und flirtet mit einem strammen Jung-Nazi. Und schon bald fliegt die Tarnung auf, Anni ist entsetzt, versteht aber, als sie hört, was den Juden bereits angetan wurde. Aus dem Hitler-Mädel wird Margas Freundin - bis heute.

Denn „Retter in der Nacht“ (so der Titel von Marga Spiegels Buch) ist eine wahre Geschichte, eine fast unglaubliche Geschichte: Weil von den 78 Juden, die zur Zeit der Dritten Reiches in Ahlen lebten, nur drei überlebten. Die drei dieses Films. Und fünf mutige Bauern aus Westfalen gehören zu den 455 so genannten „Judenrettern“, die in der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem gewürdigt werden. 455 unter den 70 Millionen Deutschen von damals!

In ihren Erinnerungen „Retter in der Nacht“ erzählt Marga Spiegel, die Tante von Paul Spiegel, dem verstorbenen Präsidenten des Zentralrats der Juden, von ihrer Flucht vor den Nazis. Die Verfilmung ist ein Projekt, das mit viel Begeisterung, Ausdauer (auf der Seite des Produzenten Joachim von Mengershausen) und guten Absichten realisiert wurde. Das Ergebnis bleibt hinter all diesen Bemühungen zurück. Veronica Ferres, Armin Rohde, Margarita Broich, Lia Hoensbroech und Martin Horn spielen die Hauptrollen und ausgerechnet der „Star“ Ferres bildet eine schwierige Leerstelle im Zentrum der Geschichte. Erstaunlich ausdruckslos erlebt sie die Dramen um sie herum gerade nicht mit und hebelt damit das Funktionieren des Films über die emotionale Beteiligung der Zuschauer aus. Denn klassisch müsste das Gesicht der Hauptperson der Spiegel aller Gefühle sein.

Beeindruckend wirken dagegen die Schauspieler Martin Horn (Heinrich Aschoff), Margarita Broich (Maria Aschoff) und Lia Hoensbroech (Anni Aschoff). Über ihr lebendiges und sehr glaubwürdiges Spiel würdigt „Unter Bauern“ vor allem die uneigentlichen Helden, die Retter, die nicht zum Widerstand gehörten, die keine Anti-Faschisten waren und die auch schon mal dachten, die Juden seien an Irgendwas schuld. Sie schicken ihren Sohn an die Ostfront und die Tochter Anni ist anfangs Hitler-Fan, bevor sie zur Freundin von Marga wird. Aber wenn es darum ging, Menschenleben zu retten, schreiten die Bauern beherzt und ohne viele Worte zu verlieren, zur Tat. Gedreht wurde diese Hymne auf die Retter, die ruhig mehr Dialekt vertragen hätten, authentisch vor Ort im Münsterland unter anderem in Billerbeck, Dülmen und Oer-Erkenschwick. Förderung gab es für das historische Drama von der Filmstiftung NRW, ebenfalls lokal verbundener Ko-Produzent und Verleiher ist Werner Wirsing mit seiner 3L Filmproduktion.

Lippels Traum


BRD 2008 (Lippels Traum) Regie: Lars Büchel mit Karl Alexander Seidel, Anke Engelke, Moritz Bleibtreu, Christiane Paul, Uwe Ochsenknecht 101 Min. FSK ab 6

„Paul Maar wurde nach dem frühen Tod seiner Mutter bis zur erneuten Heirat seines Vaters von ständig wechselnden Hausmädchen betreut.“ So nüchtern beschreibt Wikipedia einen psychologischen Quell von Paul Maars („Das Sams“) Geschichte „Lippels Traum“ und die schöne Gelegenheit für Charakter-Schauspielerinnen, sich als böse Haushälterin auszuleben. In der Verfilmung von 1990 gab die unvergleichliche Irm Herrmann die Putzhexe. Nun darf Anke Engelke Kinder quälen und wieder liefert die nette Kindergeschichte damit auch einen guten Spaß für Erwachsene.

Weil sein alleinerziehender Vater auf Reisen ist, wird der Lippel genannte Phillip (Karl Alexander Seidel) zuhause von der Haushälterin Frau Jakob versorgt. Die erweist sich mit Putzfimmel, Reinlichkeitswahn und hartem Herzen als gänzlich ungeeignet. Zudem wird Lippel vom Konrektor Färber (Uwe Ochsenknecht) und dessen dicken, dummen Sohn Hermann schikaniert. Der störrische und kluge Lippel flüchtet sich in die Literatur, liest bei jeder Gelegenheit „Geschichten aus 1001 Nacht“ und schnell vermischen sich Märchen und Realität. Dabei spielen die neuen Mitschüler Hamide (Amrita Cheema) und Arslan (Steve-Marvin Dwumah) eine wichtige Rolle...

In einem schön abenteuerlichen Morgenland verbannt der König (Moritz Bleibtreu) Sohn und Tochter, weil die intrigante Schwägerin (Engelke) ihm einflüstert, der Thronfolger hätte ein wertvolles Buch geklaut. Lippel steht plötzlich mit Regenjacke, Schal und Seemannspullover inmitten der Wüste seines eigenen Traums. Verfolgt von gefährlichen Wächtern und begleitet vom Hund Muck versuchen die Kinder, wieder ins Schloss zu gelangen und den mittlerweile inhaftierten König zu befreien.

Die Abenteuersequenzen verlaufen etwas schematisch und werden mit Action überfütterte Kinder nicht vom Hocker reißen. Dafür überzeugt ein sympathischer Hauptdarsteller zusammen mit der netten Geschichte, der reizvollen Wüstenwelt und der hochkarätige Besetzung (auch Christiane Paul, Edgar Selge und Eva Mattes sind dabei). Etwas seltsam wirkt, dass ganz in Geiste Karl Mays der Gast aus dem Abendland immer besser Bescheid weiß als die Königskinder. In der Realität bekommen die beiden „Kinder aus dem Morgenland“ besser weg, wenn sie Lippels Freunde werden und ihm helfen, die Haushaltshilfe loszuwerden. Bei der ersten Begegnung fragt Lippel die dunkelhäutigen Mitschüler noch: „Wo kommt ihr her?“. Worauf Hamide trocken in bestem Deutsch antwortet: „Aus Sindelfingen. Ist bei Böblingen.“ Bis auf diesen klassischen Immi-Scherz würde sich der Integrationsbeauftragte nicht oft begeistern. Aber den nicht besonders verwöhnten Kino-Kindern wird wenigstens anständige einfache Unterhaltung auf der Basis einer beliebten Paul Maar-Geschichte geboten. Wobei vor allem Komponist Konstantin Wecker mit seinen rührigen Geigen-Bewegungen die Gefühlsklaviatur zu sehr bemüht.