21.12.07

Astronaut Farmer


USA 2007 (Astronaut Farmer) Regie: Michael Polish, mit Billy Bob Thornton, Virginia Madsen, Max Thieriot 104 Min. FSK: ab 6
 
Nicht nur in seiner Aussage ist der "Astronaut Farmer" altmodisch: Den Ansari-X-Preis für den ersten privat finanzierten Weltraumflug, 10 Millionen Dollar, hat sich mittlerweile der kalifornische Raumfahrtpionier Burt Rutan abgeholt. Und beim Music-, Flug-, Zug- und nun Raumflug-Pionier Richard Branson stehen die Leute Schlange, um mit Virgin ins All zu düsen. Doch Raumflug scheint auch heute immer noch ein Abenteuer zu sein, wenn man die Schwierigkeiten der NASA mit Schaumstoff und Hightech-Küchenkacheln bedenkt.
 
Da ist eine Aussage besonders interessant: Die NASA kann einfach keinen privaten Flug zulassen, weil dann ihr Jahresetat von über 10 Milliarden reichlich übertrieben wirken würde! Doch erst einmal fängt alles ganz harmlos verschroben an. "Ein kleiner Schritt für einen Menschen, ein großer für die Menschheit" hört man, während ein Cowboy im Raumanzug vom Pferd steigt, um ein entlaufenes Kalb zu fangen. Dieser Space-Cowboy ist Charles Farmer, ein Landwirt in Texas, der in seiner Scheune aus den Resten von Luftfahrtprogrammen eine Rakete baut. Der "Astronaut Farmer" hat zwar haufenweise Schulden, aber einen großartigen Charakter. Charles war einst Pilot der Luftwaffe, aber flog damals aus dem Raumfahrtprogramm, weil er zu seinem sterbenden Vater fuhr. Jetzt läuft er wie selbstverständlich die ganze Zeit im Raumanzug rum und bestellt 10.000 Liter Treibstoff.
 
Das lässt die Jungs vom FBI anrücken, es wird komisch, denn die wissen bald selber, dass nicht Farmer der Trottel ist. Wie Schulze & Schultze von "Tim & Struppi" sind die Männer im Anzug immer im Bild, aber nie im Bilde. Auch witzig, wie Bruce Willis als erfahrener Raumfahrer ("Armageddon") vorbeikommt, um Farmer von seinem Plan abzubringen - vergebens. Als dann die Rakete tatsächlich zündet, sieht das allerdings sehr nach Looney Tunes aus. Und der Film hat es sich inzwischen bei den abgewetzten Ideen gemütlich gemacht.
 
"Astronaut Farmer" hebt nie richtig ab, hat die schönsten Flugaufnahmen mit einem Raketen-Karussell für Kinder. Es
bleibt ein netter Familienfilm und ein echter Männerfilm im Sinne von "Kuck mal, wer da hämmert". Das wird überdeutlich, wenn Thornton und Bruce Willis mit Bierflasche vor dem Hobby-Mobil stehen und sich kindisch freuen. Trotz ihrer völlig verrückten Anlage spielt Billy Bob Thornton mal wieder eine eigentlich recht normale Figur, eine Rolle wie für Kevin Costner, der mitten im Maisfeld im Nirgendwo ein Baseball-Platz anlegte.
 
Auf die Frage, weshalb er unbedingt ins All fliegen will, antwortet Farmer: "Es ist mein Traum." Seine Rakete heißt dementsprechend "Der Träumer". Mehr braucht es nicht in einem us-amerikanischen Film, vielleicht noch im Nachbrenner ein "Gib niemals auf!" Das hat alles seltsame Ähnlichkeit mit dem Arche-Noah-Film "Evan Allmächtig", nur war da der Held ein fanatischer Katholik und hier ist es ein aufgeklärter Mann der Wissenschaft. Überzeugender macht das die Film-Idee nicht.

Tödliche Versprechen


GB, Kanada 2007 (Eastern Promises) Regie: David Cronenberg mit Viggo Mortensen, Naomi Watts, Vincent Cassel 101 Min. FSK: ab 16

So wie Hardrockern oft sehr schöne Balladen gelingen, scheint auch das Handwerkszeug der Horrorfilmer für komplett gelungene Filmkunststücke zu prädestinieren. David Cronenberg verstörte nachhaltig mit "eXistenZ", "Crash", "M. Butterfly" und "Naked Lunch", doch mit seinem letzten Film "History of Violence" verschwand das Abgedrehte, für das kanadische Filmförderung immer etwas (Geld) übrig hat. Die Geschichte eines braven Familienvaters (Viggo Mortensen), dessen "Geschichte der Gewalt" entdeckt wird, war nur noch gut, klug und packend.

"Tödliche Versprechen" hält, was Cronenberg verspricht: Der dichte Thriller ist von der ersten Szene an nichts für Zartbesaitete. Tod im Doppelschlag und eine Geburt dazu ... selten wurde der Popcorn-Terror im Kino so effektiv gestoppt. Doch anders als bei den so populären, immer härteten Metzgereien, kommt die Brutalität hier nicht als Selbstzweck daher. Wieder, wie schon bei "History of Violence" dreht sich alles um Gewalt und Identität. Im Milieu der russischen Mafia Londons sehen wir sensible Mörder, zynische Killer, unfassbar brutale Tiere hinter freundlichem Lächeln - dabei enthält fast jede Szene einen Denkanstoss über das dunkle Wesen der Menschen.

Während ein Kunde im Friseursalon final unters Messer kommt, stirbt ein junges Mädchen bei der Geburt ihrer Tochter. Anna (Naomi Watts), die Hebamme russischer Abstammung, versucht Bekannte oder Verwandte der Toten zu finden, ein kyrillisch geschriebenes Tagebuch soll dabei helfen. Annas Onkel will das Buch einer Toten anfangs nicht übersetzen, so führt es die Neugierige zum russischen Restaurant von Semyon (Armin Mueller-Stahl). Der freundliche Chef lächelt schwer aus seinem faltigen Gesicht und verspricht Hilfe. Dass Anna ausgerechnet im Herz der russischen Mafia-Finsternis landete, ahnt sie nur intuitiv.

Das Buch dieses packenden und erschreckenden Thrillers stammt vom Autor des völlig übersehenen Frears-Sozialdramas "Dirty Pretty Things" - unverkennbar in den motivischen Ähnlichkeiten. Cronenberg macht allerdings aus den sozialen Realitäten einen ganz anderen Film: Der Anfangszustand des Schreckens hält an und verstärkt sich mit dem Durchleben grausamer Schicksale nur noch. Im Off hören wir das Tagebuch zu Grunde gerichteter Träume eines jungen Lebens. Der kanadische Regisseur traut sich, Abgründe zu zeigen, die us-amerikanische Krimis selten anrühren.

Das opulente, hedonistische und gnadenlos harte Milieu ist bekannt aus vielen Russen-Krimis wie "Little Odessa". In den grandiosen Bildern aus der Welt russischer Enklaven glänzt eine exzellente Besetzung: Armin Mueller-Stahl setzt (im Original) seinen deutschen Akzent trefflich als alter Russe ein und darf, bevor er im verführerisch leckeren Borscht rührt, seine Geigenkunst vorspielen. Viggo Mortensens ambivalente Figur eines Killers mit Geheimnis umgibt eine starke Aura: reserviert, überlegen, tiefgründig bis zum sehr zwiespältigen Schlussbild. Wie schon in "History" erweisen sich die harmlosen Gesichter besonders gefährlich.

18.12.07

1 Mord für 2


USA 2007 (Sleuth) Regie: Kenneth Branagh mit Sir Michael Caine, Jude Law 89 Min. FSK: ab 12

Eine britische Schauspiel-Show liefern Michael Caine und Jude Law, die bereits 2004 im Remake von "Alfie" zusammenspielten, in "Sleuth" vom Shakespeare-Mimen Kenneth Branagh: Der erfolgreiche Autor Andrew Wyke (Michael Caine) bekommt in seinem stylisch-futuristischen Anwesen Besuch vom Milo Tindle (Jude Law), arbeitsloser Schauspieler und Liebhaber seiner Frau. In einem Duell über drei Runden tasten sich die Konkurrenten ab, spielen mit einander und schließlich auch mit Pistolen. Reizvoll aber nicht unbedingt überzeugend - vielleicht weil die Frau, um die es geht, niemals im Film auftauchen wird?

Die irritierende Rückkehr des Liebhabers als ruppiger Polizist mit Schnurrbart und ebenso prolligem Akzent ist nicht das einzige Deja Vu dieses Films. Branaghs "Sleuth" ist ein Remake des gleichnamigen Films aus dem Jahre 1972. Damals brachte Altmeister Joseph L. Mankiewicz das Anthony Shaffers Stück von der Bühne auf die Leinwand. Den jungen Liebhaber spielte der damals der 39-jährige Caine! Jude Law wurde im Jahr des Originals geboren. Die Bühnen- und Leinwand-Legende Laurence Olivier gab einst den berühmten Autor. Eigentlich überraschend, dass sich Regisseur Kenneth Branagh, in seinen vielfältigen (Shakespeare-) Aktivitäten ein Nachfolger Oliviers, nicht selber als Wyke besetzt hat. Zumindest dabei hielt er sich zurück, stilistisch fällt er wieder mit einigen Manierismen auf.

Elizabeth - Das goldene Königreich


GB, Frankreich 2007 (Elizabeth: The Golden Age) Regie: Shekhar Kapur mit Cate Blanchett, Geoffrey Rush, Clive Owen 115 Min. FSK: ab 12

Elizabeth I, die zweite

1998 kam Cate Blanchett grandios und königlich als Elizabeth I raus. Shekhar Kapur inszenierte die ersten Regierungsjahre einer historisch eindrucksvollen Figur. Kostüme und Kamera machten Macht spürbar, Cate sorgte für die emotionale Tiefe dieser Herrscherin, sieben Mal wurde der optisch opulente Film für den Oscar nominiert. Fast ein Jahrzehnt musste man auf "Elizabeth II" warten, Shekhar Kapur drehte zwischendurch "Die vier Federn" (2002), Stephen Frears beschäftigte sich mit dem Innenleben der jetzigen "Queen", der wirklich zweiten Elisabeth. Fortsetzungen sind etwas für einfallslose Massenware und bei Meisterwerken eher ungewöhnlich. Was bieten Cate und Kapur Neues?

Es sind bewegte Zeiten: Der hinterhältige Spanier Philip II benutzt das Mäntelchen der Religion als Vorwand für seine Eroberungspläne gegenüber England. Der anglikanischen Staatskirche stehen die "Papisten" gegenüber. Die Schottin Mary Stuart beansprucht den Thron, ein Bürgerkrieg droht. Und alle sorgen sich angeblich um das Seelenheil der armen Untertanen. Aus der "Neuen Welt", die damals noch nicht Südamerika hieß, kommen fremde Menschen, Gold und Kartoffeln. Auf den Weltmeeren kapern englische Piraten die übermächtige Armada, rauben die Schätze der Kolonien.

Doch der Alltag einer Herrscherin des 16. Jahrhunderts ist ungewöhnlich lebendig zu erleben: Elizabeth schießt offene und spöttische Kommentare bei der Audienz ab. Sie raucht mit ihren Kammerdamen im Nachthemd den gerade erst aus der Neuen Welt geklauten Tabak. Als Jungfrau auf der Suche nach einem Mann - offiziell und auch durchaus leidenschaftlich - wirft sie ein Auge auf den Kapitän Sir Walter Raleigh. Wenn sie als royalen Abschiedsgruß meint, "I like you" (ich mag sie), nimmt er sich die freibeuterische Frechheit heraus, zu antworten: "And I like you!"

"Elisabeth II" versucht gar nicht erst, eine steife historische Korrektheit herzustellen. Stattdessen darf die Integrität der Figuren aufleben - das bleibt der große Pluspunkt des Konzepts von Kapur. Und in idealer Besetzung vereint Blanchett Würde und Jovialität, Form und Feingefühl. Clive Owen hat den perfekt verwegenen Blick für einen Piraten des Herzens und sein Sir Walter Raleigh spielt auch die ganze spanische Armada an die Wand.

Wenn wieder schillernde Kostüme und betörend schöne Bildkompositionen das Ganze krönen, wenn Schattenspiele und Kerzenlicht für eine exzeptionelle Stimmung sorgen, beweist Kapur erneut sein enormes Kino-Können. Dabei stellt er seine Inszenierung ganz in den Dienst einer großen (Schauspiel-) Königin. (Was man in der deutschen Synchronisation leider verpasst, ist der Spaß, Cate Blanchett original in Deutsch zu hören.)

12.12.07

Todeszug nach Yuma


USA 2007 (3:10 to Yuma) Regie: James Mangold mit Russell Crowe, Christian Bale, Logan Lerman 123 Min. FSK: ab 16
 
Dieser "Todeszug" ist ein Remake des 1957 mit Glenn Ford verfilmten "Zähl bis drei und bete", doch nichts wirkt hier altmodisch. Das liegt nicht nur daran, dass mit den "2 Fast 2 Furious"-Autoren Derek Haas und Michael Brandt zwei mit Film-Pop vertraute Leute ihren Einfluss einbrachten. Der Kern der Konfrontation zwischen Gut und Böse stammt aus einer Kurzgeschichte von Elmore Leonard (Out of Sight, Jackie Brown, Get Shorty), doch erfreulicherweise fiel die Charakterzeichnung im Remake sehr differenziert aus.
 
Wie es heutzutage gern gesehen wird, kommt auch der Western "Todeszug nach Yuma" direkt zur Sache: Erst der nächtliche Überfall auf die verschuldete Farm von Dan Evans (Christian Bale). Dann die veritable Leinwandschlacht um eine schwer gepanzerte und bewachte Kutsche. Der Geldtransport wird mit einem Maschinengewehr verteidigt und auch die Bilder haben eine Modernität, die beim aktuellen, eher ruhigen Western fast wieder altmodisch wirkt - irgendwie so 80er-mäßig. Vom Feldherrnhügel verfolgt der Oberschurke Ben Wade (Russell Crowe) das niedere Geballere und erlegt erst mit einem ebenso simplen wie genialen Schachzug die Beute. Dass er dabei die von Dan Evans geklaute Kuhherde benutzt, wird sein Schicksal sein. Doch vorher sorgen die beiden ungleichen Kontrahenten für zwei Stunden packenden Western, der mehr durch Akteure als durch Aktionen bestimmt ist.
 
Ben Wade ist gnadenloser Boss einer Räuberbande. Wegen einer Frau wird er festgenommen und der einfache Farmer Dan Evans sieht sich gezwungen, einen Job als Bewacher anzunehmen. Wade bleibt trotz einer Unzahl von Waffen, die auf ihn gerichtet sind, ruhig. Immer begleitet den Transport der lebensgefährlichen Ladung Wades teuflischer Freund am Horizont. Und sollte es einer der Bewacher wagen, den Gefesselten zu ärgern, wird er die nächste Nacht am Lagerfeuer sicher nicht überleben
 
Schon bei der ersten Begegnung - Evans fordert ganz naiv seine Kühe zurück - zeigt sich eine Spannung, deren Tiefe im Laufe des langen Weges ausgelotet wird. In dieser frühen Szene haben wir auch längst begriffen, dass Dan Evans sich irgendwann den Respekt seines Sohnes William verdienen, dass er sich irgendwann wehren und zur Waffe greifen wird.
 
Der "Todeszug" ist "todes gut", wie ein einstiger Jugendslang gesagt hätte, vor allem durch die enorme Präsenz der Darsteller. Wirklich spannend sind die Blick-Duelle zwischen Russell Crowe und Christian Bale. Dazu kommt ein Vater-Sohn-Drama, denn der wütende William folgt dem Transport und greift selbst im entscheidenden Moment ein.
 
Regisseur James Mangold lieferte schon mit "Walk the Line", "Identity", "Durchgeknallt - Girl, interrupted" und "Cop Land" gute Arbeit ab, und überzeugt hier mit gekonnt stilisierten Bildern, wobei die Friedhofskreuze am Horizont, der Rächer im Gegenlicht hier immer nahe an Pop-Zitaten dran sind.
 

Hitman


Frankreich, USA 2007 (Hitman) Regie: Xavier Gens mit Timothy Olyphant, Dougray Scott, Olga Kurylenko 92 Min. FSK: k.J.
 
Französische Produktionen schaffen es immer wieder, ausgetretene Genres mit neuer Ästhetik und Geschwindigkeit aufzufrischen. Diesmal kommt die Killer-Action nicht ganz so revolutionär daher. Aber der Hauptdarsteller Timothy Olyphant ("Stirb langsam 4.0") gibt der tödlichen Stilübung genügend ambivalenten Reiz.
 
Wie entscheidet ein "Guter", ob man töten soll? Diese auf Filmwelten beschränkte Moralfrage steht am Anfang. Für Hitman 47 eine schwierige Frage, denn er ist zwar ein perfekter Killer, doch Moral und Gefühl muss er erst im Laufe der Action entdecken. 47 ist ein genmanipulierter Spezialist, der von seinen Auftraggebern verraten wird und nun hinter die Kulissen blicken will. Dabei entdeckt er - getreu den Gesetzen des Genres und in Folge von "Blade Runner" & Co. - vor allem sich selber.
 
Das hört sich stark nach "Bourne Identität" an, hat auch stellenweise die gleiche Atemlosigkeit. Doch "Hitman" sieht Klassen besser aus! Nicht nur im Styling und in den raffinierten Choreografien der Action. Vor allem Timothy Olyphant hat im Vergleich zu Matt "Bourne" Damon die notwendige Ausstrahlung für einen echten Filmkiller. Reizvoll ist die Besetzung weil Olyphant in den Gesichtszügen eigentlich zu sensibel wirkt. Ein Schuss Ironie tut ihm gut, etwa wenn der coole Kerl im Umgang mit Frauen unfreiwillig komisch wirkt, weil sehr schön ungeschickt und halt unsensibel. Damit landet der "Hitman" im Einerlei der immer härteren und schnelleren Action einen guten Treffer.

5.12.07

Für den unbekannten Hund


BRD 2007 (Für den unbekannten Hund) Regie: Benjamin Reding, Dominik Reding mit Sascha Reimann (alias Ferris MC), Zarah Löwenthal, Lukas Steltner, Gunnar Melchers, Hedi Kriegeskotte 107 Min. FSK: ab 12

Basti kommt raus aus Knast und vermisst seine Playstation mehr als die Freundin. Basti saß wegen eines Bruchs nicht wegen des Mordes, der ihn in Albträumen verfolgt. Um seiner Wut und einer möglichen Erpressung zu entfliehen schließt er sich Handwerksgesellen auf der Walz an, geht für drei Jahre und einen Tag auf Wanderschaft. Nach ersten Schwierigkeiten freundet sich der beschränkte und egoistische Junge mit den altertümlich lebenden Gesellen und mit ihren seltsamen Regeln an. Das Handy landet im Teich, nur die Schuld lässt sich auch in langen Regennächten nicht wegwaschen. Und immer deutlicher wird, dass Bastis Opfer ein guter Freund seiner neuen Kumpel war.

Nach "Oi! Warning" schicken Dominik und Benjamin Reding in ihrem von der Filmstiftung NRw geförderten Nachfolger einen jungen Neonazi auf Lehr- und Wanderjahre, trumpfen mit knalliger Farbdramaturgie auf und fesseln mit einer mythische Sühne. Die Geschichte wiederholt sich, holt sich gar selbst ein. In vielen Szenen beeindruckend kraftvoll, immer stark, wenn Bastis Beschränktheit mit Lust und Klugheit aufgebrochen wird, kann dieser bunte "Hund" seine Spannung nicht durchgehend halten. Doch allein die gute Geschichte im ungewöhnlichen Milieu verdient das Prädikat "sehenswert" "Für den unbekannten Hund".

Mein bester Freund


Frankreich 2006 (Mon meilleur ami) Regie: Patrice Leconte mit Daniel Auteuil, Dany Boon, Julie Gayet, Julie Durand 94 Min. FSK: o.A.
 
François (Daniel Auteuil) ist ein erfolgreicher und raffinierter Antiquitätenhändler. Zum Entsetzen seiner Geschäftspartnerin Catherine (Julie Gayet) ersteigert er eines Tages eine antike Vase für 200.000 Euro. Sie zeigt Achilles und seinen Freund Patroklus. Prophetisch oder höhnisch? Denn provoziert durch den spontanen Kauf bekommt François, die traurige Gestalt, aufs Gesicht zugesagt, dass er keinen besten Freund, eigentlich gar keine Freunde hat. Der reagiert beleidigt mit einer Wette: Wenn er in zehn Tagen keinen besten Freund vorzeigen kann, verliert er die Vase.
 
Nun schickt Leconte seinen Lieblingsschauspieler Auteuil auf einen humoristischen Leidensweg: Witzig, wie François überall Freundschaften sieht, in der Werbung, den Kneipen und auf Kirchenplakaten. Albern, wie er sich Ratgeber in der Bibliothek sucht, Vorträgen lauscht. Tragisch, denn er möchte nun lernen, wie man sich für Menschen interessiert. Doch die Unfähigkeit zu spontanen Sympathie, die Verbautheit seines Denkens, die kein Mitgefühl herauskommen lässt, zieht nicht nur François runter. Zum ständigen Begleiter bei der Suchen nach einem Freund wird der joviale Taxifahrer Bruno (Dany Boon), ein redseliger, freundlicher Zeitgenosse, der François anfangs gehörig auf die Nerven geht. Die Freundschaft, die längst da ist, muss noch einige Proben, des sozial arg groben François überstehen und auch das Ende ist nicht eingängig oder einfach.
 
Menschliche Zustände, die Leidenschaften und auch immer wieder die Einsamkeit kostet Patrice Leconte gekonnt aus:
Er brachte Sandrine Bonnaire und Fabrice Luchini als "Intime Fremde" fast zusammen, ließ Vanessa Paradis als "Die Frau auf der Brücke" an der Seite von Daniel Auteuil leidenschaftlich verschwinden, den "Mann der Friseuse" liebesleiden und "Die Verlobung des Monsieur Hire" als bittersüße Stimmung endlos schmachten. Diesmal inszenierte der französische Meisterregisseur nicht das große Drama, sondern eher eine Nuance der comedie humaine mit leichter Hand. "Mein bester Freund" ist nur im Kern ein Buddy-Movie wie "Der Killer und die Klette" und fügt dem Konzept nachdenkliche Brüche hinzu. Auch wenn die Inszenierung Lecontes diesmal nicht durchgehend überzeugt, Daniel Auteuil gelingt dies jederzeit.

Mr. Magoriums Wunderladen


USA 2007 (Mr. Magorium's Wonder Emporium) Regie: Zach Helm mit Dustin Hoffman, Natalie Portman, Jason Bateman 94 Min. FSK: o.A.
 
Wie zaubert man (Leinwand-) Magie herbei? Ein wundersamer Laden voller Kinderspielzeug, bunt, verzaubert und verzaubernd, mit einem kauzigen, zerstreuten Besitzer, der das Herz am richtigen Fleck hat und auch immer für ein großes Strahlen in Kinderaugen sorgt. Hört sich schon mal gut an. Dass Dustin Hoffman diesen Mr. Magorium seltsam lispelnd grimassiert, irritiert anfangs, tut der magischen Sache aber keinen Abbruch. Vor allem, weil er immer häufiger leise lächelnd seinen Abschied andeutet. Mr. Magorium bereitet sich darauf vor, die Erde zu verlassen, weil er bereits das letzte Paar seiner auf Vorrat gekauften Schuhe trägt, dabei sei er doch erst 243 Jahre alt!
 
Schwerer fällt dieser Abschied seiner jungen Assistentin Molly Mahoney (Natalie Portman), einst eine erstaunlich talentierte Pianistin, die nun auf dem Weg zur Arbeit verzweifelt ihre eigene Melodie sucht. Sicher wird ihr dabei der fein polierte Block Holz helfen können, den sie von Magorium erhielt. Doch auch hier ist es eine Frage der Sichtweise, ob es Magie ist oder nur ein Stück Holz, bzw. Film. Einer hat begriffen, obwohl er gar nichts begreift: Mit dem Satz "Alles ist möglich" bekommt der steife und vertrocknete Buchhalter Henry einen Job in dem völlig verspielten Unternehmen. Es braucht jedoch die Hilfe des genialen aber einsamen Jungen Eric, um die große Traurigkeit Henrys wieder zum Spielen zu bringen.
 
Das Wohlfühlfilm-Tantra "Du musst an dich selbst glauben", ist nicht die schlechteste Aussage eines Films, wenn sie denn schön verpackt wird. Peter Pan konnte ohne nicht fliegen und dieser Film weiß auch nicht recht, ob er ab- und erheben soll. Das Thema Abschied wurde rührend umgesetzt. Die "Toy Story" mit Details animierter Spielzeug-Klassiker, ist witzig und originell. Im großen Finale hätte es auch etwas weniger sein können, zu bemüht dirigiert Natalie Portman mit ihrer neu entdeckten Magie die Farborgie des Ladens. Das konnte Dustin Hoffman vorher besser. Aber ihm ist ja auch eine spezielle Magie eigen.