Das Gesicht wahren
Die spanische Regie-Legende Pedro Almodovar ist mit „La piel que habito" (Die Haut, in der ich wohne) bereits zum fünften Male in Cannes und zum vierten Male im Wettbewerb. Diesmal präsentiert er mit dem ihm eigenen ästhetischen Augenkitzel, den knalligen Farben und der exquisiten Ausstattung einen komplexen und verschachtelten Thriller, der einigen Aufwand treibt, um zur großartigen Endszene zu kommen.
Antonia Banderas, der schon viel jünger bei „Atame - Fessle mich" mit Almodovar drehte, betreibt nun als Spezialist für Schönheits-Operationen ein Frankenstein-Labor in seiner Luxus-Villa. Seine Schöpfung Val, die er auf riesigen Bildschirmen beobachtet, reiht sich in die anderen Kunstwerke und Akte des Anwesens ein. Aber ihre Haut ist widerstandsfähig gegen Feuer und Stiche. Das erfährt Val, die ohne Scheren, Messer oder spitze Gegenstände eingesperrt ist, beim Selbstmordversuch mit der Kante eines Buchumschlages. Was Roberto wirklich mit Val vorhat, erklärt sich über Rückblenden zum Tod seiner Frau und dem Selbstmord seiner geisteskranken Tochter, die auf Freigang wohl vergewaltigt wurde. Mehr sollte nicht verraten werden. Nur noch, dass es wichtig ist, sein Gesicht zu wahren.
Almodovar hält sich von seinem Lieblings-Genre Melodram fern, spielt die Schrecknisse nur an. Das Ensemble mit Elena Anaya als Vera und Marisa Paredes als eingeweihte Haushälterin Marilia ist in großartiger Form. „La piel que habito" betreibt allerdings einen enormen Aufwand für eine grandiose Pointe. Doch wenn Almodovar erzählt, geht man die verzweigten Wege der Handlung gerne mit.