22.5.11

Cannes 2011 Interview Bouli Lanners LES GIANTS


Cannes. Zum Abschluss der jungen Cannes-Sektion „Quinzaine des Realisateurs" und als Geburtstagsgeschenk an ihn selber lief am Freitagabend „Les Giants" (Die Giganten) von Bouli Lanners, der 1965 in Kelmis geboren wurde, dort aufwuchs und jetzt in Lüttich lebt. Lanners macht Filme ohne je eine Filmhochschule besucht zu haben. Seine beiden letzten, „Ultranova" (2005) und „Eldorado" (2008), wurden mehrfach ausgezeichnet. „Les Giants" erzählt vom abenteuerlichen Sommer dreier verlorener und abgebrannter Jungen in den Ardennen und erhielt zwei der drei Preise der „Quinzain": Die der CICAE, der internationalen Vereinigung der Kunstkinos und der SACD, einer französischen Autoren-Vereinigung. Günter H. Jekubzik traf Lanners zum deutsch-französischen Interview an der Croisette.

 

Was hat dich bei „Les Giants" beeinflusst?

Ich habe zwei junge Anhalter getroffen und mir dann überlegt, dass ich etwas mit jungen Leuten machen möchte. Die so sind wie ich, als ich noch jung war und in Kelmis lebte. Danach habe Mark Twains „Huckleberry Finn" gelesen und den Film gesehen.

 

Sind Roadmovies dein Lieblingsgenre?

Ich mag es, wenn Menschen in Bewegung sind. Schon in Ultranova hatten die Figuren kein richtiges Zuhause. Eigentlich ist „Les Gigants" ja kein richtiges Roadmovie, denn die drei Jungen drehen sich eher im Kreis. Erst am Ende brechen sie auf.

 

Wieso spielen alle deine Filme in der Wallonie? Liegt das am Budget? Würdest du gerne mal woanders drehen?

Im nächsten Film gibt es eine Szene in Schottland. Auch in den USA würde ich gerne mal drehen, aber ich habe große Angst vorm Fliegen. Nächstes Jahr drehe ich in Kanada, aber ich fahre mit dem Schiff hin und bleibe drei Monate. Vielleicht werde ich dann dort etwas drehen.

 

Weshalb gibt es in Lüttich so eine lebendige Filmszene? Auch die Dardennes arbeiten hier.

Lüttich gefällt mir. Dort gibt es besondere Leute und wenn ich schreibe, finde ich auch die passenden Drehorte in der Umgebung.

 

Siehst du dich als Regisseur, Autor oder Schauspieler?

Eher als Autor und Regisseur. Aber es macht auch Spaß, zu spielen, weil ich dann andere Leute treffe und von den Regisseuren lernen kann. Das ist wichtig, weil ich Regie nie an einer Schule gelernt habe. Wenn ich große Publikumsfilme (wie den nächsten „Asterix") mache, bekomme ich Presseaufmerksamkeit, die ich für meine eigenen Autoren-Filme nicht erhalte.

 

Wie schwer ist es, deine Filme zu finanzieren?

Es geht, meine Filme hatten auf Festivals Erfolg und sie entstehen auch relativ günstig, haben nie mehr als 3 Millionen gekostet.

 

Du bist in einer Region mit mehreren Sprachen und Grenzen aufgewachsen? Hat dich das beeinflusst?

Es hilft mir. Wenn ich in Lüttich ein bisschen Deutsch spreche, glaube alle, dass ich sehr gut Deutsch spreche. Der ganze Sprachenstreit zwischen Flamen und Wallonen interessiert mich nicht. Den verstehe ich nicht.

 

Um dich herum sieht man öfters die gleichen Kollegen etwa den Wallonen Benoît Poelvoorde. Gibt es da Verbindungen?

Mit Poelvoorde bin ich seit 20 Jahren befreundet. Vielleicht denken die Leute, wenn sie den einen engagieren bekommen sie den anderen auch dazu.

 

Werden Sie in Frankreich als belgischer Schauspieler wahrgenommen?

Viele Leute wissen nicht mal, dass ich aus Belgien komme. Sie sehen nur den witzigen „Bouli". Aber dieses Jahr spiele ich für „Halleluja" etwas viel Dramatischeres zusammen mit Jeanne Balibar („Im Alter von Ellen").

 

Wie war die Arbeit mit den jugendlichen Darstellern? Würdest du das noch mal machen?

Das hat sehr viel Spaß gemacht, vor allem mit Zacharie Chasseriaud, dem Darsteller des kleinen Zak. Der besucht uns jetzt noch zuhause und ist wie ein Sohn. Mit ihm möchte ich eine Vater-Sohn-Geschichte machen.

 

Was bedeutet es, den Schlussfilm der Quinzaine zu haben? Bist du nervös?

Ich bin zu müde, um nervös zu sein. Aber auch froh, am Schluss in Cannes zu sein. Dann sind nicht mehr so viele Leute da. Es ist aber auch eine große Ehre, Regisseur vom Abschlussfilm zu sein!

 

Was wird dein nächstes eigenes Projekt?

Ich schreibe an meinem nächsten Film, der ein Krimi in einem Ardennen-Dorf wird. Es sterben zwei alte Personen und etwas aus der Vergangenheit kommt zurück.