2.2.12

Black Gold

Katar, Frankreich 2011 (Or noir) Regie: Jean-Jacques Annaud mit Tahar Rahim, Antonio Banderas, Mark Strong, Freida Pinto 130 Min.

Aqaba! Unvergesslich dieser Schlachtruf des „Lawrence von Arabien" vor einem halben Jahrhundert auf der ganz großen Leinwand (70mm mit Ouvertüre bei geschlossenem Vorhang)! Nun müssen wir Regie-Legende David Lean gegen Jean-Jacques Annaud („Am Anfang war das Feuer", „Der Name der Rose", „Sieben Jahre in Tibet") eintauschen und Aqaba gegen Doha, der Hauptstadt von Katar. Denn obwohl die Handlung ganz ernsthaft „Irgendwo in Arabien" angesiedelt ist, erzählt das teuerste und vom „Doha Film Institute" kräftig mitfinanzierte arabische Projekt seit „Lawrence" vor allem vom Selbstverständnis „moderner" Staaten am Golf. Habgier und Islamismus stehen sich gegenüber bis ein Messias alle Stämme versöhnen kann. Selbstverständlich scheppert es dabei kräftig in der Wüste und eine Armee von Kamelen bewältigt einen unmachbar erachteten Ritt - nach Aqaba!

Kamelleichen pflastern die Wüste als die beiden verfeindeten Stammesfürsten Nessib, Emir von Hobeika (Antonio Banderas), und Amar, Sultan von Salmaah (Mark Strong) den Frieden mit einem Pakt besiegeln: Zwischen ihren beiden Territorien soll der Gelbe Gürtel Niemandsland sein und Amars Söhne Saleeh und Auda leben als Geiseln an Nessibs Hof. Als eine Texanische Ölgesellschaft jedoch genau dort fündig wird, tauscht Nessib das Schwarze Gold gegen Wohlstand, Straßen und Elektrizität.

Das alles wächst in einer altmodischen Montage der Moderne, während des Emirs Gesandte auf dem Weg zum Scheich sind. Dieser studierte nach dem Tod seiner Frau den Koran und will weder für Geld noch für die Rückkehr seiner Söhne die Bohrungen in der entmilitarisierten Zone tolerieren. Während Bücherwurm Auda (Tahar Rahim) inzwischen Prinzessin Leyla (Freida Pinto), die Tochter seines Geiselnehmers heiratete, ermordet man Saleeh auf der Flucht. Nun soll Auda, auch „Sohn zweier Väter", bei dem leiblichen einen Frieden verhandeln. Die nicht wirklich schwierige Annäherung von Vater und Sohn, sowie die höchstens lächerliche Auseinandersetzung mit albern karikierten, fortschrittsfeindlichen Koran-Gelehrten führt zu einem verrückten Plan: Auda soll mit einer Armee aus Gefangenen 15 Tage lang ohne Wasser die Wüste durchqueren und Nessibs moderne Truppe ablenken, während der Sultan dessen Hauptstadt direkt angreift. Widerwillig folgt der brave Sohn dem Scheinmanöver, er brauche ja nicht wirklich zu kämpfen, solle sich nur zeigen. Doch als der chaotische Haufen angegriffen wird, erweist sich der Bibliothekar als raffinierter Guerilla-Streiter und schließlich als einender Führer der Wüsten-Stämme.

Dieses bemühte Wüsten-Epos sieht so aus wie es klingt: Einfache Dialoge machen klar, was nicht immer logisch ist. Schön kitschig die Bilder, schön trivial die internationale Besetzung. Was der Film zwischen all den sonnigen Aufnahmen nicht kann, ist den Reformer Auda als Sohn von Verwestlichung und fortschrittsfeindlichem Islam zum idealen Araber zu machen. Obwohl schon der Westen als netter Kerl vereinfacht wird sowie weit und breit kein Gaddafi zu sehen ist. Diese Mär klappte sogar bei „Metropolis" besser. Hier muss sich Doha vielleicht noch etwas Schlüssigeres als Staatslegende einkaufen. Kurios dabei, dass sich die Dreharbeiten in Tunesien nicht von der parallel stattfindenden echten Revolution haben stören lassen.

Der aus den Niederlanden stammende Drehbuchautor Menno Meyjes, der selten, aber dann eindrucksvoll mit „Ausnahmezustand" (1998) oder „Die Farbe Lila" (1985) im Abspann auftaucht, ist diesem Falle weniger interessant, als der Roman-Autor von „Der schwarze Durst", der Schweizer Hans Ruesch (1913 - 2007). Als Rennfahrer gewann Ruesch mehrere Grand Prix und als Journalist, der rechtzeitig den Nazi nach New York entkam, war er mit seiner Aufdeckung von Tierversuchen in „Nackte Herrscherin. Entkleidung der medizinischen Wissenschaft" schon Mitte der Siebziger Jahre seiner Zeit weit voraus.