23.2.12

The Nines (DVD)

USA 2007 (The Nines) Regie und Buch: John August, mit Ryan Reynolds, Melissa McCarthy, Hope Davis und Elle Fanning 100 Min.

Ist es ein Lynch? Oder ein aufgeräumter Kaufmann? Auf jeden Fall bekommt dieser „Nines" einen Platz im Regal der genial verrückten Filme zwischen „Southland Tales" und „Synecdoche New York".

Auf (mindestens) drei Ebenen spielen die gleichen Darsteller, allerdings veränderte Rollen. Ryan Reynolds (aktuell mit „Safe House" im Kino) zieht als TV-Star Gary, nachdem er die Klamotten seiner Ex und auch wohl sein eigenes Heim volltrunken niederbrannte und mit einer üppigen Prostituierten Crack ausprobiert hat, bis er mit seinem Auto Kopfstand machte, in einen luxuriösen Hausarrest. Während die PR-Agentin Margaret (Melissa McCarthy) Kindermädchen spielt, weist ihn die mysteriöse Nachbarin Sarah (Hope Davis) auf die Neunen hin, die er fortan überall sieht, bis sich diese Szene in weißem Licht auflöst. TV-Autor Gavin (Reynolds), der eigentliche Besitzer der Villa wird im Reality-TV-Stil mit Kameras dabei verfolgt, wie er seine neue Serie „Knowing" nicht an den Sender bekommt. Im Auftrag der Produzentin Susan (Hope) nimmt er seiner alten Freundin Melissa (Melissa McCarthy) die Rolle ab, für die sie „Gilmore Girls" aufgegeben hat. Und auch diese Episode endet mit einer Art „game over". Im Teil namens „Knowing" macht der Videospielgott Gabriel (wer wohl?) einen Ausflug mit Frau Mary (usw.) und Tochter Noelle, als er allein auf Sierra (S = Hope) trifft, die meint, er müsse seine Sucht aufgeben, in den Welten mitzuspielen, die er selber erzeugt hat. Alles klar? Vielleicht zur weiteren Verwirrung noch etwas Syntax des Films: Koalas sind die 8ten, die 9 ist der fast perfekte Schöpfer dieser Welt, aber kein Gott, der ist eine 10.

Die mysteriösen Zusammenhänge entwickeln sich bis zur schlüssigen Lösung zwar rätselhaft aber sehr humorvoll, wenn beispielsweise die Presse-Agentin erzählt, wie sie schon ein paar Zusammenbrüche von Robert Downey Jr. medial verarztet hat. Im autobiografischen zweiten Teil lässt der Erfolgsautor John August („Big Fish", „Charlie und die Schokoladenfabrik", „Charlies Angels"...) eigene Frustrationen miterleben. Versucht man nach den netten Verweisen auch zu entschlüsseln, wie sich die Ebenen mit den variierten Personen und den Referenzen aufeinander tatsächlich zueinander verhalten, kommt das Gehirn aus der Spur wie bei Lynchs „Lost Highway".

Doch die Auflösung ist - wenn man ein paar weitere Dimensionen zum normalen Leben zulässt - tatsächlich schlüssig. Nicht nur das, je mehr man drüber nachdenkt, umso mehr Bezüge werden deutlich. Dass Gavin in der zweiten Episode seine Hauptdarstellerin Melissa loswerden soll, die in Teil drei seine Frau ist, war auch schon ein Befehl von "oben", da noch vom Senderboss. Und den Notruf zu alarmieren, weil man keinen Bauchnabel hat, ist nicht nur dem Crack zu schulden. Zwar ist „The Nines" mit den drei konventionell hintereinander gezeigten Ebenen nicht so mutig konstruiert wie die Kaufmann'schen Rhizome „Being John Malkovic" oder „Synecdoche New York", aber dieser Film ist äußerst ungewöhnlich, weil sehr raffiniert eine Dimension außerhalb aller Handlungen aufgespannt wird.

Zurück zum Banalen: Ryan Reynolds kann sich in drei Rollen zeigen und macht das gut. Hope Davis' tolle Gesangseinlage „Is that all there is" muss man sich unbedingt in Englisch anhören, vor allem weil nicht nur sie sehr schlecht synchronisiert ist.

Eine amerikanische Special Edition enthält Deleted scenes, die Kommentarspur mit John August, Reynolds, McCarthy und Editor Doug Crise sowie unter vielem anderen auch den Kurzfilm „God" von August. Die deutsche DVD-Premiere ist ab dem 23. März 2012 zu haben.