16.2.11

The King's Speech

 

Großbritannien, Australien 2010 (The King's Speech) Regie: Tom Hooper mit Colin Firth, Geoffrey Rush, Helena Bonham Carter, Guy Pearce, Timothy Spall 118 Min.

 

Eine Rede! Ausgerechnet eine Rede! Diese Pest unserer Zeit, dieser artikulatorische Auswurf von institutionalisierter Eitelkeit, der in Kultur und Politik gefühlte Jahre an Lebenszeit vernichtet, Milliarden vom Bruttosozialprodukt raubt und so gut wie immer alle langweilt. Ausgerechnet eine Rede ist der Höhepunkt des absoluten Oscar-Favoriten „The King's Speech". Und was für ein Höhepunkt.

 

Doch zurück zum Anfang - einer Rede. Prinz Albert von York (Colin Firth) schreitet 1925 im Wembley-Stadion auf ein bedrohlich großes Mikrophon zu. Die nüchtern kalte Wand hinter ihm vermittelt sein Frösteln angesichts dieser Herausforderung, denn „Bertie", wie ihn Frau und Freunde nennen, kann selbst seinen beiden Töchter - die aktuelle Queen als kleines Mädchen - nur mit Mühen und stotternd etwas vorlesen. Eine Rede vor solch einer Menschenmenge ist eine Katastrophe - was sie denn auch wird. Eine Wand entsetzten Schweigens starrt ihn an. Albert erschrickt vor seiner eigenen Stimme. Sein Echo verlacht ihn.

 

Elizabeth (Helena Bonham Carter als später Queen Mum), die resolute Frau an seiner Seite, begibt sie sich als Mrs. Johnson in bürgerliche Abgründe, um mit selbstverständlicher Leichtigkeit und Spot eine Kur für das Sprechleiden zu finden. Nach vielen lächerliche Behandlungen und noch mehr Erniedrigungen für Albert, ist Lionel Logue (Geoffrey Rush) anders. In einer der mal wirklich zahllosen guten Szenen provoziert der einfache Australier den höchstrangigen Adeligen und will, um das Problem anzugehen, unter die Oberfläche dieser noblen Person. Es müsse nach seinen Regeln laufen und übrigens, hier wird nicht geraucht. Albert reagiert erst jähzornig, hat aber keine andere Wahl. So machen die beiden Witzfiguren bei Stimmübungen, atmen heiße Luft, denn „darum geht es doch bei öffentlichen Reden"!

 

Eigentlich geht es um einen übermächtigen Vater sowie einen spöttischen Bruder, den Thronfolger. Als der skandalöserweise eine geschiedene Amerikanerin heiratet, soll Albert nicht nur König werden, er muss sogar begnadeten Demagogen wie Hitler und Stalin entgegentreten. Dies auch noch in diese verdammten modernen Medien Film und Radio .

 

Die vielen Preise und Oscar-Nominierungen haben ausnahmsweise mal recht: Man weiß garn nicht, wo die Begeisterung für den wunderbaren, ausgezeichneten, in jeder Hinsicht gelungenen „King's Speech" ansetzen soll. Vielleicht damit, dass die sehr ausdrucksstarken Bilder mehr bieten als bei einem Oscar-Wohlfühl-Sieger üblich.

Es gibt mit Weitwinkel verzerrte Gesichter. Die Figuren sind zutiefst menschlich, sehen aber oft aus Karikaturen. Ihre Positionierung im Bild, die Verhältnisse von Vorder- und Hintergrund erzählen derart viel mehr als es „ausgewogene" Filme machen.

 

Der „Single Man" Colin Firth brilliert wie gewohnt, obwohl diese Präsenz, diese ernste Exaktheit immer wieder beeindruckt. Der australische Star Geoffrey Rush, bekannt aus „Shine" kann mühelos mithalten, wobei man sich die wunderbaren Dialoge mit Sprache über die Klassengrenzen nur im Original anhören sollte!

 

„The King's Speech" ist dabei durchaus sehr lustig, andererseits psychologisch ungeheuer spannend in der Rückkehr Alberts zum spielenden Kind, um an die Wurzel des Stotterns zu gelangen. So wurde aus Bertie König George VI., der bei Ausbruch des Krieges eine Rede für sein Volk halten muss. Dass die Redenproben mit Fluchen, Singen, Tanzen und vor allem mit Fluchen gelangen ist nun vergessen. Fast.