8.2.11

Die Kinder von Paris

Frankreich 2010 (La Rafle) Regie: Roseyln Bosch mit Jean Reno, Mélanie Laurent, Gad Elmaleh, Raphaëlle Agogué , Hugo Leverdez  120 Min. FSK ab 12

Montmartre 1942, Paris-Romantik pur. Mit ein paar Flecken. Die sind gelb und auf ihnen steht „Juif", Jude. Das Leben in den Viertel versucht nach dem Einmarsch der Deutschen wie gewohnt  weiterzulaufen. Die Kinder amüsieren sich mit Hitler-Parodien und wundern sich über den Gestank der Deutschen. Ein Priester trägt aus Solidarität den Judenstern. Doch während die Familie des trotzkistischen Handwerkers das Ende von Sabbat erwartet, verkauft die Pariser Polizei alle Juden der Stadt an die Nazis - mit der Versicherung „sich um alles zu kümmern".

Der lieblich klingende „Die Kinder von Paris" heißt im Original „La Rafle" und damit verbindet man in Frankreich „La grande rafle du Vél d'Hiv". Mehr als 13.000 Juden wurden am 16. und 17. Juli 1942 verhaftet. Zwar verbannte man sie in den Tagen vorher von der Akademie, von den Spielplätzen, trotzdem können sich die Menschen, die einst vor den Kosaken aus Polen flohen, nicht vorstellen, dass die Franzosen unter Petain zu ähnlich barbarischen Handlungen fähig wären. Doch diesmal nehmen sie sogar die Kinder mit! Das Entsetzen ist enorm, aber es wächst und wächst auf dem Weg dieser Menschen ins Verderben. Die Familien werden in einer riesigen Sporthalle interniert, ohne sanitäre Einrichtungen, ohne ausreichende medizinische Versorgung, sogar ohne Wasser. Als einziger Arzt müht sich Dr. David Sheinbaum (Jean Reno) um alle Kranken, vom Operationstisch Verschleppten und aus Krankenhäusern Abtransportierten.

„Die Kinder von Paris" verfolgt dabei verschiedene Schicksale: Die Tochter eines reichen Professors. Den niedlichen Junge, der seine Mutter sucht, die am ersten Tag der Deportation gestorben ist. Die nicht-jüdische Krankenschwester, die sich dem Kinderzug anschließt. Regisseurin und Drehbuchautorin Roseyln Bosch zeigt immer wieder Menschen, die sich entscheiden können. Für die Menschlichkeit oder für die Befehle. Neben der großen Erschütterung angesichts der grausamen und systematischen Ermordung, angesichts des Abtransportes der Kinder (ähnlich wie bei Wajdas polnischem Kinderarzt „Korczack") thematisiert der eindrucksvolle Film vor allem die Rolle der Franzosen, die sich zu gerne dienstbar machten und nicht nur gnadenlos, sondern sogar mit sadistischem Vergnügen rumkommandierten. Was führt diese Menschen zu schwer erträglicher Brutalität, mit der sie nicht nur Wertgegenstände rauben, sondern am Ende auch noch die Kinder von ihren Müttern trennen.

Belanglos und einziger Ausfall des Films ist Hitler als Kinderfreund auf dem Berghof, während er die Tötung von 100.000 Juden anordnet, wärmt sich am Herdfeuer, während Krematorien geplant werden. Diese Szenen wirken eher peinlich. Bei der Razzia, bei der 24.000 Juden auf den Listen von Bevölkerungszählungen standen, konnten 10.000 durch Hilfe von Nachbarn entkommen. Dass dies überhaupt geschehen konnte, wurde nach „La Rafle" in Frankreich heftig diskutiert.