15.2.06
Berlinale: Der rote Kakadu
BRD 2006 (Der rote Kakadu) Regie: Dominik Graf, mit Max Riemelt, Jessica Schwarz, Ronald Zehrfeld 100 Min.
Direkt von der Berlinale kommt der neue Dominik Graf in die Kinos. Der Münchener wurde bekannt durch gute deutsche Krimis. Angefangen bei "Die Katze" mit Götz George bis zum Münchener "Tatort", deren beste Folgen er inszenierte. Aber Graf macht auch innovative Projekte wie das auf Digitalvideo gedrehten Urlaubsdrama "Der Felsen" oder ein filmisches München-Essay.
Nun ging er nach Dresden für eine der in diesem Jahr auf der Berlinale selten gewordenen Ost-West-Vergangenheitsbewältigungen. Im Jahr 1961 feiert man den Sputnik und Gagarin. Der Bau der Mauer lässt noch vier Monate auf sich warten. Siggi (Max Riemelt) lebt bei seiner Tante und zeichnet. Allerdings immer die andere Sichtweise, er will den Sachen auf Grund gehen. Dabei trifft er auf DDR-Rocker, die sich in der Kakadu-Bar bei West-Rhythmen vergnügen. Siggi verfällt sofort der jungen Dichterin Luise (Jessica Schwarz), die allerdings mit dem Don Juan Wolle verheiratet ist. Doch für die Angebetete schmuggelt der Theater-Azubi Meissener-Figuren in den Westen und Devisen wieder zurück. Der sozialistische Alltag mit brutalen Vopos und hinterhältigen Stasis wirkt als Rahmen dabei ebenso thesenhaft wie viele Sätze.
"Rübermachen" oder nicht, ist die Frage. Siggi will. Luise meint, da bleiben und für eine bessere Gesellschaft kämpfen. Zuerst muss nur Bill Haleys "Let's rock" gegen DDR-Tänze aus der Retorte wie den Vostolochka mit der Patentnummer 4036 antreten. Dann dreht die Stasi aus den Taten jugendlicher Begeisterung einen Strick von Verrat und Misstrauen, wie einst die Gestapo und nur wenige Jahre vorher in den USA McCarthy. Am besten kommt die Atmosphäre noch durch die zeitgenössischen Originalsongs und die Filmmusik rüber, die der Ex-Aachener Dieter Schleip komponierte. Einer aus der vertrauten Graf-Familie, die hier wieder zusammen wirkte.
Dieser Graf ist ansonsten brav. Der Countdown bis die Mauer endlich kommt, erweist sich bei diesem sehr konventionellen und unter anderem von Sat 1 produzierten Graf-Film als ziemlich zäh. Gefühl für die Zeit kommt wenig auf, die einmontierten Erinnerungen an Dresdener Bombennächte sind arg grob. Was trotz der wenig einfühlsamen DDR-Verurteilung bleibt, ist Erschrecken über eine besonders rigide Phase der Unterdrückung in der DDR. Für Wolle gab es drei Jahre Haft und Arbeitlager, was zu dieser Zeit oft Tod bedeutete. Der Film vollstreckt sofort. Auch wenn Luises kreativer Geist hinter der Mauer verkümmerte, behielt sie letztendlich recht, wenn man diesen Film sieht: Im Westen kann man auch nicht frei und vernünftig künstlerisch arbeiten.