5.11.12

More than honey

Schweiz 2012 Regie: Markus Imhoof 92 Min.

Ein veritabler Alm-Öhi stapft den Berg hinauf, um nur durch Pfeife und Hut geschützt, er einen ausgeflogenen Bienenstock vom Baum zu pflücken. Hier in der Schweiz beginnt die autobiographische Geschichte vom Regisseur Markus Imhoff, der den Imker nicht nur fast im Namen trägt. Es ist die Geschichte vom Großvater, dem Patriarchen, dessen Konservenfabrik zwar pleite ging, ihm blieben aber die Bienen. In seinen Worten „die Liebesboten der Blumen, die ja nicht über die Wiese laufen und sich umarmen können". Für den Imker von „Miller Honey Farms" ist das Summen der Bienen hingegen „the sound of money".

Die kalifornischen Mandelplantagen reichen bis zum Horizont. Da begreift man, dass sich dieses Geschäft in Mallorca mit den kleinen Parzellen nicht mehr lohnt. (Der Mandel-Mogul heißt auch noch Paramount, genau wie der Filmkonzern, der mit solchen Leuten wie Autoren-Filmern wie Imhoff selten was zu tun hat.) Während Mastroianni als „Der Bienenzüchter" von Angelopoulos noch einen alten Laster für seinen Zug mit den Jahreszeiten nutzte, werden die Stöcke in Nordamerika mit riesigen Trucks über 2700km durchs Land gefahren.

„Ein Drittel, von dem was wir essen, sei von den Bienen abhängig", meint der Film und erstaunt mit vielem anderen. Markus Imhoof begab sich auf eine Weltreise, um die Gründe des verbreiteten Bienensterbens zu finden. Was das Thema Pflanzengifte mit diesem fröhlichen amerikanischen Massen-Imker macht, vermittelt das Ausmaß dieser Bedrohung. Die Aufnahmen unter einem Gift-Pelz qualvoll langsam sterbender Bienen tun ihr übrigens. Milben sind andere Feinde und es ist der reine Horror, dies in Großaufnahme zu sehen. Ganze Völker verschwinden - ein Rätsel und auch Science-Fiction, wenn sich Wissenschaftler das Bienenvolk als einen einzelnen Organismus vorstellt. Gegen diese Gefühle einer großen Familie schneidet Imhoff dann die maschinelle Ernte der Waben, bei dem auf dem Fließband keine Rücksicht auf die einzelne zerquetschte oder zerrissene Biene genommen wird. Diese Aufnahmen sind ähnlich verstörend wie „Unser täglich Brot". Die Quintessenz von weiteren Ausflügen nach China und Australien ist ähnlich: Die Bienen sterben an der Summe von allem, sie sterben am Erfolg der Zivilisation, am Menschen. „Auch wer sich vegetarisch ernährt, ist abhängig von industrieller Tierhaltung."

Von unglaublichen Luftaufnahmen der Paarungen bis zum banalen Verpacken und Versenden von handverlesen gezüchteten Königinnen mit der Post (60 € das Stück) zeigt sich die sehr aufwändige Produktion „More than honey" mit ihrem prägnant verstärkende Score (Musik: Peter Scherer) auf einer Höhe mit aktuellen Naturfilmen. Die mit vielen faszinierenden Informationen eröffnete Gedankenwelt hebt sich allerdings sehr positiv von der üblichen Vermenschlichung und dem pseudo-religiösen Gebrabbel ab.