BRD, Russland. Lettland, Weißrussland, Niederlande 2012 (V Tumane) Regie: Sergej Loznitsa mit Vladimir Svirski, Vlad Abashin, Sergei Kolesov 127 Min.
In seinem zweiten Spielfilm nach dokumentarischen Arbeiten beweist Regisseur Sergei Loznitsa („Mein Glück", 2010) nicht nur sein enormes Können, er erzählt auch eine packende und bewegende Geschichte auf der Basis einer Novelle von Wassil Bykau (1924-2003): Während der deutschen Besatzung Weißrusslands wird der Eisenbahnarbeiter Sushenya (Vladimir Svirski) in einer Winternacht aus seiner bescheidenen Hütte geholt. Ein Widerstandskämpfer lässt seinem vertrauten Gefangenen etwas Zeit für den Abschied von der Frau, bevor die beiden Männer im Wald auf einen dritten treffen und zur Hinrichtung schreiten. Nun will Sushenya nicht im Sumpf erschossen werden, der ernsthafte, stille Weg zu einem besseren Ort zum Sterben gibt dem Schicksal Gelegenheit für ein paar Kapriolen und dem Film Zeit für genau drei Rückblenden in die Vergangenheit der Männer.
Der schon immer nachdenkliche Sushenya will eigentlich nicht, dass Schienen zur Sabotage der deutschen Armee gelöst werden. Man wisse ja nicht, wen es noch trifft. Nun, ausgerechnet seine Mitarbeiter werden von der Wehrmacht gehängt, ihn lässt der Kommandant frei - eine besonders perfide Strafe. Denn jetzt verdächtigt ihn jeder und der Widerstand kann in der bekloppten Logik des Feinddenkens nur die Todesstrafe ausführen. Die Freilassung ist das Todesurteil. Seine beiden Henker Burov und Voitik schlossen sich aus ganz unterschiedlichen Gründen den Partisanen an, dem einen wurde der Laster enteignet, der andere erlebte die Ermordung einer ganzen Familie, die ihm Brot gegeben hatte.
Bevor die Hinrichtung erfolgen kann, kommt es zum Gefecht mit weißrussischen Kollaborateuren. Ein Partisan wird schwer verletzt, doch Sushenya nutzt keine der vielen Gelegenheiten zur Flucht. Obwohl niemand ihm glaubt, bewahrt er sich seine Integrität und Humanität, auch wenn es ihm das Leben kostet. So schleppt er den Verwundeten durch den Wald, verfolgt mit grausamer Konsequenz selbst das Urteil gegen ihn.
Der 1964 geborene Sergei Loznitsa erzählt von dieser nur in Moral und Charakter fundierten Zwangsläufigkeit in einem hypnotisch ruhigen Stil und sparsamen, langen Einstellungen. Es ist eine literarische Exaktheit, in diesen Figuren und Umständen, die intensiv fesselt. Mehr als Erklärungen oder Gespräche spiegelt Natur innere Zustände wieder. Ganz in der Tradition Andrej Tarkowskis bis zum ergreifenden Schlussbild, einem Standbild der Seele wie in dessen „Nostalgia". „Im Nebel" ist der Gewinner des Kritikerpreises von Cannes 2012.