Venedig. Filmfestivals, vor allem die anspruchsvollen, sind nicht witzig! Sie blicken auf das Elend unserer Erde, sie stellen Sinnfragen, aber sie sind selten komisch. Da erfreute Venedig bei seiner 65. Ausgabe direkt zur Eröffnung mit einer Komödie. Und zahllosen Stars, die man so seltsam selten gesehen hat. Wie sich Clooney und Co. zum Affen machen, ist der größte Spaß bei „Burn after Reading". Die Coen-Komödie bestimmte den ersten Tag in Venedig – so weit, dass selbst in den Vorführung anderer Filme der Fan-Lärm um die umjubelten „Burn"-Stars zu hören war.
Coens können keine Komödien! Dieser Ausspruch mag verwegen klingen, hatte man doch ziemlich viel Spaß bei der originellen Mörderei und den Schlachtfesten von „Fargo" und anderen Gangsterfilmen. Und das Filmemachen beherrschen die Brüder aus den USA ganz hervorragend, wie sie mit ihrem letzten Meisterwerk, dem Oscar-Absahner „No Country for Old Men", eindringlich bewiesen. Aber Komödien? Nach der ersten Vorführung von Venedigs Eröffnungsfilm „Burn after reading", der lange nur verhaltene Lacher erntete, muss man Bedenken anmelden.
Sie können komische Typen. In „Burn after reading" sind eigentlich alle Figuren ein Witz. Was besonders gut bei Stars wie George Clooney und Brad Pitt wirkt. Letzterer gibt den Fitness-Studio-Hampelmann Chat, der Bildung, Erziehung und Rollenvorbilder komplett aus irgendwelchen Übungsleiter-Videos gewonnen hat. Seine affige Frisur konkurriert mit den Bubi-haften Klamotten und die Aerobic-Gestik übertrifft alles. Chats Versuch, mit einer CD voller vertraulicher Daten, den Ex-CIA-Mitarbeiter Cox zu erpressen, muss kläglich scheitern. Wie alle Gangster in Coen-Filmen verhält er sich dämlicher als es die Polizei erlaubt. Doch auch Cox ist eine Glanznummer aus dem Schauspielfach Karikatur. John Malkovich zeigt als kahlköpfiger Choleriker wieder eine neue Facette seines Könnens. Frustriert von der Ignoranz seiner Umgebung kündigt Cox, worauf seine herrische Frau (Tilda Swinton) über Scheidung nachdenkt und nicht nur die Finanzdaten vom heimischen Computer kopiert, sondern auch die Anfänge einer Biografie des CIA-Mannes. Dass die Daten auf CD ab jetzt die Runde machen, jeder mit jedem ins Bett geht, und nicht nur der unter Verfolgungswahn leidende Harry Pfarrer (Clooney) dauernd einen Beobachter in der Nähe hat, gehört zu den Details einer Handlung, die munter vor sich hin purzelt. Den besten Kommentar liefert ein CIA-Boss, der anfangs meinte „Einfach laufen lassen". Am Ende lautet die Moral: Was haben wir daraus gelernt? Wir sollten das nicht noch mal machen! Was auch immer es war.
Vielleicht war es keine Komödie? Denn selten sah man so viele traurige Figuren tragisch an ihren lächerlichen Lebensentwürfen scheitern. Diese Pläne, seien es Schönheitsoperationen, Wohlstand, Fitness oder sexuelle Erfüllung sollte man vielleicht verbrennen und die Biographie entspannt von Leben selber schreiben lassen.
Doch so schlimm war es gar nicht, im Gegenteil recht unterhaltsam. Doch wenn die Coens keine Komödien machen, sind sie noch besser und oft auch komischer. So vernimmt man in Venedig mit gemischten Gefühlen, dass „Burn" der Abschluss einer Idioten-Trilogie mit George Clooney war, die Brüder aber durch aus auch ein Trippel der Dämlichkeit mit Brad Pitt vorstellen könnten. Zum Glück laufen vorher noch ein paar andere Filme in Venedig, wo heute der Wettbewerb mit Christian Petzolds „Jerichow" richtig beginnt.