1.2.22

Ballade von der weißen Kuh


Iran, Frankreich 2020 (Ghasideyeh gave sefid) Regie: Behtash Sanaeeha, Maryam Moghaddam, mit Maryam Moghaddam, Alireza Sanifar, Pourya Rahimisam, 105 Min., FSK: ab 12

„Sicher ist, dass es Gottes Wille war" – so einfach lässt sich auch ein Fehlurteil mit Hinrichtung vom bürokratischen Tisch wischen. Dieser Spruch eines hochgestellten Richters im Iran genügt eigentlich als unwiderlegbares Argument gegen die Todesstrafe. Die Szene, in der die Witwe des unschuldig zum Tode Verurteilten vom Fehlurteil erfährt, ist herzzerreißend und erschütternd. Schwer zu ertragen, wie Maryam Moghaddam diese leise schreiende Mina spielt. Moghaddam ist Ko-Regisseurin und übernahm die Hauptrollen in diesem sehr sehenswerten Film über grausame Spiele des Schicksals.

Mina bewältigt als alleinerziehende Mutter einer gehörlosen Tochter weiter den Alltag. Schwager und Schwiegervater helfen nicht, sondern versuchen wenig subtil, die Kontrolle über die alleinstehende Frau zu erringen. Eine Klage gegen das Sorgerecht gehört dazu. Ämter sind trotz des Justiz-Irrtums nicht hilfreich, selbst Kindergeld wird verzögert. Zudem droht ein Rauswurf aus der Wohnung, weil es im Iran nicht schicklich ist, dass eine Frau alleine wohnt.

In all dieser Verzweiflung taucht ein Fremder namens Reza (Alireza Sanifar) auf. Er sei ein Freund des hingerichteten Mannes und wolle eine finanzielle Schuld begleichen. Dass er eigentlich anders heißt und ihn eine ganz andere Schuld quält, ist schnell zu erahnen. Es handelt sich um einen der Richter, der das Fehlurteil fällte. Als einziger lässt ihn das Gewissen nicht mehr weiterarbeiten, was ihm viel Druck von dem Vorgesetzten einbringt. Freigestellt kümmert sich „Reza" um eine neue Wohnung für Mina und hilft ihr auch im Sorgerechtsstreit. Es könnte sich trotz der Lüge eine Beziehung entwickeln, da meldet sich das Schicksal ein zweites Mal.

Das konkret im iranischen Leben verankerte Drama ist gleichzeitig eine universale moralische Lehrstunde. Mit gnadenloser Bitterkeit entwickeln sich unweigerlich die Folgen falschen Handelns.