30.9.13

Gravity

GB, USA 2013 Regie: Alfonso Cuarón mit Sandra Bullock, George Clooney 91 Min., FSK: ab 12

Mitten im Ozean allein unter Haien oder allein im Weltall ohne Funkkontakt. Die ganz einfachen Geschichten sind manchmal die effektivsten: Es könnte so schön bleiben: Matt Kowalsky (George Clooney) spielt mit seinem Jet-Pack draußen vor dem Space-Shuttle rum, labbert Huston mit alten Geschichten voll und würde gerne den Rekord in Sachen Weltraumspaziergang einem Russen wegschnappen. Doch dann schlagen Ruckzuck Trümmerteile eines Satelliten ein, die Astronautin und Wissenschaftlerin Dr. Ryan Stone (Sandra Bullock) schwebt völlig losgelöst im Weltall.

Schon diese Szene schlägt voll ein, nach der Spannung auf das Erwartete und Angekündigte steigert sich die vorher spielerische Bewegung in der Schwerelosigkeit zu einem radikalen Ballett aus Technikteilen und verlorenen Menschen. Die Musik legt unüblich einen sphärischen Elektrosound drüber und so packt die kurzatmige Verzweiflung von Stone, die im Raumanzug orientierungslos umherkreiselt noch mehr. „Gravity", dieser zeitweise extrem beklemmende Film, ist nichts für Menschen mit Platzangst.

Doch zum Glück gibt es auch noch Kowalsky, einen Schwätzer und Charmeur, der selbst Lost in Space noch über Blaue Augen faselt und Stone damit tatsächlich beruhigt. Nicht aufgeben und Nicht aufregen, sind die Regeln mit denen der „Busfahrer" die geniale Wissenschaftlerin an die Leine nimmt. Denn ihr Sauerstoff geht zuneige und beide haben noch einen weiten Weg vor sich, zur internationalen Raumstation (ISS), die nur als weißer Punkt am Firmament zu sehen ist. Ob der Treibstoff des Jetpacks bis dahin reicht und ob die beiden sich irgendwo festhalten können oder vorbeirasen, bleibt sehr spannend.

Doch gleichzeitig schleicht sich eine andere Ebene des Films unter die Haut. Denn eigentlich kämpft Ryan vielmehr mit dem Tod ihrer Tochter im Alter von vier Jahren als ums Überleben. Damit ist „Gravity" seinem esoterischen Historien-Film „Tree of Life" viel näher als vergleichbaren Science Fiction wie „Silent Running". Von dem Sci-Fi-Kram gibt es allerdings auch genug: Eine brennende Raumstation, Raumkapsel an Jojo-Leinen und ein gigantisches Feuerwerk, das in seiner herrlich beiläufigen Inszenierung besser aussieht als die Zerstörung des Todessterns. Alfonso Cuarón („Y Tu Mama Tambien", „Harry Potter - Der Gefangene von Askaban", „Children of Men") kann inszenieren - auch so etwas mit tollen Luftaufnahmen und atemloser Spannung!

Der kurze und packende Film lebt auch von Faszination einer Welt über uns, in der man von Raumstation zu Raumstation hüpfen kann, sich hier mal ein Shuttle ausleiht und dort eine Landefähre kapert. Cuarón, der auch immer etwas vom Menschsein im Zusammenhang der ganzen Schöpfung erzählen will, macht mit vielen Blicken auf die Schönheit der Erde oder eines Sonnenaufgangs Lust auf das Leben. Genau das versucht Kowalsky der wortwörtlich lebensmüden Ryan Stone beizubringen: Auch wenn es mal nicht optimal läuft, ist das Leben doch „a hell of a ride", ein verdammter Spaß!

Nebenbei läuft noch ein ganz anderer Film ab, der stark für Mülltrennung im Weltall plädiert: Denn durch die Zerstörung eines Satelliten ereignet sich eine Kettenreaktion, die zwar für schöne Meteoriten-Regen am Himmel sorgt, aber auch die weltweite Satelliten-Kommunikation zerstört. Und das Sat-TV. Und das GPS... So bekommen die etwas überdeutlichen Bilder einer Wiedergeburt von Ryan, der Wiederholung des evolutionären Übergangs vom Wasser an Land eine ziemlich schwere Bedeutung. Eine neue Menschheit wird geboren. Aber das wird wohl im Teil 2 ausgeführt.