23.9.13

Not fade away

USA 2012 (Not fade away) Regie: David Chase, mit John Magaro, Jack Huston, Bella Heathcote, James Gandolfini 113 Min. FSK ab 6

Das Debüt eines 76-Jährigen als Autor und Regisseur kann man kaum als überraschend bezeichnen, wenn er zudem als Soprano-Produzent berühmt und bekannt ist. Dass David Chase noch einmal den Träumen der Jugend und junger Erwachsener voller Hoffnungen hinterher jagt, dass ist eine tolle Entdeckung, die perfekt inszeniert und mit Soprano-Boss James Gandolfini in einer seiner letzten Rollen begeistert.

Die USA haben der Welt zwei Erfindungen gebracht: Atomwaffen und Rock'n'Roll. Welche sich letztendlich durchsetzen wird, ist die Frage der Erzählerin dieses wunderbaren Films, der kleinen Schwester des jungen Douglas (John Margaro). Für ihn, den Rebellen einer bürgerlichen, italienisch-stämmigen Familie im New Jersey der 60er Jahre, stellt sich die allgemein gültige, moderne Wohlstandsfrage, was er mit seinem Leben anfangen will.

New Jersey 1964: Der Tod Kennedys und ein neuer Hit der Beatles sind die Ereignisse des Moments, die Leute lernen mühsam die richtigen Worte für Schwule und Schwarze. Mick Jagger war noch sexy. Und Bands wie die von Douglas coverten deren Song "Not fade away", der wiederum von Buddy Holly stammte. Das Schlagzeug von Douglas bringt ihn in die Band. Dass der sehr Talentierte bald auch Leadsänger und Song-Schreiber der Truppe wird, führt zu den üblichen Querelen. Auch die erste, große und schöne Liebe von Douglas mit dem zukünftigen Modell Grace (Bella Heathcote) kommt dabei unter die Räder. Die Beziehung mit dem schwer arbeitenden Vater (James Gandolfini), der auch noch unheilbar erkrankt, eskaliert. Dabei geht es nicht nur um die Ablehnung des Vietnam-Krieges, die Ablösung zum Erwachsensein, sondern auch um die Musik, für die Douglas sein Studium sausen lässt.

Musik ist große Kunst für ihn, spielt die wichtigste Rolle in diesem für alle Wünsche und Figuren sehr liebenswerten und alters-milden Film. Dazu spielen am Rande andere Meisterwerke der Zeit wie „Touch of Evil" von und mit Orson Welles sowie der Dietrich. Antonionis "Blow up" kommentiert Douglas mit "was ist das für ein Film, nichts passiert". Allerdings passiert in "Not fade away" auch nicht so viel. Zumindest nicht viel, was man nicht schon sehr oft gesehen hätte. Das allerdings aufs Allerbeste und Edelste inszeniert. Unwiderstehlich gewinnt einen der Film mehr und mehr. Am Ende bleiben seine bittersüße Melancholie und ein großes Glücksgefühl.

Die Musik-Auswahl ist wie einst in "Sopranos" allererste Sahne, jedoch niemals aufgesetzt sondern ganz fein verzahnt. So verstehen wir mit Douglas, was der Blues ist, wenn er am Ende auch einen dieser "Früh am Morgen"-Momente hat. Dass „Not fade away" direkt neben Cameron Crowes „Almost Famous" ein edles Stück in der Musikfilm-Sammlung wurde, ist nicht verwunderlich, war Chase doch selbst in seiner New Jersey-Jugend Drummer einer Band. Was dem auf seine Art und in seiner Stimmung perfekten Film damit fehlt, ist das Raue, Wilde, das Filmemacher, die näher an dieser Lebensphase sind, unbedingt herausschreien müssen.

In der warmen Milde eines späten Rückblicks suhlen sich tolle Schauspieler. Vor allem kann man noch einmal den im Juni verstorbenen James Gandolfini erleben, mit einer Rolle, die der in „Romance & Cigarettes" verblüffend ähnlich ist. Alle und alles zusammen ergeben eine Filmperle, die im Bann hält, bis zur vorerst letzten Straßenkreuzung, verloren auf dem Sunset Boulevard, der Gabelung zwischen Musik und Film in einer Schlussszene für die Ewigkeit und fürs Filmmuseum.