Großbritannien, USA 2011 (My Week With Marilyn) Regie: Simon Curtis mit Michelle Williams, Eddie Redmayne, Kenneth Branagh, Julia Ormond, Judi Dench, Emma Watson 104 Min. FSK ab 6
Man glaubt sie zu kennen und doch hält sich die Medienwelt dran, auch Jahrzehnte nach ihrem Tod im August 1962, irgendwelche Rätsel um Marilyn Monroe entschlüsseln zu wollen. Simon Curtis nähert sich in seinem wunderbaren Film „My Week With Marilyn" der Ikone geschickt von einer unverdächtigen Seite. Der junge, aufgeweckte und gebildete Colin Clark (Eddie Redmayne) aus bester britischer Familie will zum Kino und belagert 1954 hartnäckig die Schauspiellegende Sir Laurence Olivier (Kenneth Branagh). Endlich bekommt er die völlig unbedeutende Stelle des dritten Regie-Assistenten bei der Komödie „Der Prinz und die Tänzerin". Schnell dreht sich alles um den Filmstar Monroe (Michelle Williams), der nicht nur mit den üblichen Presse-Hyänen und einem Haufen Britishness konfrontiert wird, es muss auch größte Schwierigkeiten mit der Persönlichkeit von Laurence Olivier geben. Denn hier trifft der vielleicht größte Schauspieler seiner Zeit (meinen auf jeden Fall Shakespeare-Fans), der ein Star sein will, auf den größten Star, nicht nur seiner Zeit, der ernsthaft schauspielern will. Die unsichere, immer mal wieder von Tabletten oder Alkohol außer Gefecht gesetzte Marilyn wappnet sich zwar mit der wiederum auf ihrem Gebiet berühmt - und berüchtigten - Method Acting-Beraterin Paula Strasberg (Zoë Wanamaker), doch die Aufnahmen sind eine Katastrophe. Super-Ego und oft auch -Ekel Olivier macht immer genau das Richtige, um den letzten Rest Selbstbewusstsein des Sexsymbols zu untergraben. Beispielsweise indem er sie als solches bezeichnet. Der junge Colin hingegen scheint die auch erst Dreißigjährige zu verstehen und lässt sich verstehen, dass er „auf ihrer Seite ist". Zum anfänglichen Entsetzen aller Beteiligten wird Colin für ein paar Tage zu Monroes Ersatzdroge - Arthur Miller hat gerade aufgegeben. Der reale Colin beschreibt dies vierzig Jahre später in „The Prince, the Showgirl and Me" als seine erste Liebe.
„My Week With Marilyn" erzählt an sich schon eine sehr schöne Geschichte von den Kinoträumen, den scheinbaren Realitäten dahinter, die wiederum neue Träume werden. Dabei kann Regisseur Simon Curtis neben den gespielten Legenden auch ein paar aktuelle wie Judi Dench als grandiose Dame mit rührender Menschenkenntnis, Derek Jacobi als Bibliothekar und Kenneth Branagh als Laurence Olivier auf die Leinwand bringen. Der Shakespeare-Darsteller und -Regisseur Branagh arbeitet sich noch ein wenig an seinem großen Idol ab, dem er mittlerweile als Schauspieler, aber ganz sicher als Regisseur ebenbürtig wurde. Die Sensation von „My Week With Marilyn" ist jedoch, neben dem eindrucksvollen Jung-Darsteller Eddie Redmayne, eindeutig Michelle Williams. Sie setzt nach „Wendy and Lucy" (2008), „Synecdoche, New York" (2008) und „Blue Valentine" (2010) ihre Reihe eindrucksvoller Rollen fort. (Der Western „Meek´s Cutoff" wartet nach einem kleinen Kinostart im letzten Jahr noch auf die DVD-Auswertung.) Williams gelingt es gleichzeitig, die Illusion Marilyn zu erschaffen und eine eigenständige Figur für diesen Film zu kreieren. Ihre Selbstzweifel, die Verführungskünste, die echte oder gespielte Hilflosigkeit und Suche nach dem beschützenden Daddy, all das stimmt und bekommt mit einer recht bewussten Entscheidungen der Marilyn für die Rolle der Monroe noch eine besondere Note. So beglückt die Filmgeschichte mit schönen Anekdoten aber vor allem mit glaubwürdigen Menschen. Was in diesem Fall besonders schwierig war, gehören doch zwei von ihnen zu den sogenannten Ikonen des Kinos.