Großbritannien 2011 (Bel Ami) Regie: Declan Donnellan und Nick Ormerod, mit Robert Pattinson, Uma Thurman, Christina Ricci, Kristin Scott Thomas, Colm Meaney, Philip Glenister 102 Min. FSK ab 12
Pattinson oder Maupassant. Vampire oder ein noch älterer, französischer Autor. Es hängt alles davon ab, von welcher Kultur-Ecke man sich diesem „Bel Ami" nähert. Eine mäßige Literaturverfilmung mit einem schwachen Hauptdarsteller sehen die einen, den „Twilight"-Helden Edward Cullen in komischen Kostümen die anderen. Aber die wissen ja, dass ihr Liebling schon einige Epochen überlebt hat. Also wird ihm auch dieser Ausflug in eine halb-seriöse Produktion nichts anhaben.
Der junge Kriegsveteran Georges Duroy (Robert Pattinson) darbt verarmt im rauschenden Paris. Algerien oder Afghanistan, irgendeiner dieser Kriege spuckte ihn ohne Bildung oder Vermögen aus, mit dem letzten Geld will er sich im Variete etwas Sex kaufen und trifft einen ehemaligen Vorgesetzten. Diese Begegnung wird Georges Leben nachhaltig verändern. Der Zeitungsredakteur Charles Forestier (Philip Glenister) stellt ihn ein, den Text über seine Algerien-Erfahrungen - es ist um 1890, Frankreich musste noch um diese Kolonie kämpfen - schreibt praktischerweise direkt Forestiers Ehefrau Madeleine (Uma Thurman). Überhaupt sind es die Frauen, die alle Fäden in den behandschuhten Händen halten. Bis hin zum Regierungswechsel - die man zwar noch in Herrenrunde bei Zigarrenrauch beschließt, doch die Entscheidung fiel längst in Madeleine Forestiers Salon.
So schläft sich Georges durch die Damenriege und über sie hoch. Clotilde de Marelle (Christina Ricci) liebt ihn aufrichtig, Madame Rousset (Kristin Scott Thomas), die Frau des Herausgebers Monsieur Rousset (Colm Meaney), kann den Avancen des jüngeren Mannes nicht widerstehen. Und selbst die sehr kluge Madeleine lässt sich vom immer gerissener werdenden Intriganten vormachen, er hätte ein Herz. Nach dem Tod ihres Mannes geht sie aus rein praktischen Gründen eine Ehe mit dem neuen Klatschspalten-Schreiberling Georges ein. Er wird gebraucht, weil die intelligentere Frau nicht selbst veröffentlichen kann. Dass er glaubt, endlich am Ziel seines Schmachtens zu sein, dass er die überlegene Frau gegen alle Vernunft als Liebesobjekt besitzen will, macht seine verletzte Rache später um so brutaler. Doch der ungebildete Emporkömmling, der immerhin schnell lernt, wird noch ein Opfer zugrunde richten. Jetzt starrt die (Salon-) Gesellschaft mit Schrecken auf das Monster, das sie geschaffen hat. Das mit den herzlosen Wesen kennen wir wiederum schon von den Vampiren...
Wieder ist Pattinson schön, bemerkenswert schön. Zwar glitzert diesmal nicht seine Haut wie beim Vampir Edward, doch es glänzen die Augen der Damen in den Salons. Die Kriege für Öl oder Ähnliches, der unverschämte Reichtum, die schnellen Erfolge mit Börsen-Spekulationen, Politiker, die vor allem an den eigenen Reichtum denken - dieser „Bel Ami" von den Kinoregie-Debütanten Declan Donnellan und Nick Ormerod nach dem Roman von Guy de Maupassant ist eigentlich sehr aktuell. Doch diese Themen laufen nur als Dekoration mit, während die Dekoration zur Hauptsache wird: Pattinson mit nacktem Oberkörper und langen Unterhosen, die tollen Kostüme. Da „Bel Ami" vor allem wegen Robert Pattinson gesehen wird und nicht wegen einem Guy de Maupassant, könnte man sich die Ausstattung eigentlich sparen. Aber das forderte doch zuviel Transferleistung und würde bedeuten, es ginge um die Essenz einer Literatur und nicht um den Schein des „Twilight"-Stars. Wobei, wie schnell der Schnösel arrogant wird, das steht ihm. Existenzielles Drama hingegen müssen exzellente Schauspiel-Kollegen wie Kristin Scott Thomas übernehmen. Uma Thurman kann bei dem ersten Treffen Staunen und Verachtung gleichzeitig im Blick spiegeln. So lohnt es sich in einer doppelten Umkehrung der Verhältnisse dann doch wieder für die exzellente „Staffage" der Nebendarsteller diesen oberflächlichen Glanz von „Bel Ami" zu ertragen.