9.4.12

Einer wie Bruno

BRD 2012 Regie: Anja Jacobs mit Christian Ulmen, Lola Dockhorn, Lucas Reiber 100 Min.

Bruno war einst ein Problem-Bär. Abgeschossen wurde das Thema, als man den dazugehörigen Problem-Ministerpräsident Stoiber nach Brüssel abschob. Nun ist Bruno ein Problem-Film. (Wohin kann man den Problem-Schauspieler Ulmen abschieben?) Der Komiker wagt sich als Bruno an eine dieser typischen Oscar-Rollen, wobei dies bei weitem kein Oscar-Film ist. So guckt er groß und simpel in die Kamera, bewegt den Mund langsam, quiekt aber auch zwischendurch sehr freudig. Kurz: Ulmen nervt, dies ist eine Nummer zu groß für ihn.

Bruno (Christian Ulmen) und Radost (Laura Dockhorn) leben zusammen. Bruno geht gerne in den Zoo, spielt Kaufladen und hat seinen Stofflöwen total gern. Radost kümmert sich um den Haushalt, kauft ein, kocht und streitet sich mit den Behörden. Radost ist die 13-jährige Tochter und Bruno der behinderte Vater. Da springt einem das Problem „Zu früh erwachsen, zu viel Verantwortung" direkt an und mindestens eine Stunde lang erzählt Anja Jacobs' Film vor allem „Problem, Problem, Problem". Das ist besonders problematisch für den Unterhaltungswert, was selbst die eingefleischtesten Ulmen-Fans bemerken werden.

In einem Hochhaus am Rande von Stuttgart spielen Bruno und Radost also nun normale Eltern für Frau Corazon von der Lebenshilfe. (Wird sie Herz zeigen?) Das „Sorgenkind" ist dabei das Mädchen, das in der Schule zu ernst und zu erwachsen ist. Erst als sich Radost in den blasierten Musiker Benny (Lucas Reiber) aus der Klasse verliebt, bricht Rebellion aus und der Film wird halbwegs interessant. Wenn das brave Mädel als echte Pubertierende das lustig dekorierte Bonanza-Rad des Vaters vom Balkon schmeißt, den jammernden Erwachsenen wieder vom Landschulheim nach Hause verfrachtet und sich beide schließlich parallel besaufen, bekommt der Film Intensität und Lebendigkeit.

Nun mag Bruno ja auch seine Tochter nerven, obwohl Radost eine Stunde lang nichts davon zeigt. Geduldig und still macht sie ihren Job. Aber das Aktieren von Ulmen fällt aus dem Film, dient ihm nicht und man glaubt auch nicht, dass die Filmemacherin Anja Jacobs besonders viel Recherche betrieben habe. „Freunde meiner Eltern (haben) einen geistig behinderten Sohn"... Na dann!

Bremsend demonstrativ wird derweil zum Nachdenken über Worte angeregt: Spacko, Sorgenkind, Forrest und Hirni hängt der Film quasi in Fettdruck in die Kamera. Dabei haben wir schon längst kapiert, aber noch lange nichts gefühlt. Es hilft auch nicht, dass die Musik kräftig nachhelfen muss, bei Nachhilfe für Benny und auch ansonsten bei jeder Stimmung. Ein Glanzlicht in Sachen Komik gibt es immerhin - als Radost und Benny samt aller Elternteile und Geschwister auf der Szene sind. Bezeichnenderweise sind die Nebenrollen stärker, wie der idiotische und gehässige Kollege Brunos im Supermarkt, der ihn mit dem Stapler vor die Wand fahren lässt. „Staplerfahren ist die echte Formel 1!" Auch der ganz unverklemmt verständnisvolle Chef ist ein Lichtblick, wenn er erklärt, dass solche Probleme ganz „normal" sind zwischen Vätern und Pubertierenden. Schade - einen tollen, unkonventionellen „Problemfilm" im Stile von „Renn, wenn du kannst" hätte man gerne gesehen. „Bruno" hat zu viele filmische Probleme.