24.2.09

The Wrestler


USA 2008 (The Wrestler) Regie: Darren Aronofsky mit Mickey Rourke, Evan Rachel Wood, Marisa Tomei 109 Min. FSK: ab 12

Ist „The Wrestler“ ein Film von Darren Aronofsky oder DER Film von Mickey Rourke? Als „The Wrestler“ 2008 in Venedig den Goldenen Löwen eroberte, trat der Hauptdarsteller Rourke in den Ring der Preisverleihung und machte den Abend zum Solo-Auftritt. Versuchen wir also den Ausgleich zwischen Kunst und Show: Mickey Rourke spielt reichlich autobiographisch einen grandiosen Abschied als "The Wrestler" in dem Drama von Darren Aronofsky ("Pi", "Requiem for a Dream", "The Fountain").

Mickey Rourke war früher provokanter Star in Filmen wie "9 1/2 Wochen" und "Angel Heart". Dann folgte er seiner wahren Berufung, verabschiedete von der Karriere, um sich seinen Traum vom Profiboxen zu erfüllen. Durchaus ernsthaft und auch erfolgreich. An dem Ergebnis arbeiteten sich allerdings später plastische Chirurgen und Psychoanalytiker ab. Die immer wieder neu erstaunliche Physiognomie Rourkes wurde vor allem als kantiges Ornament bei „Sin City“ und anderen Werken mit Kult-Ambitionen eingesetzt. Nun sieht man ihn wieder in einer Charakterrolle, indem er einen ganz besonderen Charakter spielt, der ihm sehr ähnlich sieht.

Rourke ist Randy "The Ram" Robinson. Ein legendärer Wrestler, der nicht aufhören kann, zu kämpfen. Vordergründig um seinen sehr dürftigen Lebensstandard im Trailer Park zu halten. Doch ein Job beim Metzger - nicht wesentlich blutiger als das Gemetzel im Ring - macht klar: Randy könnte anders, wenn er anders könnte. Randy ist süchtig. Er braucht sein Publikum, die Show, den Erfolg. Dabei gibt es Gründe für das Wrestling-Wrack auszusteigen. Da wäre der Herzinfarkt und die Ärzte, die ihm den nächsten bei übermäßiger körperlicher Anstrengung fest versprechen. Zwar demontiert der Film einige alberne Wrestler in blutigen Details, aber das Wrestling an sich, diese faule Show eines abgesprochenen Gewalt-Balletts, ehrt er als harte und aufreibende Arbeit. Mehr noch: Das Maß, wie sich Randy für die Show mit Rasierklingen und Tucker selbst verstümmelt, ist bewundernswert wahnsinnig.

Aber die wirklichen Gründe für Randy aus dem Ring zu steigen, sind zwei Frauen. Zum einen seine liebste Stripperin Cassidy (Marisa Tomei), mit der er gerne das Leben teilen möchte. Doch sie kann sich nicht entscheiden. Und seine Tochter Stephanie (Evan Rachel Wood), um die er sich jahrelang nicht gekümmert hat, die ihm aber nun als einzig naher Mensch bleibt. Dass Stephanie nach vielen herben Enttäuschungen nichts von ihrem Vater wissen will, zwingt Randy zu einem Kampf, der schwerer ist, als seine Wrestling-Gemetzel.

Man kann wirklich sagen, Mickey Rourke hat die Geschichte von „The Wrestler“ mit vollem Einsatz seines Körpers gelebt. Und was ist das Wrestling anders als großes Kino? Oder wie es Rourke selber in rauer Sprache sagte, er wisse schon, "wie man ein Publikum bei den Eiern packt". So ist der vergebliche Versuch des Muskel-Wracks, nach einem Herzanfall auszusteigen, als (Männer-) Film erstaunlich gelungen. Ein auch von Marisa Tomei als Stripperin hervorragend gespieltes, bewegendes Drama, bei dem sich Darren Aronofsky stilistisch auffallend zurück hält. Der unabhängige US-Regisseur Aronofsky war bislang für außergewöhnliche und anspruchsvolle Werke ("Pi", "Requiem for a Dream", "The Fountain") bekannt. Er hat sich nach einer Pleite mit "The Fountain" wieder zurückgekämpft und erntet nun bei seinem Comeback den verdienten Erfolg. Rourke „lobte“ Aronofsky als den " schwierigsten Regisseur, mit dem ich seit Michael Cimino gearbeitet habe. Er könnte andere Filme machen und säckeweise Geld verdienen, aber er verriete seine Integrität nicht."