3.2.09
Frost/Nixon
USA 2008 (Frost/Nixon) Regie: Ron Howard mit Michael Sheen, Frank Langella, Kevin Bacon
Ein mehrstündiges Fernseh-Interview eines gescheiterten Politikers - ein weniger geeignetes Sujet für einen Publikumsfilm kann man sich kaum vorstellen. Doch man sollte den Regisseur nicht unterschätzen: Ron Howard ist ein in der Branche und beim Publikum anerkannter Regisseur (und Schauspieler und Produzent), der sich vom Wunderkind zum Hitgarant entwickelt hat. Seine Filmographie kann man von feuchten Nichtigkeiten wie „Splash“ (1984) über das Filmmärchen „Willow“ (1988), das Husten-Problem „Apollo 13“ (1995), den Oscar-Sieger „A Beautiful Mind“ (2001) bis zum nervigen Erfolg „Da Vinci Code“ (2006) spannen. Die „kleinen“ Filme zwischendurch wären dann etwa „Kopfgeld“ mit Mel Gibson. Mit „Frost/Nixon“ realisierte er nun seinen politischsten Film - und er ist nicht minder spannend als simplere Action-Konzepte.
Es ist (Medien-) Geschichte, das legendäre Interview, das der britische Talkmaster David Frost im Jahre 1977 mit Richard Nixon führte. Das journalistische Leichtgewicht traf auf den zurückgetretenen Präsidenten, auf den größten Verbrecher, den die neuere Zeit bis dahin in diesem Amt erlebte.
Es beginnt mit Bildern der schmählichen Abdankung, des Abschieds vom Weißen Haus. Nixon ist überführt, fühlt sich aber von der Welt verkannt. Diese Gelegenheit ergreift der politisch nicht besonders versierte Moderator, der „Beau“ Frost (Michael Sheen). Mit großem finanziellen Risiko erkauft er sich das TV-Gespräch, vermarktet es selbst, weil keiner an ihn glaubt, und verpflichtet zwei politische Berater, die ihn ebenfalls nicht ernst nehmen. Doch es kommt tatsächlich zum legendären Schlagabtausch.
Ron Howard inszeniert das Duell mit großartigen Darstellern, die sich gar nicht groß um äußerliche Annäherung bemühen. Frank Langella will viel weniger wie Nixon aussehen, als es Anthony Hopkins in Oliver Stones „Nixon“ gelang. Michael Sheen und Langella lassen ihre Figuren von innen heraus entstehen - eindrucksvoll!
Das Finale ist dann dies grandiose Duell, bei dem zuerst Nixon auftrumpft. Wie er mit unpassenden Fragen Sekunden vor Beginn der Aufzeichnung Frost aus der Fassung bringt, überrascht auch das Publikum. Von den tatsächlichen zwölf Aufnahme-Sitzungen konzentriert sich Howard auf vier. Es ist eine raffinierte Finte in der Dramaturgie, dass Nixon sich nur in einem nächtlichen Telefongespräch vor der entscheidenden Schlussaufnahme ohne Maske zeigt. Da liefen keine Kameras oder Tonbänder mit. Neu motiviert erzwingt Frost die entblößende Aussage: „Wenn ein Präsident es macht, ist es nicht illegal.“ Darin ist der Film dreißig Jahre nach seiner Handlungszeit hoch aktuell. Nicht nur ein Präsident, gleich eine ganze Regierung verhielt sich zuletzt, als über sie über dem Gesetz stünde. Im Vergleich der Präsidenten-Demontagen kommt Bush Jr. selbst gegenüber Nixon schlecht weg. Das Duell der Top-Versager im Präsidenten-Amt fällt eindeutig aus. Vor allem dank Ron Howard und seinem packenden Film.
Aber das letzte Wort hat doch das Mitgefühl, da menschelt Howard wieder. Unter vier Augen gesteht der Ex-Präsident, wie sehr er den Journalisten darum beneidet, von Menschen gemocht zu werden. Trotzdem bleibt sein Erbe die Endung „-gate“, die man seitdem an jede politische Sauerei hängt, die nicht vertuscht werden konnte.