30.5.06

Tierisch wild


USA 2006 (The Wild) Regie: Steve "Spaz" Williams 81 Min. FSK: o.A.
 
Das Wettrennen um den Markt der einträglichen Animationsfilme nimmt bisweilen seltsame Formen an. Im Jahre 1998 antwortete Dream Works mit "Antz" auf "Das große Krabbeln" von Disney. Und erinnern Sie sich noch an die lustigen Tiere, die aus dem New Yorker Zoo ausbrechen und sich in der Wildnis von Großstadt und Dschungel bewähren mussten? "Madagaskar" hieß im letzten Jahr dieser Film von Steven Spielbergs Produktionsfirma Dream Works. "Tierisch wild" nennt sich nur die fast identische Geschichte von Disney, durch die kleine, kanadische Animationsfirma Core realisiert. Man könnte sie auch "Madagascar 2" nennen, so groß sind die Ähnlichkeiten.
 
Einst brachen Löwe, Nilpferd, Giraffe und Zebra aus dem Zoo aus. Nun bilden Löwe, Giraffe, Schlange, Koala-Bär und Eichhörnchen das Expeditionsteam. Typisch für Disney steckt im Kern eine Familiengeschichte: Löwenvater Samson beeindruckt die Besucher mit seinem gewaltigen Gebrüll. Auch sein Sohn bewundert ihn und lauscht den Geschichten aus Zeiten der Freiheit. Damals verjagte Samson gigantische Büffel mit seinem Brüllen, Sohn Ryan kriegt nur ein klägliches Miauen hin, was ihn so verdrießt, dass er in die Wildnis will. Dort lernt man angeblich das Brüllen. Heimlich schleicht sich Ryan in einen Container, der tatsächlich irgendwo in Übersee Zoo-Tiere auswildert. Samson sieht, wie sein Sohn aus dem Zoo ausbüchst und macht sich sofort auf die Suche. Gegen seinen Willen begleiten ihn das hektische Eichhörnchen Benny, die dämliche Schlange Larry, der eigenwillig Koala Nigel und die hochnäsige Giraffe Bridget. Eher ein Chaoshaufen als eine Hilfstruppe, vor allem auch weil der kleine Benny in die riesige Bridget verliebt ist. Mit einem kleinen Kahn bleiben sie auf Ryans Spuren, die direkt nach Afrika führen. Dort muss Samson erst seine Lügen bekennen, bevor er zum Held und Retter wird.
 
"Tierisch wild" sind vor allem kleine witzige Ideen des Films, die üblichen Zitate und rasante Einzelszenen in dieser tierischen aber keineswegs originellen Komödie. Das witzige Ensemble gibt viel Spielraum an die mäßige Zeichentrick-Action ab. Der Rechen-Aufwand der Tricktechniker von Core war gewaltig. (Hinter der Firma steht übrigens William "Captain Kirk" Shatner, der auch den Oberbüffel spricht.) Witzigerweise entsteht dabei nicht der Eindruck eines echten Löwen, sondern der eines sehr räumlichen Plüschtieres. Wenn ansonsten selbst bei einfacher 2D-Zeichnung erstaunlich viel Seele in die Wesen gelegt wurde, erscheint vor allem Samson wie ein Spielzeug mit Sprachprozessor im Bauch.
 
Auffällig auch, dass sich die Animatoren von Core unterschiedliche Zeichenstile erlauben, wie Disney in seinen frühen Zeiten. Vor allem die Sequenzen mit den Büffeln sind geradezu psychiadelisch-poppig. Und auch die Farbenspiele der Kamäleons, die sich als Geheimagenten ausgeben, sehen eher nach Spaß für die Animateure als nach einer kommerziell kalkulierenden Kontrolle aus.