2.5.06

Maria an Callas


BRD 2005 (Maria an Callas) Regie: Petra Katharina Wagner mit Götz George, Claudia Michelsen, Monica Bleibtreu 98 Min. FSK: o.A.
 
Nicht nur in Chat-Rooms wird geschummelt und gelogen: Auch bei Brieffreundschaften per Mail malt mancher gerne die eigene Identität schillernd aus. Das entdecken der 50-jährige Designer Jost (Götz George) und die Gastwirtin Anni (Claudia Michelsen) recht spät. Doch es beginnt noch viel komplizierter: Nach dem Tod seiner Frau findet Jost auf deren iBook eine intensive Email-Korrespondenz mit der Hotelmanagerin Anni. Beide verband eine intensive Leidenschaft zur Musik der Maria Callas. Sie lernten sich kennen, als Frau Jost von Anni eine seltene Callas-Schallplatte kaufte. Nun sitzt Jost staunend vor dieser unbekannten Seite seiner Frau, die - selbst krank ans Haus gefesselt - seine Reisen und Designaufträge als die eigenen nacherzählte. Der trauernde Mann schafft es nicht, Anni die Wahrheit zu sagen und führt die elektronische Brieffreundschaft fort. Dabei holt ihn Anni aus einem Tief, inspiriert ihn zu einer neuen, erfolgreichen Geschirrserie. Und nach mehr als einem Jahr kommt das Unausweichliche, Jost macht sich auf, Anni persönlich zu sehen. Ihn überrascht, was die Zuschauer schon lange erlebten: Annis Ritz Palace an der deutschen Küste ist kein Hotel-Palast, sondern eine bescheidene Bowling-Kneipe.
 
Die Regisseurin Petra Wagner erzählt die reife, ruhige Geschichte schön atmosphärisch, schneidet beider einsamer Leben stimmungsvoll gegeneinander. Das Design seiner Wohnung, ihr sehr sinnliches Wahrnehmen von Farben Gläser, Formen, Geschmäcker. Das oft komisch enttarnte Spiel mit Täuschungen und Träumen hat einen tragischen Hintergrund, denn beide sind Überlebende. So findet "Maria an Callas" betörende Bilder für Schmerz, etwa wenn Anni Schneeberge aus Tempo-Schnipsel knibbelt. Überraschend und äußerst fesselnd an diesem kleinen Film vor allem Claudia Michelsen, deren Intensität Götz George ziemlich langweilig aussehen lässt.