7.3.12

Ruhm

BRD 2012 Regie: Isabel Kleefeld mit Senta Berger, Heino Ferch, Julia Koschitz, Stefan Kurt, Thorsten Merten, Axel Ranisch, Gabriela Maria Schmeide, Justus von Dohnányi 103 Min. FSK ab 12

„Ruhm" ist die erste Adaption eines Romans von Daniel Kehlmann und breitet in einem „Roman ohne Hauptfigur" raffiniert ein Spektrum von Figuren und Geschichten aus, die scheinbar über einen technischen Fehler miteinander oder falsch verbunden werden. Der technik-skeptische Elektroingenieur Joachim Ebling (Justus von Dohnányi) kauft das erste Handy seines Lebens und bekommt sofort Anrufe für einen anderen. Einer mit sehr bewegtem Leben, frustrierter Geliebter und lauten Freunden. Dieser Filmstar Ralf Tanner (Heino Ferch) hingegen bekommt keine Anrufe mehr, was ihn noch nervöser macht, war doch schon der letzte Film ein Reinfall und die Trennung von seiner (Film-) Partnerin ein gefundenes Fressen für die Klatschspalten. Zum Glück holt sein unbekanntes Double ein paar Kastanien aus dem Feuer. Und der Typ ist so gut, eigentlich der bessere Ralf Tanner. Meint irgendwann auch der formvollendete Diener Ludwig (herrlich: Matthias Brandt) und lässt Tanner gar nicht mehr in seine eigene Villa.

Isabel Kleefeld reizvoller Film beginnt als technische Spielerei und entwickelt sich zum durchgehenden Spiel mit der eigenen Identität und deren Variationen. Es gibt die Idee, ob es nicht wesentlich entspannender sei, mal nicht sich selbst zu entsprechen. Schön ins Bild gebracht in einem Club mit lauter Doubles von Thomas Anders bis zu den Blues Brothers. Das Ich begegnet seinem besseren Ich passend in der Toilette vor noch mehr irritierenden Spiegeln. Eine tolle Gelegenheit, in die Anonymität zu schlüpfen und nicht mehr nur sein eigener Ruhm zu sein.

Neben dem äußeren Double zeigen Kehlmann/Kleefeld auch innere beim Schriftsteller Leo Richter, der in einem südamerikanischen Goethe-Institut die Geschichte von Rosalie liest, die in einer weiteren Episode des Films von Senta Berger gespielt wird. Die schwerkranke Frau will ihr Leben bei einer Institution für Sterbehilfe in Zürich beenden, sucht dann aber über die Überwachungs-Kamera im Sterbe-Zimmer das Gespräch mit dem Autor - mit dem Autor ihres Lebens und Sterbens! Während die eine raus aus den Geschichten (von Richter) will, drängt sich ein anderer rein. Der größte Fan des Schriftstellers, ein extrem nerdiger, internet-süchtiger Telecom-Mitarbeiter (Axel Ranisch) in konstant unflätigem Selbstgespräch, ist gleichzeitig technischer Verursacher all der Verknüpfungen, die zum Glück längst nicht so verkrampft ausfallen, wie oft bei rein filmischen Episoden-Geschichten.

Auch die Locations sind stimmig und nicht nur wegen der Schauwerte oder der regionalen Filmförderung im Bild: Mit Südamerika für den lebensfernen Autor, der mal ein Abenteuer erleben will, mit grandiosen Motive von Sowjet-Architektur und -Heldenverehrung oder dem schnuckeligen aber auch beengenden Kulturleben in Zürichs Zentrum.

So macht dieser „Ruhm" mit allen seinen Abarten meist Spaß - vor allem mit der herrlich klischeehaften und diktatorischen Leiterin einer Schriftsteller-Reise im Osten Europas. Anrührend kann der nur im letzten Drittel vielleicht etwas ziellose Film mit seinem rücksichtslosen, selbstverliebten Autor, der in Konfrontation mit seinen Figuren - eine davon ist seine Partnerin (Julia Koschitz) - etwas gnädiger wird. Wobei, wer die unbekannte Krimiautorin Maria Rubinstein (Gabriela Maria Schmeide, „Die Friseuse") als Richter-Ersatz im Ostblock-Elend untergehen lässt, muss ein schurkiger Schreiber mit viel schwarzem Humor sein.