19.9.09
Louise Hires A Contract Killer
Frankreich 2008 (Louise-Michel) Regie & Drehbuch: Gustave de Kervern, Benoît Delepine mit Yolande Moreau, Bouli Lanners, Mathieu Kassovitz, Benoit Poelvoorde 95 Min. FSK ab 16
Louise Michel (1830-1905) war eine französische und Anarchistin. So sollte man „Louise-Michel“ - so der Originaltitel - vielleicht als anarchische Komödie bezeichnen. Denn tatsächlich: „Louise Hires A Contract Killer“ ist komisch. Wie komisch, ist allerdings schwer zu fassen. Genauso schwer, wie sich die Schweine, die dauernd die Fabriken schließen, von den Arbeitern erwischen lassen...
Da steht Louise (Yolande Moreau) ziemlich verdattert da. Nicht dass sie sowieso immer verdattert durch die Gegend sieht und geht. Die Frau hat eine schlaksige Gestalt wie aus einem Kaurismäki-Film - da weist auch der Titel wenig subtil drauf hin. Aber dass über Nacht alle Maschinen ihrer Fabrik verschwunden sind, ist die Härte. Die soziale Härte. Dabei gab es doch gerade erst neue Kittel und laue Jobversprechungen. Nun beraten die versetzten Arbeiterinnen, was sie mit der lächerlichen Abfindung anfangen. Der Kalender mit Nacktfotos wird abgelehnt - es wird also nicht auf die Art komisch wie in den britischen Sozialkomödien. Louise schlägt trocken vor, den Boss umzulegen. Und sofort sind alle einverstanden.
Der Killer ihrer Wahl heißt Michel (Bouli Lanners) und zeichnete sich aus, weil er mitten auf der Straße seine antiquierte Knarre verliert. Dagegen findet er nicht mal zu seinem „Büro“ im einförmigen Wohnwagenpark. Auch einen kleinen Hund kann er nicht erschießen. Für den gescheiterten Auftrag handelt er sich schließlich selbst von 20 auf 1 Euro runter. Den er sofort wieder verliert. Ein Vollprofi. Bei Schießübungen trifft er wenigstens eine Kuh - die zufällig hinter der Zielscheibe stand.
Doch Michel hat eine Idee: Eine schwer krebskranke, fast tote Verwandte führt den Mord für ihn aus. Ein kahlköpfiger Todesengel im Ballkleid - manchmal blitzt makabre Poesie aus der lakonischen Handlung auf. Da der Boss noch einen anderen Boss hatte, muss ein weiterer Schwerkranker mit nach Brüssel, um auch diesen Manager umzulegen.
Was für eine Komödie ist dies nun, durch die zwei sonderliche Figuren trotten? Erwähnten wir schon, dass die Rückblenden beider von einem Geschlechterwandel erzählen? Das Coming Out des Mannes Louise und der Frau Michel jedenfalls, über die Frühstückstische eines braven Brüsseler Familienhotels hinweg, macht viel Spaß. Wie so manch andere Szene. Die Stärke von „Louise-Michel“ liegt in diesen beiden Figuren, auch wenn sie schwer zu fassen sind. Das Hochhaus, das Louise gerade verlässt, wird durch eine trockene Sprengung dem Erdboden gleich gemacht. Denn Louise kann nicht lesen. Weder die Räumungserklärung, noch die Hinweise auf die Sprengung. Der Ostbelgier Bouli Lanners schafft es wieder, schon beim Auftritt ohne viel Worte umwerfend komisch zu sein. Trotzdem erreicht er nicht ganz die Klasse aus seinem eigenen Film „Eldorado“ oder seiner Episode aus „J'ai toujours rêvé d'être un gangster“. Die Talente der Regisseure Gustave de Kervern und Benoît Delepine („Aaltra“) müssen also woanders liegen. Und surreale Szenen wie mit Benoit Poelvoorde, der im Garten eine Modelsimulation der Flugzeugeinschläge von 9/11 nachspielt, gehören sicher dazu. Wie auch eine deutliche Haltung zum Kapitalismus: Der arrogante Begriff „Peanuts“ darf in der deutschen Synchro nicht fehlen und am Ende machen die Arbeiterinnen weiter - bis sie den Boss der Bosse erwischt haben.