21.8.06
Miami Vice
USA 2006 (Miami Vice) Regie: Michael Mann mit Colin Farrell, Jamie Foxx, Gong Li 132 Min.
Endlich mal eine Mogelpackung die mehr bietet: Remakes von alten TV-Serien benutzen meist nur stinklangweilige, auf 90 Minuten gestreckte Formeln, um schwammige Erwartungen zu verkaufen. Mit Michael Manns "Miami Vice" versteckt sich ein packender, atmosphärisch enorm dichter und keineswegs oberflächlicher Film in dem vorgeblichen Remake einer der hohlsten Serien der Achtziger Jahre.
Die legendären Figuren Sonny Crockett (Colin Farrell) und Tubbs (Jamie Foxx) erhalten im Nachtleben von Miami kaum fünf Minuten zur Einführung bevor die packende Handlung anrollt und nicht mehr stoppt: Zwei Agenten wurden beim inszenierten Drogendeal durchlöchert, weil es eine undichte Stelle beim FBI gibt. Die beiden Miami-Kollegen Sonny und Tubbs sollen sich als Kuriere im großen Stil in ein Gangsterkartell einschleichen, um die Verräter zu enttarnen. Mutig geht es nach Lateinamerika in die Höhle der wahnsinnigen rechten Hand des Bosses Jesus. Dort liefert sich Sonny direkt ein Droh-Duell mit dem tollwütigen Mittelsmann Yosé. Überhaupt zeichnet sich "Miami Vice" durch die Abwesenheit von üblicher Action aus. Die Machtspiele laufen hier anders ab, mit Worten und Blicken erzeugen sie umso mehr Spannung.
Wenn es dann doch mal knallt, wirken gerade diese Szenen, auf die der Großteil der männlichen Zuschauer wartet, seltsam schal. Hier wird kaum noch überhöht: Es ist ohrenbetäubend laut, unübersichtlich und unangenehm. Wie viel stärker dagegen all die Szenen in den Gangster-Milieus. Und die verrückte Beziehung Sonnys zu Jesus' Geliebte und Finanzmanagerin Isabella (Gong Li)! Für einen Mojito geht es im Rennboot nach Havanna, einen Millionen-Deal verhandeln sie zwischen leidenschaftlichen Küssen. Bei diesen Jobs schafft Liebe immer Leiden, denn die Gegner schrecken nie davor zurück, sie - die Liebe - als Geisel zu nehmen.
Der exzellente Michael Mann ("Der rote Drache") übernahm die Regie von "Miami Vice" und machte aus dem 80er Pop der offenen Cabrios und Hemden unter Floridas Palmen eine düstere Drogengeschichte mit Colin Farrell und Jamie Foxx in den Hauptrollen. Es ist weniger die Fortsetzung der mäßigen TV-Serie "Miami Vice" als die der exzellenten Mann-Filme "Der Einzelgänger" und "Heat". Sie zeigt keine Supermänner, aber in grandiosen Bilder packend exakt das Verbrecher-Milieu. Dessen Mittel sind erstaunlich - Schnellboote, Flugzeuge, Hightech, Waffenhandel im großen Stil. Man solle nicht glauben, die professionellen Maschinerien solcher Verbrechenskartelle könnten nur annähernd so stümperhaft funktionieren, wie die meisten der Drehbücher über sie!
Dabei droht "Miami Vice" nur ganz selten in Jet Set-Umgebung der Oberflächlichkeit von 3-Wetter-Taft-Bildern zu verfallen. Denn oberflächlich darf "Miami Vice" nur schimpfen, wer sich von der Verpackung täuschen lässt. Mittendrin wandelt sich dieser Große-Jungen-Gangsterfilm zu einem bewegenden und raffiniert konstruierten Film zweier Lieben. Während Sonny mit seiner eigenständigen Gangsterbrau Isabella abhebt, wirkt die Beziehung seiner Kollegen Tubbs und Trudy (Naomie Harris) routiniert unerotisch. Tubbs wird aus der Dusche geschmissen, während bei Sonny am genau gleichen Ort einiges passiert. Die eine Liebe lebt auf während die andere am Tropf hängt und erst wieder aufwacht als die erste am Ende ist. Das gefährliche Spiel mit der Enttarnung schließt auch das Risiko der Enttäuschung ein.