22.8.06

Der freie Wille **


BRD 2006 (Der freie Wille) Regie: Matthias Glasner mit Jürgen Vogel, Sabine Timoteo, Manfred Zapatka 171 Min. FSK: ab 16
 
Mutig? Unerträglich? Ehrlich? Quälend? Vor allem die ersten Szenen, die detaillierte Vergewaltigung eines jungen Mädchens durch den pummeligen, brutal jähzornigen Theo (Jürgen Vogel) sind schwer zu ertragen. Wie ein zielgerichtetes Tier stürzt er sich auf das bettelnde, jammernde Opfer, prügelt auch noch auf die Entkleidete ein. Die Kamera verfolgt das genau. Muss man das detailliert zeigen? Der Regisseur Matthias Glasner meint: Ja. Nur so könne man das Folgende richtig verstehen. Nach Theos Haftstrafe sollen oder können wir an seinem Leidensweg in der Freiheit teilnehmen. Im Maßregelvollzug findet er eine betreute WG und einen Job in der Druckerei. Bald steigt angesichts einer Kellnerin wieder Gewalt in ihm auf. Verzweifelt aber hoffnungslos kämpft Theo dagegen an. Da trifft er auf Nettie Engelbrecht (Sabine Timoteo), die Tochter seines Chefs. Sie ist sein verkehrtes Spiegelbild, gebrochenes Opfer. Und doch versuchen es die beiden miteinander...
 
Regisseur Glasner ("Fandango", 2000; "Sexy Sadie", 1996; "Die Mediocren", 1995) macht das nicht verdichtete fast drei sehr lange Stunden zum Konzept - als wenn Schauspiel alles wäre. Das Drama entwickelt sich minimal im Zustand leichter Veränderungen. Angesichts eines thematisch ähnlichen, ebenso genau hinsehenden aber wesentlich weniger drastischen Films "The Woodsman" (mit Kevin Bacon und dem roten Ball) fragt man sich, ob die radikale Tour de Force hier nicht eitler Selbstzweck ist. Immerhin gab es für Jürgen Vogel bei der letzten Berlinale den Silbernen Bären für künstlerische Gesamt-Leistung als Schauspieler, Koproduzent und Koautor des Films.