USA 2020 Regie: Emerald Fennell, mit Carey Mulligan, Laverne Cox, Bo Burnham, Alison Brie, Adam Brody, 114 Min. FSK ab 16
Eigentlich reichen die sexistischen Sprüche ekliger Typen in einer Bar schon. Doch als einer von ihnen die fast besinnungslos besoffene Frau abschleppen will, wird es richtig beklemmend. Bis diese plötzlich hellwach ist und einen Schnitt später der Name des Typen im Notizbuch von Cassie (Carey Mulligan) abgehakt wird. Doch die roten Flecken auf ihren Klamotten sind nur Ketchup, scheinbar erteilt Cassie nur harmlose Lektionen.
Es sind diese überraschenden Wenden im eindrucksvollen Spielfilmdebüt von Emerald Fennell (die Camilla Parker Bowles aus „The Crown"), die „Promising Young Woman" zu einem großartigen und ganz anderen Rachefilm machen. Obwohl es tatsächlich um eine Vergewaltigung geht und sich Cassies Freundin Nick umbrachte, als ihr Vergewaltiger freigesprochen wurde. Denn die Bitterkeit, wegen der Cassie ihre Karriere als hoffnungsvolle Medizinerin aufgab, bei den Eltern einzog und bei miesem Job vor allem Männer bloßstellt, legt sich, als sie den Ex-Kommilitonen Ryan Cooper (Bo Burnham) wiedersieht. Ein netter und vor allem rücksichtsvoller Typ, der genau so viel Humor hat wie sie. Kurz bevor sie den Junggesellen-Abschied des Vergewaltigers sprengen will, gibt sie ihren ernsten Rachefeldzug auf. Doch dann folgt wieder eine Überraschung – eine böse.
„Promising Young Woman" erhielt 2021 den Oscar für das beste Drehbuch, ist aber nicht nur originell, witzig und sehr klug geschrieben. Carey Mulligan („Die Ausgrabung", „Suffragette", „Der große Gatsby", „Drive") findet in der „süßen" Frau, die gewitzt zurückschlägt, eine ihren Fähigkeiten entsprechende Rolle. Dass Emerald Fennell ihren Star-Ruhm einsetzt, um auf allgegenwärtige und oft nicht geächtete Gewalt gegen Frauen hinzuweisen, verdient viel Respekt.