4.8.21

Locarno 2021 Beckett (Piazza Grande)


Während sich Cannes strickt gegen Filme wehrt, die nur bei Streaming-Anbietern und nicht im Kino zu sehen sind, eröffnet Locarno direkt mit dem Netflix-Film „Beckett" auf der  Piazza Grande!

Da musste der Cineasten-Himmel am Lago Maggiore einen ganzen Tag drüber weinen, aber in den regenfesten Drinnen-Kinos gab es nette und vor allem spannende Netflix-Unterhaltung: „Beckett" von Ferdinando Cito Filomarino erzählt die Geschichte des amerikanischen Touristen Beckett, der während eines Griechenlandurlaubs nach einem Unfall zur Zielscheibe einer Menschenjagd wird. Der Thriller mit John David Washington, Boyed Holbrook, Vicky Krieps und Oscar-Gewinnerin Alicia Vikander wird ab dem 13. August exklusiv auf Netflix verfügbar sein.

„Beckett" ist „Der Mann, der zu viel wusste" für das Netflix-Zeitalter. Es gibt etwas zuviel Spannung vor dem Unfall, dann folgt die klassische Geschichte einer Figur, die noch nicht weiß, was sie weiß. Denn es ist eine Kleinigkeit am Rande seines heftigen Autounfalls, die Beckett, den Programmier aus Ohio, zur Zielscheibe einer mysteriösen Frau und eines korrupten Land-Polizisten macht. Die amerikanische Botschaft in Athen glaubt die Geschichte nicht so richtig und so muss sich der Ahnungslose alleine nach Athen durchschlagen. Jeder, der ihm hilft, verringert seine Überlebens-Chancen.

Diese Hitchcock-Variation ist für heute Verhältnisse recht vorhersehbar. John David Washington zeigt gut viel körperlichen Einsatz, die interessante Film-Musik ersetzt Klassisches durch modernen Jazz. Im Ansatz ein altmodischer Politthriller, aber alles ziemlich vorhersehbar.

Hauptdarsteller John David Washington (der Sohn von ...) sagte auf der Piazza Grande, es gehe um das „Survival of the theatrical experience" (das Überleben des gemeinsamen Kinoerlebnisses). Und sogar im Nieselregen, der das Premierenpublikum nicht abgehalten hat.

Vicky Krieps, die eine deutsche Aktivistin in Griechenland spielt, meinte zu ihrer Motivation für diesen Part: „In jeder Stadt, wenn man die Menschen fragt, die auf der Straße leben, was sie über das Heute denken, über Kapitalismus, es ist einfach, sich in die Rolle zu versetzen."

Regisseur Ferdinando Cito Filomarino hatte schon 2010 einen Kurzfilm in der Nachwuchs-Sektion des Festivals „Pardi di domani". Nun konkurriert er zwar nicht um die Leoparden („Pardi"), aber eröffnet das Festival auf der Piazza Grande. Der künstlerische Leiter, Giona A. Nazzaro meinte dazu „Ein humanistischer Actionfilm". „Engagement und Unterhaltung" seien die Hauptzutaten der Piazza Grande". Etwas viel Marketing-Sprech, aber nun wissen wir, was sein Auftrag als Film-Programmier ist.