18.8.21
Doch das Böse gibt es nicht
BRD, Tschechische Republik, Iran 2020 (Sheytan vojud nadarad) Regie: Mohammad Rasoulof, mit Ehsan Mirhosseini, Kaveh Ahangar, Mohammad Valizadegan, 150 Min. FSK ab 12
Der große Sieger der Berlinale 2020 (Goldener Bär) ist eines dieser iranischen Meisterwerke des Abwesenden: Die vier Geschichten rund um die Todesstrafe von „Doch das Böse gibt es nicht" entstanden unter den Bedingungen des Berufsverbotes und der Zensur. Regisseur Mohammad Rasoulof, der auch zur Berlinale den Iran nicht verlassen durfte, drehte den Film unter Guerilla-Bedingungen: Er ließ sich mit Freunden unter deren Namen vier Kurzfilme in vier Städten genehmigen. Wie bei dem ebenfalls mit Berufsverbot belegten Jafar Panahi („Taxi Teheran") wurde wieder viel im Auto gedreht, weil das unauffälliger ist. Doch trotzdem fängt auch dieser Film sehr genau und spannend Alltag im Iran ein.
Besonders eindrucksvoll in der ersten Episode um den sympathischen Heshmat, der nach der Arbeit Frau und Tochter abholt, mit ihnen einkauft, dann seiner Frau die Haare färbt, um mitten in der Nacht zu seinem Job zu fahren – als Henker. Was in einem grausamen Schockmoment deutlich wird. Der nächste Teil zeigt einen Soldaten im Konflikt, weil er eine Todesstrafe nicht vollziehen will. Den Wehrdienst macht er nur, um mit seiner Freundin ins Ausland zu dürfen. Die Gespräche in der überfüllten Zelle drehen sich um das Befolgen von Befehlen, um Gesetzes, um Moral und Opportunismus. Die Grausamkeit eines Staates, der die Todesstrafe zulässt, zeigt sich besonders in der dritten Episode „Geburtstag": Durch einen makabren Zufall landet der gezwungene Henker auf der Trauerfeier des Hingerichteten. Wieder musste ein Soldat „den Stuhl wegziehen". „Doch das Böse gibt es nicht" ist einer dieser intensiv ruhigen Filme, die exakt die richtige Zeit zur eigenen Beobachtung lassen.