10.8.20

Nur ein Augenblick


BRD, Großbritannien 2019 (The Accidental Rebel) Regie: Randa Chahoud, mit Mehdi Meskar, Emily Cox, Jonas Nay, Amira Ghazalla 108 Min. FSK ab 16

Im Abspann erzählt ein syrischer Journalist, dass er während seiner Haft ein Mädchen traf, das noch nie den Mond gesehen hatte. Nie einen Vogel, nie einen Baum, weil sie in diesem Gefängnis Assads geboren wurde. Auf solchen wahren Geschichten basiert die deutsch-syrische Regisseurin Randa Chahoud ihren engagiert entgleisenden Spielfilm „Nur ein Augenblick".

Dass dieses Mädchen aus dem Gefängnis bei der Flucht mit dem Protagonisten des Films direkt sterben muss, nachdem sie draußen kurz den Mond gesehen hat, zeigt, wie es mit der holperigen Handlung öfters schief geht. Der englische Titel „The Accidental Rebel" – der zufällige Rebell – macht klar, wie der junge Syrer Karim (Mehdi Meskar) zum Widerstands-Kämpfer und Mörder wird: 2011 zu Beginn des Arabischen Frühlings in Syrien kostet Karims Freiheitslied den Eltern die Café-Lizenz und bringt ihn zum Studium nach Hamburg. Fünf Jahre später ist Karim angekommen, seine isländische Freundin repariert Fahrräder und seine Eltern können nach Beirut fliehen. Gerade feiert er die Schwangerschaft seiner Freundin, da kommt ein Anruf seines geliebten Bruders mitten aus dem Bürgerkrieg. Bei einem Kurztrip über die Türkei mit Taxi und Mini-Bus nach Syrien stolpert der naive Student mit anderen Hobby-Kämpfern aus dem Norden in den Straßenkampf. Wenn ein zufälliger Luftangriff Karim nicht zurück zum Flughafen, sondern in den Bus mit den Kämpfern nach Syrien bringt, ist auch das sehr holprig erzählt. Die wirklich spannende Frage, wieso jemand in einen Bürgerkrieg zieht, erörtert der Film nicht.

Es mögen wahre Geschichten sein, aber als Film geht es sehr stückhaft weiter: Wenn Karims riesiger Freund zusammenbricht, nachdem er einen Verräter erschossen hat. Ärgerlich auf Effekt werden blutiger Kampf und Geburt zusammengeschnitten. Mit dem traumatisierten Kriegsheimkehrer beschäftigen sich andere, bessere Filme („Brothers – Zwischen Brüdern") komplett. „Nur ein Augenblick" schwenkt stattdessen um auf Action und Fortsetzung auch dieses Bürgerkriegs in Deutschland. Zwischendurch bekommt Lilly noch ein altes Drama angehängt.

Das Grauen, die Verbrechen nur dieses einen Krieges irgendwie künstlerisch zu fassen, ist extrem schwierig. Und auch, darüber aus dem bequemen Kinosessel zu urteilen. Die ausgezeichnete Dokumentation „Für Sama" war ein sehr gelungenes Kunstwerk. Die deutsch-syrische Regisseurin Randa Chahoud schafft aufgrund ihrer Kenntnis der Situation ein paar emotionale, ein paar schwer erschütternde Szenen. Sie hat aber auch große Probleme diese Informationen und Details in eine schlüssige Form zu bringen und verzettelt sich in zu vielen Seitensträngen.