Spanien, Frankreich 2019 (Ventajas de viajar en tren) Regie: Aritz Moreno, mit Luis Tosar, Pilar Castro, Ernesto Alterio, Quim Gutiérrez 103 Min. FSK ab 16
Wenn Matroschkas erzählen, kommt so etwas reizvoll Verschachteltes, prall Inszeniertes wie die „Die obskuren Geschichten eines Zugreisenden" heraus. Das eher abstruse als obskure Sammelsurium psychischer Deformationen kann stellenweise amüsieren und schockieren. Die Inszenierung ist allerdings gewöhnungsbedürftig.
Da hat die Verlegerin Helga Pato (Pilar Castro) ihren Ehemann gerade wegen seiner Kot-Fixierung in einer psychiatrischen Einrichtung abgeliefert, als auf der Heimfahrt im Zug der angebliche Psychiater Ángel Sanagustin (Ernesto Alterio) völlig ungehemmt zu erzählen beginnt. Aus den Akten eben dieser Anstalt, die vor ihm liegen! In den verschachtelten Ebenen wechselt der Ton von skurril zu komisch zu erschreckend. Da ist der Mann, der seine Frau zur Hündin dressiert, was extreme Unterdrückung in Beziehungen wiederspiegelt. Ein anderer wehrt sich gegen die heimliche Überwachung der Müllmänner, indem er allen Abfall in seinem Keller sammelt. Und zwei körperlich Behinderte humpeln romantisch durch Paris, bevor er Probleme mit einer Liebe bekommt, die nicht seiner Porno-Erfahrung entspricht.
Dass bei dem skurrilen Spaß mal ein Arm in die Müllpresse gerät, dass es um Kinderpornografie, Bürgerkrieg und in horrender Weise auch um Organhandel geht, ist gewöhnungsbedürftig bei diesen eher vorhersehbaren, in Dialogen und Handlung unnötig ausführlichen Episoden. Immer wieder soll der Wahnsinn in symmetrischen Bildern einer Weitwinkel-Kamera geerdet werden, dann gibt es heftigen Splatter für eine kleine, billige Pointe. Dass die Zuhörerin Helga Pato dann selbst in einer zirkulären Geschichte auftaucht, ist nette Spielerei, ebenso wie die eingestreuten Wahrheitsbefestigungen. Aber letztendlich gilt die Aussage einer der vielen irren Figuren: „Glaubwürdigkeit langweilt mich. Die Welt weiß doch, dass Filme und Bücher nicht real sind."