Midway
USA 2019 Regie: Roland Emmerich, mit Ed Skrein, Woody Harrelson, Luke Evans, Mandy Moore, Nick Jonas, Patrick Wilson, Aaron Eckhart, Dennis Quaid 138 Min.
Der „schwäbische Spielberg" Roland Emmerich schlachtet die Seeschlacht um die Midway-Inseln von 1942 aus, bei der mehr als 3300 Menschen starben. Während nächste Woche Keira Knightley in „Official Secret" illegale Kriege anklagt, macht Hollywood mal wieder auf Wehrertüchtigung und die Waffenindustrie mit opulentem „Schiffe versenken" glücklich. „Midway" ist einer der uninteressantesten, ödesten und dümmsten Filme seit langem.
Nach dem für die USA traumatischen Angriff auf Pearl Harbor war die mehrtägige Seeschlacht um die abgelegenen Midway-Inseln vor Hawaii ein nächster „entscheidender" Kampf. Die US-Marine war nach Pearl Harbor unterlegen, an diesem massenhaften Sterben kann immer noch die nationale Seele genesen. Diese Zig-Millionen-Produktion dreht sich nur um die eine Pointe, dass diesmal die US-amerikanische Marine die Japaner überrascht. Und Kamikaze können sie auch. Bätsch!
So zeigt „Midway" erst Pearl Harbor mit einer Attacke aus dem Nichts. Das übliche unschuldige kleine Kind, das auf der Wiese spielt, muss schnell gerettet werden. Bei diesem ersten Feuerwerk gibt es schon die paar Identifikationsfiguren, die sich den ganzen Film durchschlagen werden. Vor allem der Kaugummi kauende Hitzkopf Best (Ed Skrein) darf Cowboy spielen und wird die japanische Flotte fast im Alleingang versenken.
Roland Emmerich ist der „schwäbische Spielberg", der vor allem in den 90er- Jahren mit „Godzilla", „Independence Day", „Stargate" oder „Universal Soldier" erfolgreich war. Seine Handschrift auch hier: Groß, laut und noch lauter. Emmerich macht in Hollywood Materialschlacht-Kino, bei dem alles im Spektakel untergeht. Selbst die Handlung. Ganz zu schweigen von Schauspiel oder weiterführenden Gedanken.
„Midway" macht mit beim Einmaleins des übel manipulativen Kriegsfilms, wie man es lange nicht mehr gesehen hat: Wir sehen vor allem die Opfer eines gesichtlosen Aggressors. Dass wir vor lauter Geballer nicht mal „eigenen" Leute kennenlernen können, dass erst nach einer Stunde die Familien auftreten, ist schlicht schlechter Film. Dennis Quaid hält als ruppiger Admiral das immergleiche Heldengesicht in die Kamera. Woody Harrelson ist gerade als Untoten-Jäger in „Zombieland 2" viel sehenswerter als dieser stramme Admiral Chester Nimitz. Ansonsten weit und breit keine wirklich prominenten Schauspieler zu sehen.
Beim Kriegspielen zum Preis einer Kinokarte soll man in die beschränkte Logik des alternativlosen Angriffskrieges hineingezogen werden. Die seelenlose Materialschlacht ist nur spannend, wenn man begeistert Japaner umbringen will, ansonsten mutet das alles entsetzlich an. Und ist dabei auch noch umständlich und langsam inszeniert.
„Midway" macht nie deutlich, was Krieg bedeutet, höchstens wie toll „Siegen" ist. Der widerwärtige Film steht damit in alter Hollywood-Tradition: John Wayne macht 1968 die „Green Berets" (Die grünen Teufel) zu Helden, Tom Cruise ließ sich als Überflieger „Top Gun" vom Militär finanzieren. John Ford hat übrigens einen kurzen, albernen Auftritt - mehr Humor gibt es nicht. Die Dialoge sind von einer schmerzhaften Schlichtheit.
„Midway" ist deutlich etwas anderes als etwa Clint Eastwoods Doppelprojekt mit den zwei Front-Perspektiven „Letters from Iwo Jima" und „Flags of Our Fathers" aus dem gleichen Krieg. „Midway" fällt sogar hinter Spielbergs teilweise erschütternden Kriegsfilm „Saving Private Ryan" zurück. „Midway" lässt sich ohne weiteres als Werbung fürs Militär einsetzen. Kanonenfutter im Kino und Kanonenfutter in einem dieser Kriege für Öl oder in Machtfantasien unserer neuen Despoten von Washington bis Ankara.