USA 2019 Regie: Mike Flanagan, mit Ewan McGregor, Rebecca Ferguson, Kyliegh Curran, Carl Lumbly 152 Min. FSK ab 16
Eine Fortsetzung von Stephen Kings Roman „The Shining" aus dem Jahr 1977 und Stanley Kubricks Verfilmung aus 1980 ist eine knifflige Sache - schon allein weil das unheimliche Overlook-Hotel im Buch abbrannte und im Film nicht. Dem angesagten Mike Flanagan (Serie „Spuk in Hill House") gelingt es als Drehbuch-Autor, Regisseur und Editor auch noch, Kings Fortsetzung „Doctor Sleep" unter einen reizvoll spannenden Zylinderhut zu bringen. An Kubriks epochalen Horror reicht dieses Wi(e)dererwachen trotz Besuchs des alten Hotels allerdings nie.
Ewan McGregor spielt Danny Torrance, den kleinen Jungen, der in „The Shining" das Wüten seines Vaters überlebte. 40 Jahre später hat Danny gelernt, die Gespenster der Vergangenheit einzusperren. Seine besondere Fähigkeit des „Shining" ertrinkt er allerdings im Alkohol, der ihn zu einem furchtbaren Menschen macht. Erst dank der Hilfe des Anonymen Alkoholikers Dick Hallorann (Carl Lumbly) lernt Danny, seine Gabe in einem Hospiz einzusetzen. Gleichzeitig sehen wir, wie die dämonische Rose the Hat (Rebecca Ferguson) mit ihren Anhängern Kinder „aussaugt", die ebenfalls das „Shining" besitzen. Als ein besonders mächtiges Kind Danny kontaktiert, kommt es im Overlook-Hotel zum Kampf um diese Abra (Kyliegh Curran).
„Doctor Sleep" reizt schon beim Plakat-Motiv mit dem wahnsinnigen Blick Jack Nicholsons durch die Badezimmertür - diesmal auf dem harmlosen Gesicht von Ewan McGregor. Ein Nicholson-Nachbau gibt mittlerweile den unheimlichen Barmann im Hotel. Die Aufzüge, aus denen Blut strömt, die Schreibmaschine in der riesigen Lobby, das verschneite Labyrinth, die grüne Leiche aus der Badewanne – alles taucht wieder auf. Als Dekoration und kein bisschen schaurig.
„Doctor Sleep" ist trotz vieler bekannter Bestandteile und reizvoll rekonstruierter Kulissen keine wirkliche Fortsetzung. Denn während Kubricks „The Shining" einfach grandios mysteriös war, ist das hier nur eine einfache Geschichte um eine Art von Vampirismus und ewiges Leben. Lebenshauch in der Thermoskanne wirkt so banal wie es klingt. Ganz entfernt von dieser oberflächlichen Dramaturgie sind dagegen Szenen, in denen Danny den Sterbenden Ruhe und Hoffnung gibt. Und wieso bevorzugt Rose ihr „Shining" mit Angst und Schmerz zu trinken? Wer ist das, der sich von Angst und Schmerz ernährt? Die Horror-Literatur? Das Schreckens-Kino?
Dem Mystery-Genre entsprechend, gibt es eine auch dramaturgisch nette Verbindung zwischen Danny und dem mächtigen Mädchen Abra. Allerdings geriet nicht mal das Finale richtig spannend, da die telepathische Kraft des Mädchens viel stärker als die ihrer Gegnerin Rose ist. Abgesehen von reizvollen Lektürevergleichen bringt „Doctor Sleep" an sich nur mittelmäßige Spannung und Unterhaltung.