7.6.11

X-Men Erste Entscheidung

USA 2011 (X-Men First Class) Regie: Matthew Vaughn mit James McAvoy, Michael Fassbender, Jennifer Lawrence, Rose Byrne, January Jones, Kevin Bacon 131 Min. FSK ab 12

Erstklassig, diese erste Klasse der „Sonderschule" aus mutierten X-Männchen und -Weibchen. Das „Prequel", die übliche Fortsetzung einer Erfolgsreihe in die Vergangenheit, verdient sich beim Marvel-Comic-Klassiker „X-Men" Bestnoten. Ausnahmsweise wird sich nicht wie bei „Wolverine" umständlich ein Wolf erzählt. „X-Men: Erste Entscheidung" - so die selten dämliche deutsche Übersetzung von „First Class" - wird im Bildungs-Kanon des Kinos als Pflichtprogramm aufgenommen - zumindest für die nächsten Wochen.

Den einzigen Kritikpunkt erledigen wir direkt mit dem düsteren Auftakt des Films. Noch einmal führen uns die Erinnerungen Magnetos zurück in ein von deutschen Soldaten bewachtes Getto des Jahres 1944. Der jüdische Regisseur, Autor und Produzent Bryan Singer inszenierte dabei einen der bewegendsten Momente der ganzen Film-Serie. Jetzt - Singer ist diesmal „nur" Produzent - ist es wieder bewegende, aber vor allem bewegt der Junge Erik Lehnsherr ein schweres Eisentor aus lauter Verzweiflung darüber, dass seine Mutter abtransportiert wird. Doch dann eröffnet sich gleich mit dem sadistischen Nazi-Arzt Sebastian Shaw (Kevin Bacon) das packende Spektrum an Figuren und Geschichten, das über zwei Stunden fesseln und begeistern wird.

Shaw erkennt die besonderen Fähigkeiten Eriks und erschießt eiskalt dessen Mutter, um eine weitere Vorführungen der telekinetischen Kräfte des Jungen zu erhalten. Weit entfernt von diesem Grauen freundet sich der wohlbehütete junge Charles Xavier auf seinem britischen Schloss mit dem Mädchen Raven an, das sich mit dem Aussehen von Charles' Mutter etwas aus dem Kühlschrank stibitzen wollte. Raven wird in die Obhut des späteren Institutsleiters und Behüters der Mutanten aufgenommen. Doch seiner Einstellung, Mutant und stolz darauf zu sein, kann sich die Frau mit der im natürlichen Zustand blauen Schuppenhaut und dem roten Eidechsenhaar nicht anschließen. Hier ist der erste Konflikt zwischen Dualität und Gegensatz angelegt, der „X-Men" durchgehend bestimmt. Bis zum Kampf der Freunde und „ungleichen Brüder" Magneto und Xavier, den „Erste Entscheidung" auch schlüssig und spannend entwickelt. Alle sind zwei Seiten einer Münze, die am Anfang und Ende des Films auftaucht.


Nach ein paar flotten Zeitsprüngen jagt Erik, mittlerweile großartig verkörpert von Michael Fassbender, seinen Peiniger Shaw, der Anfang der Sechziger einen atomaren Weltkrieg provozieren will. Denn das wäre das Ende der Menschen und den Mutanten würde die Strahlung angeblich guttun. Charles Xavier (James McAvoy) sorgt sich auch um das Wohlergehen von Seinesgleichen, sucht aber ein friedliches Zusammenleben mit den Menschen ohne besondere Fähigkeiten. Viele weitere junge Mutanten mit manchmal auch spaßigen Eigenschaften werden entdeckt und eingesammelt. Für wen und für welchen Weg sie sich entscheiden werden, wo sie herkommen, was sie bewegt, so zu handeln wie sie handeln, erzählt der Film spannend und schlüssig. Dabei verteilt er das Interesse auf beide Seiten: Den großen und die kleinen Konflikte. Mit der Zahl der schillernden Figuren wächst auch der Effekt-Aufwand bis zum großen Meeres-Kreuzer-Bahnhof vor Kuba im Finale, denn hier erfahren wir nicht nur, weshalb Xavier im Rollstuhl sitzt, sondern auch den wahren Hintergrund der Kubakrise im Jahre 1962. Und noch etwas ist toll: „X-Men: Erste Entscheidung" ist NICHT in 3D! (Gab es damals ja noch nicht, könnte man albern und unkorrekt sagen.) Die Entscheidung fällt ganz klar für diesen Teil der „X-Men"-Saga und die weitere Mitarbeit von Bryan Singer.