15.6.11

Eine Insel namens Udo

BRD 2011 Regie: Markus Sehr mit Kurt Krömer, Fritzi Haberlandt, Bernd Moss, Kari Ketonen 80 Min.

Auch wenn Sie ihn nicht sehen, Sie sollten ihn sich unbedingt ansehen: Udo (Kurt Krömer) ist ein menschlicher blinder Fleck, ein Wesen ohne Spiegelbild obwohl kein Vampir. Seit seiner Kindheit wird er immer übersehen, was ihn zum Goethe unter den Kaufhaus-Detektiven macht. Dass ihn niemand sieht, wenn er nicht spricht oder sonst wie auf sich aufmerksam macht, hört sich nach schwierigem Leben an - doch Udo hat aus dem Makel eine Kunst gemacht. Unbemerkt gleitet er durch die Menschen seines Kaufhauses, schnappt sich hier ein Schnittchen, schaut dort schnell in der Handtasche nach, ob die reiche Dame das Klauen wirklich nötig hat. Denn wenn jemand in Not ist, übersieht Udo auch ihn. Ach ja, Udo lebt auch im Kaufhaus, schläft im Zelt - es sieht ihn ja keiner.

Bis die Stimme von Jasmin (Fritzi Haberlandt) alle Umstehenden laut auf den unbeobachteten Teilchen-Dieb aufmerksam machen will. Vergebens, nur die Hotelfachfrau, die in der Stadt ihren Vater bestatten muss, erkennt das menschliche Chamäleon auf Anhieb. Udo ist irritiert, genießt er doch sein einsames Leben unter Menschen. Doch - im schnellen Vorlauf überspringen wir mal viele wunderbare Scherze des bis in kleinste Details herrlich komischen Films - beide werden vorsichtig ihre emotionalen Schneckenhäuser verlassen. Obwohl sie im Erkennen wie füreinander geschaffen scheinen, ist der Weg zum Glück mit sehr schön inszenierten Hindernissen gepflastert. Dass Udo nach der ersten Liebesnacht im Zelt der Outdoor-Abteilung plötzlich von allen Menschen erblickt und auch noch nackt ist, gehört zu den ganz großen Knallern der Komödie. Er muss sich nun mühsam und saukomisch an das normale Leben eines Sichtbaren gewöhnen, während die ewig unentschlossene Jasmin überall Urnen für ihren Vater sieht und für ein neues Hotel im Wilden Osten Pagen-Uniformen im Diktator-Stil entwirft.

Der aus seiner „Internationalen" TV-Show bekannte Kurt Krömer spielt sehr zurückhaltend und erweist sich mit verschmitztem Lächeln und verdattertem Blick als geniale Besetzung. Fritzi Haberlandt wirkt als überarbeitete Hotel-Managerin ohne Wohnung mal fast normal kauzig. Das Humortempo erreicht bei Dialogwitz und sanftem Slapstick (Buch: Clemente Fernandez-Gil, Markus Sehr) einen für deutsche Filme seltenen Schwung. Auch Ausstattung, die Musik, die beim ersten Date aus dem Autoradio passende Tipps gibt, oder die starken Nebenfiguren - alles passt in dieser sagenhaft guten Komödie. Bis in verspielte Details am Rande, wenn etwa Hannelore Elsner im Fernsehen in ihrer Rolle als Anne Frank angekündigt wird. Hier haben die Filmemacher unter Führung des Kino-Debütanten Markus Sehr viel Spaß gehabt und ihn volle Kanne an das Publikum weitergegeben.