Vorhang auf für die One-Man-Show eines berühmten Dealers: Howard Marks erzählt strikt subjektiv sein bewegtes und verqualmtes Leben. Basierend auf dessen erfolgreicher Biographie inszenierte Regisseur Bernard Rose eine sehr entspannte, toll ausgestattete und gut gespielte Selbstdarstellung ohne Brüche oder moralischen Zeigerfinger.
Regisseur Rose hält sich als Kameramann sehr zurück, es sind eher die Inszenierungs-Ideen und die verrückten Ideen von „Mr. Nice", die Eindruck machen. So beginnen die Kindheitserinnerungen Marks' aus den 70gern in schwarz-weiß, aber schon mit dem erwachsenen Rhys Ifans („Human Nature", „Twin Town") in der Rolle des Kindes. Aus einem walisischen Dorf gerät das gehänselte, aber sehr intelligente Kerlchen an die Uni von Oxford, wo es sich seine Naivität noch ein wenig erhält. Dann während seines ersten Joints sieht Howard Marks die Welt in Farbe, es folgt der erste Kuss und das überraschende Geständnis, ein Dealer sei bloß jemand, der mehr Gras hat, als er selber rauchen kann. Dabei wollte er es eigentlich alles selbst rauchen. So gestaltet sich der Start in die Dealer-Karriere als „flow", alles geht von selbst, Probleme gibt es keine. Während der „film-dienst" selbstverständlich drauf hinweisen muss, dass der Genuss der Einstiegs-Droge Marihuana alle möglichen Folgen haben kann - bis hin zu schlechten Filmen - ist hier ein Joint die Lösung für alles: Wenn der eifersüchtige Mann seine Freundin mit Howard erwischt - bietet man ihm einen Joint an. Der IRA-Boss Jim McCann (David Thewlis) will den mittlerweile national agierenden Drogenhändler ins Bein schießen - doch der Joint als letzter Wunsch vor der Exekution macht die beiden zu Partnern im groß angelegten Schmuggel. „Mr. Nice", so lautet später Howards Deckname, erzählt über lange Strecken so entspannt, dass man sinniert, wie viel Gras wohl beim Drehbuchschreiben dieser Produktion in Rauch aufgegangen ist.
So ist das Leben von Howard Marks oft Sex and Drugs - und statt Rock'n'Roll die serielle Musik von Philip Glass: Eine Heirat mit zwischenzeitlicher Deal-Abstinenz, die neue Liebe zu Judy (Chloë Sevigny), nette Ausflüge zur Hasch-Plantage und -Produktion in Pakistan. Später wird es etwas komplizierter, als ein alter Freund Howard bittet, für den britischen Geheimdienst MI6 zu spionieren. Die fast unglaubliche Geschichte ist sogar witzig an Stellen, die eigentlich nicht so beabsichtig sind: Klasse, wie schwierig in Vor-Handy-Zeiten große, internationale Geschäfte aus Telefonzellen zu führen waren. Mit albernen Code-Worten für die verschiedenen Lieferungen, die immerhin irische Dorf-Telefonistinnen verwirren.
Im Gegensatz zu andern Dealer-Storys geriet dieser „Blow" sehr undramatisch. Selbst ein heftiger Auto-Crash in irischen Wiesen sieht nach großartigem Abheben aus. Obwohl mit großem inszenatorischen Können gestaltet und recht unterhaltsam, verläuft „Mr. Nice" selten spannend. Erst nach der letzten Verhaftung muss Familienmensch Howard leiden. Vor dem US-Gericht stellt er sich als Spion dar, der international in gefährlichen Missionen für sein Vaterland tätig war. Es hilft nicht, das Urteil lautete auf 25 Jahre. Doch es geht auch diesmal wieder gut, sogar ohne Drogen. Howard Marks verabschiedet sich unter Applaus aus der eigenen Geschichte, der Vorhang fällt. Nett, Mr. Nice!