20.2.10
Bad Lieutenant - Cop ohne Gewissen
USA 2009 (The Bad Lieutenant: Port Of Call - New Orleans) Regie: Werner Herzog mit Nicolas Cage, Eva Mendes, Val Kilmer 122 Min. FSK ab 16
„Bad Lieutenant“ war ein Film von Abel Ferrara mit Harvey Keitel. Ein grausamer und quälender Ritt eines korrupten New Yorker Polizisten auf katholischen Höllenwegen. Obwohl man vermutet, dass gerade der ebenso exzentrische wie tiefsinnige Regisseur Werner Herzog an den religiösen und existenzielle Fragen interessiert sein sollte, mit denen sich Harvey Keitel im Original rumschlägt, kommt dieses Thema in seinem Remake „Bad Lieutenant: Port of Call New Orleans“ nicht mehr vor. Bei Ferrara war jemand auf der Suche nach Antworten und Erlösung. Bei Herzog ist der „Bad Lieutenant“ auf der Suche nach dem nächsten Trip.
Ein rettender Sprung ins doch nicht so tiefe Wasser hat für den Polizisten Terence McDonagh (Nicolas Cage) tragische Folgen. Ein paar Monate nach der guten Tat mitten in den Überschwemmungen des verheerenden Wirbelsturms Katrina schlabbert ein zu großer Anzug um den schiefen Rücken von Terence. Die 44er Magnum, die er dauernd vorzeigt, wirkt auch zu gewichtig für dieses Männlein. Jeder Dealer, der verhaftet wird, erkennt sofort, dass dieser Cop auf Koks ist. Aus dem Schmerzmittel wurde eine Sucht. Als man eine ganze Familie ermordet auffindet, ermittelt der immer wahnsinniger werdende Cop trotzdem erstaunlich erfolgreich. Doch der Mordfall ist Nebensache. So wie der Lieutenant hauptsächlich mit Drogen-Beschaffung für sich und seine Freundin, die als Prostituierte arbeitet, beschäftigt ist, so blickt der Film auch vor allem auf dies menschliche Wrack im Polizeidienst.
Terence ist so süchtig, dass er konfiszierten Stoff aus der Asservatenkammer abzweigen will. Aber diese Idee hatten schon andere, auch das kann eigentlich nicht gut gehen. Zwischendurch konfisziert er auf eigene Faust, raucht den Stoff direkt und befingert dabei die Freundin des Überführten. Dieser Ordnungshüter ist nur noch mit Beschaffung beschäftigt. Die Dreistigkeit ist atemberaubend, mit der Terence jede Moral hinter sich lässt. Dazu hat er auch noch Wettschulden und lässt sich irgendwann mit einem Drogenboss ein, der noch etwas wahnsinniger ist als er. Eine hochexplosive Paarung.
„Bad Lieutenant“ hätte auch „Leaving Las Vegas 2“ heißen können, so sehr erinnert der Kokser an den Säufer, den Cage damals spielte. Dass es trotzdem kein gradliniger Thriller mit einer tragisch-komischen Hauptfigur wurde, liegt an einigen Ausflügen ins Skurrile. Wenn der Lieutenant richtig high ist, der Film die (von Herzog selbst gefilmte) Perspektive eines Krokodils übernimmt und ein Leguan „Release me“ von Tom Jones singt, driftet der Film reizvoll in Richtung „Naked Lunch“ ab.
Cages „Bad Lieutenant“ ist zwar auch richtig „bad“, also verdorben, korrupt, brutal, zynisch und drogenabhängig. Aber all dies macht den Thriller irgendwann komisch. „The Big Easy“, so nennt man New Orleans auch, die große Leichtigkeit des Lebens ist hier nur mit Drogen erträglich. Der Wandel in Wahrnehmung und Lebensführung gerät schnell ins Absurde, nicht wie erwartet ins Tragische. Selten hat man so eine derangierte Figur gesehen und sie steht Cage außerordentlich gut. Kurz bevor er alte Damen zu Tode erschreckt, versteckt er sich hinter einer Tür im Altersheim - und rasiert sich dabei. Schon für Cage in dieser besonderen Rolle lohnt sich Herzogs „Bad Lieutenant“.