28.2.10

Alice im Wunderland


USA 2010 (Alice in Wonderland) Regie: Tim Burton mit Mia Wasikowska, Johnny Depp, Anne Hathaway, Helena Bonham Carter 108 Min. FSK ab 12

Alice in Burtonland

„For, you see, so many out-of-the-way things had happened lately, that Alice had begun to think that very few things indeed were really impossible.“ (Lewis Carrol, Alice in Wonderland)

Nichts ist unmöglich also. Schon gar nicht in der Filmwelt. Tim Burton, der früher ganz wunderliche Welten schaffte, macht aus dem einzigartigen Buch von Lewis Carrol erstaunlich wenig.

Nach einem rasenden Sturz durch ein Kaninchenloch landet Alice im Unterland, was sich halbwegs mit Wunderland reimt. Dies ist eine der ersten Schelmereien von Burton und seinen Autoren. Eine weitere dann der Sturz selbst. Bei diesem Tempo weiß man schnell, wo man gelandet ist. In einem Fantasy-Film, der Narnia zeitweise mehr verwandt ist als dem Wunderland. Wer sich erinnert, wird wissen, dass die Alice von Lewis Carrol im langsamen Fall gemütlich Teetassen anschaute und wieder zurück ins Regal stellte. Nun fliegt sie von einer gagigen Einlage zur nächsten. Aber auch Alice erinnert sich nicht wirklich daran, dass sie schon einmal hier war. Sie meint, das Wunderland sei ein Traum. Ein Traum, der sich jede Nacht wiederholt.

Die größte Veränderung zum Buch liegt in der wesentlich ausführlicheren Rahmengeschichte, in der die 17-jährige Alice verlobt werden soll. Sie flieht vor der Gesellschaft und ihren engen Regeln. So lässt sich der Besuch im Wunderland auch als Emanzipationsgeschichte einer jungen Frau verstehen, die erst nach Hause kann, wenn sie weiß, wer sie ist und was sie will. Das Übliche für einen Disney-Film, aber erschreckend konventionell für einen Tim Burton (der übrigens als Zeichner bei Disney angefangen hat). Das bleibt denn auch das einzige Erschrecken, die düsteren Seiten und Figuren Burtons fallen in seinem ersten 3D-Film, der ab 12 Jahren zugelassen ist, flach. Weder die herzlose Herz-Königin, gespielt von Burtons Gemahlin Helena Bonham Carter, noch der Drache Jabberwocky haben einen Hauch von düsteren Gothik-Schauder des „Nightmare before Christmas“, von „Beetlejuice“, „Corpse Bride“ oder „Edward mit den Scherenhänden“. Und nicht einmal Matt Lucas, der kleine Satire-Star von „Little Britain“, der sein Gesicht gleich zweifach für Diedeldum und Diedeldei hinhält, lässt ein böses Wort fallen. Es scheint, als throne die wirklich böse Königin irgendwo im Disneyland-Schloss des Vorspanns und verbiete alles außer netter Einfalt.

Trotzdem ist „Alice im Wunderland“ durchaus unterhaltsam, bietet immer mal wieder reizvolle 3D-Tiefen, zerstörte und in weiß überstrahlte Landschaften, eindrucksvolle Karten-Armeen und knuffelige Monster, aber das Postermotiv mit der Teegesellschaft um den depperten Hutmacher ist schon das schillerndste, was der Film zu bieten hat. Johnny Depp - wer sonst - gibt den verrückten Hutmacher und könnte irgendwann mal richtig ausflippen. Doch irgendwer stoppt ihn immer kurz vorher.

Der Film „Alice im Wunderland“ stellt als auch eine Emanzipationsgeschichte von der Vorlage Lewis Carrolls dar. Wer sich an dem skurrilen Witz und dem hellen Verstand der kleinen Geschichte erfreut, wird gerade von Tim Burton viel erwarten, aber vom Ergebnis enttäuscht sein.