13.4.09

Liebe auf den zweiten Blick


USA 2008 (Last Chance Harvey) Regie: Joel Hopkins mit Dustin Hoffman, Emma Thompson, Kathy Baker 93 Min. FSK: o.A.

Eine Romantische Komödie mit Dustin Hoffman und Emma Thompson muss einfach gut sein. Müsste! Wenn es nicht eine bewusst gemächliche Geschichte, ein übermäßig kalkuliertes Projekt und ein Film für Schwerhörige oder Gefühlstaube wäre. Trotzdem ist es in besten Momenten doch noch ein Film mit den überzeugenden Dustin Hoffman und Emma Thompson.

Schön und ganz schön edel wird er vorgestellt der reife Komponist an seinem glänzenden Piano, das sein konzentriertes Gesicht bei der Arbeit spiegelt. Erst ein paar Minuten später wird klar, dass Harvey (Dustin Hoffman) hier in New Yorker Werbejingles schreibt. Sehr geschäftig teilt er am Telefon allen mit, dass er nun nach London zur Hochzeit seiner Tochter fliegt, aber pünktlich zurück sein wird, um den Job zu vollenden. Dabei wird er eigentlich nicht mehr gebraucht, hat verpasst, dass er längst ersetzbar geworden ist.

Parallel lernen wir in London Kate (Emma Thompson) kennen. Sie ist um die 50, macht am Flughafen Passagierumfragen und wir von ihrer Mutter mit regelmäßigen Handyanrufen terrorisiert. Hauptthema: Kate braucht endlich einen Mann! Doch die selbstbewusst wirkende Jungfer hat sich im Singleleben ganz gut eingenistet.

Die Parallelhandlung verspricht es und nach zwei Fast-Begegnungen passiert das, wo der Film sowieso schon die ganze Zeit drauf hinläuft: Sie treffen sich endlich wirklich. Allerdings nicht, ohne dass uns der Film das Elend dieser beiden einsamen Menschen deutlich gemacht hat: Harvey lebt von seiner Tochter und Ex-Frau entfremdet, wird in London weit von der Familie einquartiert und bei den Feierlichkeiten am Katzentisch platziert. Der Stiefvater darf hingegen die Reden halten und Harveys Tochter zum Traualter führen. Während dies alles sehr traurig ist, vergisst der Film zu erzählen, was Harvey eigentlich von Frau und Tochter entfremdet hat. Schade, das hätte die Figur interessanter gemacht.

Kate ist einfach einsam, damit wir dies verstehen, erleben wir ein verunglücktes Blind Date mit. Die geniale Schauspielerin Emma Thompson spielt die vereinsamte ältere Frau mit verhuschter Körperhaltung, mit tapsigen kleinen Schrittchen und vorgebeugtem Oberkörper. Ziemlich überzogen also. Dass Harvey und Kate zusammen kommen müssen ist klar, der Originaltitel „Last Chance Harvey“ (Letzte Chance für Harvey) drückt viel mehr die Verzweiflung aus, die eine Romanze im zweiten Frühling unerlässlich macht.

Alles wirkt hier sehr konstruiert, überdeutlich. Man könnte dem Film zugute halten, dass seine Hauptfigur ein Werbe-Komponist ist, und dass die Geschichte mit den brachialen Mitteln der Werbung immer wieder ganz ganz dicke Klangteppiche auslegt, wo sowieso schon alles klar ist. Und wenn man gedacht hat, jetzt ist alles abgehakt, was zu so einer sentimentalen Komödie gehört, legt der Film noch eine furchtbar dramatische Herzattacke drauf und irgendwie erwartet man, dass Hoffman als später Reifeprüfung mit einem Porsche zur Hochzeit rast. Das passiert zum Glück nicht auch noch, aber es gibt ein paar Momente in denen die Musik sich zurückhält, Hoffman und Thompson einfach spielen dürfen und dann verzeiht man dem Rest einiges.