27.4.09

Duplicity - Gemeinsame Geheimsache


USA 2009 (Duplicity) Regie: Tony Gilroy mit Julia Roberts, Clive Owen, Tom Wilkinson, Paul Giamatti 125 Min.

Der Wirtschaftsthriller "Michael Clayton" von Tony Gilroy war eine Sensation - in Story, Ästhetik, Schauspiel von George Clooney und Tilda Swinton, in der Musik, in allem eigentlich. Jetzt drehte Tony Gilroy erneut einen Wirtschaftsthriller und verlagerte raffiniert den Ton: Das Duell zwischen den von Julia Roberts und Clive Owen gespielten Spionen ist ebenso professionell wie erotisch kribbelnd. Letztendlich kann man sehen, dass sich auch diese neue Form „Romantischer Wirtschaftsthriller“ im moralischen Zentrum nicht wesentlich von "Michael Clayton" unterscheidet.

Wie schon in "Michael Clayton" ist eine Anfangsszene genial: Lächerliche Manager, die sich gleich zur Vorstellung in grandioser Zeitlupe prügeln - wunderbar! Tom Wilkinson und Paul Giamatti verkörpern die Bosse, die jede Form fallen lassen. Tom Wilkinson drehte schon in "Michael Clayton" völlig ab. Nun gibt er den neurotische Firmen-Boss Howard Tully, der in einem erbitterten Kampf mit dem Konkurrenten Dick Garsik (Paul Giamatti) steckt. Kein Konkurrenzkampf, eher ein Hahnenkampf mit viel zu viel Testosteron im Spiel. Die Spionage ist ebenso hoch gezüchtet und absurd in ihrer Paranoia wie die Gegenspionage. Der Stand der Firma wird etwa hochwissenschaftlich an den Autos auf dem Parkplatz und dem Verbrauch von Pornos gemessen! Doch die eine Firma soll eine Geheimformel entwickeln...

Als Figuren in diesem Spiel spionieren Claire Stenwick (Julia Roberts) für Tullys Burkett & Randle und Ray Koval (Clive Owen) für Garsiks Equikrom. Auf den ersten Blick. Schnell wird klar, dass Claire als Doppelagentin eigentlich auch für Equikrom arbeitet und Ray ihr Führungsoffizier ist. Doch damit ist die Doppelbödigkeit von „Duplicity“, Gilroys zweitem Film, noch längst nicht abgeklopft. In geschickt eingestreuten Rückblenden wird klar, dass Claire und Ray etwas miteinander haben. Nur was? Beim ersten Treffen waren sie noch in Staatsdiensten. Die CIA-Spionin Claire raubte dem MI6-Charmeur Ray ein paar Akten, während dieser noch selig von einer heißen Nacht träumte. Dann folgen immer wieder Begegnungen, bei denen sie erst alles leugnet und ihn gar nicht kennt, letztendlich aber immer unschuldig verführerisch fragt, wie sie es wieder gutmachen können...

Das hautnahe Spiel der beiden Doppel- und Trippel-Agenten ist nie ganz klar - selbst für sie selber nicht. Wie im lebendigen Beziehungsleben geht es immer wieder um Vertrauen, man testet sich dauernd gegenseitig und verzeiht sich irgendwann immer wieder sehr leidenschaftlich. Da Gilroy die gleichen Qualitäten in der Personenzeichnung vorzeigt, fliegen hier ganz ernsthaft die Funken. Sie spielen miteinander, mit den Konzernen und der Film spielt derweil mit den Zuschauern. Am Ende gewinnen Claire und Ray, auch wenn sie wie begossene Pudel dasitzen. Immerhin begossen mit Champagner. In der Frage, ob sich die Zuschauer nach all dem Rätselraten nicht auch an der Nase herumgeführt fühlen, taucht dann wieder der Zynismus auf, der "Michael Clayton" nur scheinbar vom liebestolleren „Duplicity“ unterscheidet.