6.6.06

Das Schloss im Himmel


Japan 1986 (Tenkû no shiro Rapyuta) Regie: Hayao Miyazaki 125 Min. FSK: ab 6
 
Ein Film zum Abheben! Auch im ganz engen Wortsinne, denn die überbordende Fantasie des japanischen Animations-Meisters Hayao Miyazaki kann wie schillernde Seifenblasen nur aufsteigen und sich zum faszinierenden Wolkenkuckucksheim kristallisieren. Wie dieses auf Japanisch heißen mag, weiß ich nicht. Der sensationelle Klassiker "Tenkû no shiro Rapyuta" kommt jedenfalls erstmals als "Das Schloss im Himmel" in die Kinos.
 
Nach einem Piraten-Überfall auf ein Luftschiff stürzt die junge Sheeta in die Tiefe - bis der Kristall an ihrem Hals zu scheinen beginnt und sie sanft zu Boden gleiten lässt. In die Arme von Pazu, einem quicklebendigen Jungen. Zusammen fliehen sie vor den Piraten und der Armee unter der Führung des mysteriösen Musca. Mit fantastischen Fahr- und Flugobjekten gelangen alle schließlich zum sagenhaften "Schloss im Himmel" Laputa, wo bemooste Roboter eine unglaubliche rührende Verbindung von Natur und Technik pflegen. Doch sie können auch unglaubliche Zerstörungskräfte durch die Luft schleudern. So soll Laputa für Sodom und Gomorra sowie andere historische Katastrophen verantwortlich sein.
 
Viele Kollegen meinen ja, dieser alte Miyazaki sei viel besser als die neueren, "Prinzessin Mononoke" (Berlinale Gewinner), "Chihiros Reise ins Zauberland" (Oscarsieger) und "Das wandelnde Schloss". Vielleicht wollen sie so auch nur besonders betonen, dass sie schon damals sahen, wo es lang geht mit der Fantasie, die ja noch unreformiert Phantasie hieß. Allerdings ist die Geschichte einfacher und das Spektrum der Figuren beschränkter. (Eine sehr platte amerikanische Synchro raubt sicher einiges vom Zauber des Films.) Hier gibt es noch nicht die "Pokemons auf LSD", die später die Leinwand überschwemmen. Aber schon die weibliche Heldin, die kraftvolle Utopie einer reinen Natur, die Anachronismen in Kostüm und Kulisse. Dazu fügte man mal ruhige Pianomusik, mal einen großen Orchester-Score, oft hart am Rande des Kitsches.
 
Die Fertigstellung diese wunderbaren "Schlosses" liegt nun schon zwanzig Jahre zurück und immer noch ist es weitaus fantasiereicher und handwerklich gekonnter als die meisten aktuellen Zeichentrickfilme. Miyazaki zeigt ganz nebenbei, dass die ganze gehypte digitale Technik ohne eine Geschichte und ohne Seele nichts ist. Allein die ganzen Flugmotive sind erhebend. Wenn sein Piratenschiff ins Wolkenmeer eintaucht, ein Roboter den Flugdrachen sanft von einem Nest aufhebt, dann sind die Bilder voller naiver Fantasie und wunderbarer Poesie.