6.6.06

Das größte Spiel seines Lebens


USA 2005 (The Greatest Game Ever Played) Regie: Bill Paxton mit Shia LaBeouf, Stephen Dillane, Elias Koteas 121 Min. FSK: o.A.
 
Einiges spricht gegen diesen Film: Zuerst die elitäre Bewegungstherapie namens Golf als Thema und "Sport" - mit garantiertem Maximalpuls von 110. Dann fehlen die bekannten Namen, vor der Kamera. Bill Paxton ("Twister") ist mit Abstand der bekannteste Schauspieler, er führt Regie. Denn zuletzt hat Golf Spaß gemacht, als Kevin Costner 1996 in "Tin Cup" wie ein Wahnsinniger versuchte, den unmöglichen Schlag doch noch hinzukriegen und dabei den sicheren Sieg verspielte. (Und nicht in Adam Sandlers Blödel-Nummer "Happy Gilmore" aus dem gleichen Jahr...) Doch gegen alle Erwartungen kommt in Paxton zweiter Regie viel Gutes zusammen und ergibt einen durchaus gelungenen Film "nach einer wahren Geschichte".
 
Dass Golf kein Sport für Könner, sondern für Besitzer ist, thematisiert "Das größte Spiel seines Lebens" von der ersten düsteren Szene an. Und der mehrschichtige Film führt zwei Figuren, die nicht zur golfenden Elite gehören und dies ihr Leben lang spüren mussten, ins Finale der US-Open des Jahres 1913.
 
Das amerikanische Arbeiterkind Francis Ouimet (Shia LaBeouf) darf als Caddy auf den Golfplatz - Selberspielen strengstens verboten! Doch seine Leidenschaft lässt sich nicht bremsen, findet zwei Förderer und schließlich auch die Einladung für ein Turnier. Wegen einer Unachtsamkeit scheitert der Junge und gibt das Golfen auf. Bis er das amerikanische Feld bei den US-Open als Amateur unter lauter Profis anfüllen soll. Die Randnotiz des wichtigsten Golfwettkampfs entwickelt sich aber als letzte nationalistische Hoffnung der Amis gegen die dominanten Engländer: Francis ist nach vier Runden als einziger punktgleich mit zwei britischen Favoriten, darunter auch sein großes Idol, der mehrfache britische Champion Harry Vardon (Stephen Dillane).
 
Für das dreitägige Turnier nehmen sich Paxton und Autor Mark Frost ("Akte X") tatsächlich eine ganze Stunde Zeit - und gestalten diese sehr spannend. Auffällig aber keineswegs störend dabei die inszenatorischen Gimmicks, etwa wenn die Kamera dem Golfball hinterher fliegt, wie einst dem Pfeil von "Robin Hood" Costner. Paxton beherrscht sein Regiefach außerordentlich gut, dass darf man nach dem bereits überraschenden Grusel-Debüt "Dämonisch" anerkennen. Jetzt hat jeder der beiden Hauptschläger Francis und Harry seine Dämonen als Begleiter immer dabei. Am Eindrucksvollsten und Stimmigsten sind da die Effekte, wenn Vardon alles, aber auch wirklich alles ausblendet: Von den lauten Zuschauern bis zum letzten Strauch. Nur die dunklen Gestalten seiner Kindheit mit den bedrohlich hohen Zylindern bleiben. Die Männer, die ihm einst erzählten, Golf sei für Gentlemen und nicht für "seinesgleichen". Das von Bobbele Becker und Co zur Banalität zerredete "Mentale" gewinnt derart eine faszinierende Visualisierung.
 
Und wie befreiend - in Zeiten von WMs - Vardons noch britisch reservierter Wutausbruch gegenüber einem feisten Offiziellen des Golfbundes: Er spiele nicht für einen Verband, nicht für ein (Vater-) Land, er spiele Golf und dieses Turnier nur für das Gefühl, der Beste zu sein!