Kanada, Frankreich 2012 (Upside Down) Regie: Juan Diego Solanas, mit Kirsten Dunst, Jim Sturgess, Timothy Spall, 104 Min. FSK ab 6
Was für Bilder! Sie ist fantastisch und tricktechnisch höchst spektakulär diese Welt, in der dauernd eine weiter drohend am Himmel hängt. In „Upside Down" gibt es nicht nur eine Zweiklassen-Gesellschaft, wie schon beim SciFi-Klassiker „Die Zeitmaschine" von H. G. Welles in wohlhabende Eloi und unterirdische Morlocks geteilte. Es ist auch eine Welt mit doppelter Gravitation. Faszinierend! Und romantisch, wenn sich die Liebe stärker als die Schwerkraft erweisen soll. Nur im Detail, im Spiel und im Dialog verflüchtigt sich die Begeisterung wie ein Gegenstand aus der anderen Welt...
Adam (Jim Sturgess) lebt in einer düsteren, ölverschmierten Welt. Mit dem Paradies immer direkt über ihm, denn dort schwebt die andere Erde, die der Reichen und Schönen. Getrennt durch die Schwerkräfte, welche die einen immer nach unten, die anderen nach oben ziehen. Was Adam besonders betrübt, ist seine verlorene Jugendliebe zu Eden (Kirsten Dunst). In verschiedenen Welten lebend, lernten sie sich im Gebirge kennen, er zog sie mit einem Seil in seine Welt, doch die Häscher des Gesetzes zertrennten die Liebe und beim Sturz von Eden in ihre Dimension verlor sie das Gedächtnis an ihn.
Jahre später entdeckt Adam Eden als Presse-Frau des bösen Transworld-Konzerns wieder und ergattert mit seinen genialen Erfindungen einen Posten in dessen Hochhaus, das auch beide Welten verbindet. Nun ist es vom surrealen Großraumbüro, bei dem sich die Cubicles am Boden und an der Decke stapeln, nicht mehr weit bis zum Treffen im doppelbödigen Tango-Palast.
Die fantastische Grundidee von „Upside Down" beschert atemberaubende Bilder mit mehr als einem Hauch von „Brazil" und ungewöhnliche Positionen. Küssen geht nur kopfüber. Aber huckepack schweben beide mit ausbalancierten Schwerkräften durch die Gegend und einander umschlingend wird ihre Liebe schwerelos. Der Wechsel von oben und unten aber auch deren Gleichzeitigkeit sind immer wieder originell anzusehen. Das absurde Auf-dem-Kopf-Stehen, etwa beim Einstellungsgespräch von Adam, drückt noch stärker die Machtverhältnisse von oben und unten aus. Die Verbindungen zur Realität sind dabei überdeutlich: Die da oben klauen Öl von denen unten und verkaufen ihnen dann Elektrizität zu Preisen, die sich keiner leisten kann. Die große Öl-Explosion, die Adams Eltern umbrachte, ist Alltag in Nigeria.
Doch so kompliziert wie die Physik und das Liebes-Verhältnis bleibt auch die Logik der Geschichte in „Upside Down". Dass die Körper in der anderen Welt ihre alte Schwerkraft behalten, bewältigt Adam mehr schlecht als recht mit seinen Erfindungen. Bei den romantischen Treffen muss er immer weg, bevor es zu heiß wird... Im wahrsten Sinne des Wortes, denn alle Gegenstände aus der anderen Welt, also auch seine Schwerkraft-Weste, erhitzen sich nach einer Weile bis zur Selbstentzündung. Der Film selbst scheitert nicht so sehr an logischen Verdrehungen, die im Science Fiction durchaus erlaubt sind, sondern vor allem wenn die Dialoge etwas länger werden. Hier fehlt die Sorgfalt, die den tollen Computer-Bilder angediehen wurde. Jim Sturgess behält als Adam stetig den Ausdruck des naiven, verliebten Jüngelchen. Kirsten Dunst schaut wie immer, was zu wenig ist, um diesen Film in die Welt des Gelingens zu heben.