USA 2013 (Kid-Thing) Regie: David Zellner, mit Sydney Aguirre, Nathan Zellner, David Wingo, 82 Min. FSK ab 16
Ungeachtet aller Obszönitäten, Computer-Effekte und Millionen-Dollar-Budgets, mit denen diese Kinowoche ansonsten aufwartet, bringt dieser kleine Film aus Texas das eindrucksvollste und am stärksten verstörende Erleben: „Kid-Thing" folgt dem 10-jährigen Mädchen Annie beim Herumstreunen während einer schulfreien Zeit. Der alleinerziehende Vater und Säufer Marvin (Filmemacher und Kameramann Nathan Zellner) kümmert sich mehr um seine Ziegen als um die Tochter. So bleibt dem Kind viel Zeit, allerlei verstörende Dinge zu tun.
Die blonde Annie mit den netten Sommersprossen klaut regelmäßig im kleinen Supermarkt, bekommt allerdings auch kein Geld von Marvin. Den Verkäufer, der sie verfolgt, beschießt sie mit einem Paintball-Gewehr. Damit knallt sie auch Schädel, Kuh-Mist und -Kadaver ab. Wenn sie mit einem Baseball-Schläger in die trostlose Landschaft entsorgte Sachen zertrümmert, kann man schon Angst vor ihr bekommen. Als das Kind einem scheinbar unbekannten Mädchen im Rollstuhl die Geburtstagstorte mit dem Schläger zermatscht und ein Geschenk klaut, ist auch die Musik beim Horror angekommen.
Dann entdeckt Annie bei ihren Streifzügen eine hilflose, wohl verletzte Frau in einem Bodenloch, läuft zuerst weg, klaut dann aber ein paar Lebensmittel. Hilfe holt das Mädchen nicht, sie hält sich die Verunglückte irgendwie als Haustier. Später stellt sich das kleine Monster selbst und einem blinden Bekannten moralische Fragen: „Glaubst du an den Teufel? Denkst du drüber nach, was du tust, oder tust du es einfach?"
Das hört sich in der Zusammenfassung schlüssiger an, als es die Zellner-Brüder ist unaufgeregter Beobachtung mit vielen eingestreuten Landschaftsimpressionen präsentieren. Es passiert nicht viel in „Kid-Thing", die kleinen Szenen beschreiben vor allem den Zustand des Mädchens Annie, ohne simple Erklärungen mitzuliefern. Der Horror dieser abstumpfenden Lebensumstände, die mit entsetzlichen Entscheidungen einhergehen, zeigt sich im Drumherum mehr als in aufgesetzter Dialog-Psychologie. Ein bis hin zum schockierend rätselhaften Ende in jeder Hinsicht bemerkenswerter Film.
Sydney Aguirre beeindruckt, ohne große Regungen zu zeigen, als Annie, dem Zorn von Texas. Die Brüder David und Nathan Zellner sind Independent-Filmemacher aus Austin, Texas. „Kid-Thing" ist ihr vierter gemeinsamer Spielfilm, bei dem David Zellner das Drehbuch geschrieben und Regie geführt hat, während Nathan Zellner produziert und darüber hinaus die Rolle von Annies Vater Marvin übernommen hat.