16.12.12

Die Abenteuer des Huck Finn

BRD 2012 Regie: Hermine Huntgeburth mit Leon Seidel, Jacky Ido, August Diehl, Henry Hübchen, Andreas Schmidt, Milan Peschel, Michael Gwisdek, Kurt Krömer, Peter Lohmeyer 102 Min. FSK ab 6

„Huck Finn" als Western? Nein, der anfängliche Ausflug in eine Cowboy-Freizeitpark-Kulisse ist nur einer der vielen Ausrutscher, bei denen sich der Kinderfilm vergaloppiert. Der erste Auftritt von Hucks gemeinen, gefährlichen, zauseligen und Kautabak spuckenden Vater Finn (August Diehl) baut direkt Bedrohung und Abenteuer auf. Regisseurin Hermine Huntgeburth („Effi Briest", „Die weiße Massai", „Bibi Blocksberg") setzt mit der Verfilmung von Mark Twains Roman „Die Abenteuer des Huckleberry Finn" den Stil und die Versäumnisse von „Tom Sawyer" fort. Nach diesen Abenteuern und dem dabei gefundenen Schatz, beschwert sich der bei der Witwe Douglas sesshaft gemachte Huck (Leon Seidel), „jetzt wo ich reich bin, bin ich kein freier Mann mehr." Ziemlich unsensibel dies ausgerechnet dem Haussklaven Jim (Jacky Ido) zu klagen - die Handlung spielt noch vor dem Amerikanischen Bürgerkrieg und am Anfang einer Erkenntnisreise für den kleinen Rassisten Huck.

Der Lausebengel verschenkt seine 6000 Dollar an den Richter, gerade bevor sein Vater sich das Geld unter den dreckigen Fingernagel reißen will und dazu den Jungen entführt. Gleichzeitig entdeckt Jim Frau und Kind unter einer neuen „Ladung" Sklaven, die über den Mississippi angeschifft werden. Und das junge Publikum entdeckt die Grausamkeit von Sklaverei. Irgendwie finden sich Huck und Jim auf der Flucht, verfolgt von Sklavenjägern und dem alten, geldgierigen Finn. Jim will flussabwärts bis zur Mündung des Ohio und von dort in die Nordstaaten, die den Sklaven die Freiheit wiedergegeben haben.

Wie schon bei „Tom Sawyer" muss Atmosphärisches hinter die Handlung zurücktreten, die ihrerseits den Ereignissen der Story hinterher hechelt. Während die Sklavenhändler als Niedlichkeiten aus der Kinder-Klamotte daherkommen, sind einige sehr spannende und beängstigende Momente schon gar nicht mehr für junges Publikum geeignet. August Diehl ist in seinen besten Momenten als alter Finn fast dämonisch. Doch nicht die Gewalt ist die Gefahr, die Verführung durch (falsche) Freundschaft ist die wahre Gewalt, die Huck bedroht. Der Junge ist denn auch der einzige gebrochene Charakter, der sich zwischen kleinen Egoismen und einem Risiko für echte Freundschaft entscheiden muss. Unterfordert bleibt die ganz außergewöhnlich gute Neben-Besetzung mit Henry Hübchen, Andreas Schmidt und Milan Peschel als Sklavenjäger, sowie mit Michael Gwisdek und Komödiant Kurt Krömer als fahrende Schauspieler und Betrüger. Bei ihrem Richard funktionieren nur die Prügeleien - das ähnelt irgendwie dem Film, der auf die lauten Momente setzt. Wenn dann beim Schnitt noch Einiges schief geht, sodass der Höhepunkt der Flucht gar nicht mehr funktioniert, ärgert man sich über den vertanen Aufwand bei einem viel besseren Stoff.